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Ein chinesisches und ein deutsches Auge (4)

(German.people.cn)
Dienstag, 12. Juni 2018
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People's Daily Online: Welche Faktoren Ihrer Seite würden Sie als essentiell für ein besseres Verständnis der chinesischen Kultur und Gesellschaft erachten?

Verena Menzel: Ich denke, dass bei uns besonders darauf geachtet wird, authentische Sprache zu verwenden. Meistens ist es so, dass ich für den sprachlichen Teil viele der Dialoge vorschreibe und Peng Peng korrigiert sie dann bzw. schaut noch einmal drüber. Einmal kam es vor, dass wir so einen Satz hatten wie: Kann ich dir helfen? Also, dass man direkt auf jemanden zugeht und unaufgefordert seine Hilfe anbietet. Aber allein diese Handlungsaktion ist in China nicht wirklich üblich. Chinesen kommen selten spontan auf dich zu und fragen konkret diesen Satz Kann ich dir helfen? bzw. Wǒ kěyǐ bāng nǐ ma? Das ist eher eine typisch deutsche Eigenschaft.

Wir haben die Situation dann so gelöst, dass wir den Satz der Situation entsprechend in ein konkreteres Hilfsangebot umgeformt haben, nämlich: Komm, ich helfe dir beim Tragen!– Wǒ bāng nǐ tí ba! 

Dieses miteinander Feilschen und die daraus entstehenden Kompromisse machen vielleicht auch gerade das Besondere unserer Inhalte aus. Wir betrachten das Ganze quasi immer mit zwei unterschiedlichen Augen, einem chinesischen und einem deutschen.

Ab Anfang Juni wird es auch einen kostenlosen Chinesischkurs für Anfänger auf unsere Webseite geben, den wir in Zusammenarbeit mit dem Akademischen Konfuzius-Institut der Georg-August-Universität in Göttingen entwickelt haben. Es ist eine Chance für Chinaneulinge, einfach mal in die chinesische Sprache hinein zu schnuppern, die übrigens gar nicht so schwer ist, wie ihr Ruf es immer vermuten lässt. 

People's Daily Online: Was ist Ihnen bei der Vermittlung der chinesischen Kultur und Sprache für eine deutsche Leserschaft eventuell schwer gefallen oder besonders in Erinnerung geblieben?

Manchmal ist es gar nicht so einfach, bestimmte Floskeln aus dem alltäglichen Sprachgebrauch treffend zu übersetzen. Zum Beispiel den Ausdruck xinku le. Das wird in China zum Beispiel angehängt, wenn irgendjemand dich bittet, etwas zu tun. Es bedeutet so viel wie, es tut mir Leid, dass ich dir Umstände bereite oder jetzt strenge ich dich aber an. Im Deutschen würde man vielleicht einfach sagen danke dir oder ein kurzes sorry hinzufügen.

Auch die unterschiedlichen Zeitkonzepte Chinas und Deutschlands sind mir ins Auge gefallen. Wir Deutschen denken wirklich in diesen Kategorien Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, während in China mittels des Vergangenheitspartikels le vor allem die Aspekte der Abgeschlossenheit und Veränderung hervorgehoben werden. Viele Chinesischlerner sehen sich dann dem Problem gegenüber, wie dieses le zu verwenden ist und in welchen Situationen es welche Bedeutung hat.

Wichtig ist für die Chinesen dagegen das Resultat, weswegen sie in ihrer Sprache auch viel mit Ergebniskomplimenten arbeiten. Im Deutschen arbeiten wir hier manchmal mit der Vorsilbe ver wie in ver-laufen, ver-gessen oder ver-legen. Die Vorsilbe ver hat oftmals die Bedeutung einer schief gegangenen Handlung. Dass etwas nicht so gelaufen ist, wie man es sich anfangs erhofft hat, wird im Chinesischen hingegen durch das Wörtchen cuo ausgedrückt, das in etwa falsch bedeutet und an unterschiedlichste Verben angehängt werden kann.

An dieser Stelle lernt man also auch sehr viel über seine eigene Sprache. Letzten Endes kommt man wieder da raus, wo man angefangen hat, und das ist eigentlich das Schöne am Erlernen einer Sprache und dem Kennenlernen zunächst noch fremder Kulturen. 


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