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Auflösungen gibt es so viele wie Leser (3)

(German.people.cn)
Montag, 24. August 2015
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Die Diskussion um die in der westlichen Literaturkritik immer wieder gezogene Parallele zu Thomas Mann nahm insgesamt gesehen im Gespräch viel Raum ein. Sichtlich dankbar endlich und gerade bei diesem Thema zu Worte zu kommen, schmetterte Mosebach den seit dem Jahr 1983 ewiglich redundanten Mann-Vergleich als „Krankheit der deutschen Literaturkritik, die beständig voneinander abschreibt“, ab und bezeichnete ihn als schlichtweg falsch.

Schöner und wesentlich ungefährlicher erschien hingegen Huangs Vergleich Mosebachs mit dem griechischen König Midas: „Was auch immer Mosebachs Zeigefinger in seinen Werken berührt, erstarrt zu Stein und wird mit Gold überzogen.“

Denn wie ein kostbar statuenhaft erstarrtes Bild mutete auch die von Mosebach gelesene Stillleben-Szene aus dem vierten Kapitel seines Buches an, bei der der Protagonist in aller Ausführlichkeit den im Käfig thronenden, prachtvollen Kakadu der großbürgerlichen Familie Hopsten schildert. Tiere nehmen im Werk des Autors eine wichtige Funktion ein, indem sie mal als engelhaftes, mal als dämonenhaftes Gegenüber des Menschen fungieren, mit dessen Hilfe er der Gesellschaft den Spiegel vorhält. „Tiere sind für mich die unbewusste Gegenwelt, sind das Gegenüber der Menschen in einer reineren Form (…). Spiegelungen. Auch Lebewesen wie der Mensch aber eben in dieser, ich möchte beinahe sagen, göttlichen Unbewusstheit.“

Als Gesellschaftsroman versteht Mosebach seinen Roman jedoch keineswegs, sondern vielmehr als „Kammerspiel, als ironisch frivole Tragikkomödie von spielerisch, melancholischem Charakter“, mit der er seinen Lesern ein Rätsel aufgeben will. Auflösungen gebe es dabei so viele wie Leser, denn an diesen sei es schließlich, das Rätsel zu lösen. „Das Buch ist quasi wie ein Traum, der einem Traumdeuter erzählt wird der ihn deutet.“ Daher sei ein Buch auch erst dann fertig, wenn es Leser habe.

Warum westliche Kritiker Mosebachs Erzählstil immer wieder als konservativ bezeichnen, kann Yu Hua keineswegs nachvollziehen. „Was verstehen diese Leute denn unter einer fortschrittlichen Erzählweise? Kann man mit dieser etwa auf dem Mond landen?“, fragte er in seiner flapsig legeren Manier, die ihm in diesem Fall Mosebachs Lacher einbrachte.


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