People's Daily Online: Und welche prägenden Erfahrungen haben Sie bisher bei der Zusammenarbeit mit chinesischen Kollegen gemacht?
Mir ist beispielsweise aufgefallen, dass Chinesen sich nicht so einfach aus der Ruhe bringen lassen. In einer chinesischen Institution kann es manchmal vorkommen, dass dir dein Vorgesetzter erst in letzter Minute mitteilt, dass du an einer Dienstreise teilnehmen wirst. Das war für mich als Deutsche anfangs etwas gewöhnungsbedürftig.
Später habe ich aber verstanden, dass aufgrund des hierarchischen Aufbaus chinesischer Institutionen die Planung für solche Dinge zunächst mehrere Instanzen durchlaufen muss, sodass tatsächlich manchmal erst sehr kurzfristig das endgültige Okay für eine Veranstaltung vorliegt und entsprechend weitergegeben wird.
People's Daily Online: Was würden Sie anderen Menschen, die sich beruflich oder privat mit China beschäftigen, mit auf den Weg geben?
Wer als Deutscher erstmals mit China in Kontakt kommt, sollte sicherlich eine Prise Gelassenheit mitbringen und innerlich darauf vorbereitet sein, dass sich China ständig verändert. Am deutlichsten wird das vielleicht am Stadtbild chinesischer Metropolen, das sich in einem ständigen Wandel befindet.
Menschen, die wie ich in einem interkulturellen Kontext arbeiten, empfehle ich etwas mehr Bescheidenheit. Eine Lektion, die auch ich noch verinnerlichen muss. Keiner sollte glauben, der Weisheit letzten Schluss zu besitzen. Egal, ob in Deutschland oder in China, Verständnis, Toleranz und Einfühlungsvermögen sowie aufrichtiges Interesse sind immer eine gute Basis für gelingende interkulturelle Verständigung.
People's Daily Online: Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für dieses Interview genommen haben!
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Silvia Kettelhut: Wir können voneinander lernen und zu einem guten Mittelweg kommenAls promovierte Sinologin hat sich Silvia Kettelhut intensiv mit der modernen chinesischen Literatur beschäftigt. Sie hat Lao She und etliche chinesische Schriftstellerinnen und Schriftsteller ins Deutsche übersetzt.
In den 1940ern hatten die Vereinigten Staaten ihre „Rosie die Nieterin". Nun hat China eine moderne Version seiner eigenen weiblichen Arbeitsheldin, „Wang die Schweißerin".Ein Team aus 18 Schweißern leitend, von denen die meisten Frauen sind, widmet Wang Zhongmei, 36, sich ganz der häufig aufreibenden und gefährlichen Arbeit, eine, die sie von ihrem Vater erlernt hat, einem fähigen eigenständigen Schweißer.