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Die Null-Punkte-Rebellion (5)

(German.people.cn)
Montag, 20. November 2017
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„Immer denke ich, dass die drei Jahre Oberschule noch länger waren als die neun Jahre danach”, erzählt Xu.

Wenn er die Arbeit wechseln will, achtet er immer genau auf die Anforderungsprofile. Wenn mehr als ein Oberschulabschluss gefordert ist, dann bewirbt er sich nicht. Er kann so nur vergleichsweise einfacher Arbeit nachgehen. „Das ist ziemlich anstrengend, manchmal habe ich monatelang keinen Tag frei, wenn ich mir freinehme, wird Lohn abgezogen.”

Im ersten Jahr als Wanderarbeiter habe er noch etwas verändern wollen und oft lautstark über die Zustände geklagt. Seit er in der Fabrik in Cixi arbeitet, wird Xu immer ruhiger.

Sein Bezirk ist unheimlich klein, vom östlichen zum westlichen Rand sind es zu Fuß nur 15 Minuten. Zuhause hat der 28-jährige weniger als 20 Quadratmeter Platz, in seinem Zimmer stehen nur Kleiderschrank, Schreibtisch und Bett.

Früh morgens verlässt Xu das Haus, spät abends kommt er nach Hause. Er raucht nicht, trinkt nicht, spielt auch keine Spiele. Freunde habe er nicht, manchmal schaue er zur Unterhaltung Soaps auf seinem Handy. Er sei nun nicht mehr so schüchtern wie früher, während der Nachtschicht könne er zwanglos mit seinen Kollegen scherzen.

Tagebuch hat er schon lange nicht mehr geschrieben, das letzte Mal in Shanghai. Er umwarb damals eine Kollegin aus Sichuan, die auch bei ihm in der Fabrik arbeitete, blieb aber erfolglos. Xu meint, die Sache mit der Frau sei die zweite mutige Aktion in seinem Leben gewesen, die erste war die Sache mit dem Gaokao.

Eigentlich spricht Xu nicht über seine Emotionen, aber einmal habe ihn die Kollegin beim Vorbeigehen an der Werkstatt angelächelt.

Er scheint sich an Zufällen wie diesen festzuklammern. Die Schulzeit und die von ihm verfassten „Reformpläne” sind schon lange passé, aber er erinnert sich immer wieder, wie ihn beim Morgenappell mal ein Lehrer angelächelt und ihm zugenickt habe – „sehr warmherzig”.

Er schreibt heute noch, im Internet. Im Jahr 2015 fing er an Clickbait zu verfassen und damit ein bisschen Geld zu verdienen. Dabei geht es immer um die gleichen Sachen, vermeintliche Schlankheitstricks, angebliche Sensationsfotos, betrogene Frauen, die sich mit den Geliebten des Ehemannes prügeln. Er schreibt dann noch den Namen eines weiblichen Stars dazu, fügt ein passendes Bild ein und kann so ganz schnell Klicks abfischen. Wenn es gut läuft, kann man so pro Monat ein paar Tausend Yuan verdienen.

Mit den Plattformen, die ihn als Jugendlichen rebellisch gemacht haben, verdient er heute Geld. Er hatte auch mal einen Online-Shop bei Taobao, half anderen beim Einkaufen.

Bei der Hochzeit von Zhang Ke treffen die drei Freunde wieder aufeinander. Zhang Ke ist mittlerweile Lehrer, er bildet sich weiter und nimmt noch heute an Prüfungen teil. Li Meng hat geheiratet, sie wohnt in Xinjiang und arbeitet im öffentlichen Dienst.

So ein Leben hätte Xu auch haben können, seinen beiden Freunden tut er deswegen ein bisschen leid, aber ihm scheint das nichts auszumachen. Er interessiere sich nicht für materielle Dinge, Autos und Wohnungen seien ihm egal. Ihn bewegen wichtigere Dinge. Seit er klein ist, habe er eben Großes vor. Xu möchte, dass man sich an ihn erinnert, zum Beispiel für seine Gaokao-Aktion. Mit welcher Aktion er als nächstes auf sich aufmerksam machen wolle, wisse er aber noch nicht.


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