×
×
        Über uns
WAP/PAD
Startseite>>Interview

Deutsche leben den Chinesischen Traum (1/2): „Ich will mich noch besser mit Chinesen unterhalten können!“

(German.people.cn)
Donnerstag, 29. Dezember 2016
Folgen Sie uns auf
Schriftgröße

Text von Wang Xiaoding, Fotos von Lukas Albrecht

Der 18-jährige Lukas Albrecht aus Essen lernt zurzeit im Zuge eines einjährigen Austauschprogramms Chinesisch an der Fremdsprachenuniversität Shanghai. Im Interview mit People’s Daily Online erzählt er von seinen Erlebnissen.

Die Begegnung mit der chinesischen Sprache begann für Lukas Albrecht im September 2013, als er noch das Burggymnasium besuchte. 1994 wurde in dem Gymnasium mit einer über tausendjährigen Geschichte Chinesisch als Unterrichtsfach eingeführt. Lukas lernte dort für drei Jahre vier Stunden die Woche Chinesisch. Im Juni dieses Jahres bestand er das Abitur und erhielt ein Stipendium des Konfuzius-Instituts. Seit September 2016 lernt er Chinesisch in Shanghai.

Im März 2014 besuchte Peng Liyuan, Ehefrau des chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping, während eines Staatsbesuchs in Deutschland das Burggymnasium. In der Chinesischstunde trug Lukas seinen Aufsatz „Mein Chinesischer Traum“ vor. Dabei erklärte er, dass sein Traum sei, zum Chinesischlernen nach China zu gehen, um so eine gute Grundlage für sein zukünftiges Medizin-Studium zu legen. Im selben Jahr besuchten auf Einladung von Peng 45 Schüler und Lehrer der Schule Shanghai und Beijing im Zuge eines Sommercamps.

Zwei Jahre später veranstaltete das Burggymnasium wieder eine Chinareise und wurde von Peng Liyuan in Beijing empfangen. Dabei führte Lukas mit Peng ein kurzes Gespräch. Was sagte er zur Präsidentengattin? Was für einen Eindruck hat Peng auf den jungen Deutschen gemacht? Wie ist es für ihn, Chinesisch zu lernen? Und wie gestaltet sich sein jetziges Leben in China?

Wie kommst du zu deinem chinesischen Namen 艾明 [Umschrift: Ai Ming]? Weißt du, was er bedeutet?

Meinen chinesischen Namen habe ich von Herrn Zhang [einem Chinesischlehrer am Burggymnasium] bekommen. Er hat das immer mit „der ins Licht Geborene“ übersetzt.

Macht dir das Chinesischlernen Spaß? Wie hast du das Lernen der Sprache bisher empfunden?

Ich habe im Herbst 2013 (Schuljahresbeginn der 10. Klasse) mit Chinesisch als regulärem Schulunterricht angefangen. Hauptsächlich zum Chinesischlernen bewegt hat mich jedoch die Präsentation von Herrn Zhang. Denn wir waren seine erste Klasse, da er ganz neu an die Schule gekommen war. Und es gab eine Infoveranstaltung zum neuen Fach Chinesisch. Herr Zhang hat mich mit seiner positiven Art und seinem Enthusiasmus überzeugt. Er hat eine ganz andere Ausstrahlung und Herangehensweise als andere Lehrer.

Ich kenne sonst keinen Lehrer, der so unheimlich viel Zeit und Energie in seine Klasse investiert hat mit seinen ganzen Zusatzstunden, dem Chor, der ganzen Planung und Realisierung der Reisen. Das ist einfach unglaublich, [aber] der Einsatz war es wert.

In Deutschland lernen nur sehr wenige Menschen Chinesisch. Ich habe die Möglichkeit, eine komplett andere Kultur und Sprache kennenzulernen, was wirklich wunderbar ist. Außerdem waren die durchschnittlich sehr guten Noten in den Chinesisch-Abiturklausuren auch ein gewisser Anreiz zum Chinesischlernen für mich.

Nach drei Jahren habe ich die [Chinesisch-]Zertifikate HSK-3 und HSKK erworben, habe Bundeskanzlerin Angela Merkel und Ministerpräsident Li Keqiang im Himmelstempel 2014 getroffen, habe erlebt, wie Peng Liyuan unsere Schule besucht hat und wie wir sie in Beijing besucht haben.

Ich finde es immer noch schwierig, die Zeichen komplett zu schreiben und zu erkennen, weil sie sich manchmal nur durch einen winzigen Strich unterscheiden, zum Beispiel 市 [„Stadt“] und 币 [„Geld“].

Du hast die Treffen mit Merkel, Li und Peng erwähnt. Ich weiß, dass du beim Besuch in Beijing im Oktober dieses Jahres mit Peng einen kurzen Dialog geführt hast. Worüber habt ihr gesprochen und habt ihr Chinesisch miteinander gesprochen? Was für einen Eindruck hat Peng auf dich gemacht?

Sie ist sehr sympathisch und bodenständig. Wir als Schüler waren alle sehr, sehr aufgeregt, als wir unsere Reden hielten, aber sie war sehr freundlich und hat am Ende meiner Rede gesagt, dass sie die Schröpfkopfmassage schon selber ausprobiert und es ihr sehr gut getan hat. Ich wollte eigentlich noch auf Chinesisch sagen, dass ich das auch schon ein paar Mal gemacht habe, aber vor lauter Aufregung habe ich mich auf ein einfaches „a, hen hao“ [zu Deutsch: „Ah, sehr gut!“] kombiniert mit einem Lächeln beschränkt.

Peng hat sehr viel Interesse gezeigt, als Herr Zhang Fotos von unseren bisherigen Reisen gezeigt hat, und dann viele Fragen gestellt und uns auch doppelt so viel Zeit wie geplant geschenkt. Somit hat das Treffen eineinhalb Stunden anstatt 45 Minuten gedauert.

Du hattest vor, später einmal Traditionelle Chinesische Medizin zu lernen. Hast du diesen Wunsch immer noch?

Also ich habe mich früher wirklich für Traditionelle Chinesische Medizin interessiert, weil ich es einfach beeindruckend fand, dass so etwas Altes immer noch tadellos funktioniert.

Aber wie ich der First Lady Peng auch gesagt habe, hat sich mein Interesse ein wenig geändert und mir ist vor allem klar geworden, dass ich erst mal besser Chinesisch lernen möchte.

Wie erlebst du die Universität in Shanghai, an der du momentan lernst, und den Alltag in China? Hast du dich schon eingelebt? Hat sich das Chinesischlernen nun im Gegensatz zur Zeit in Deutschland für dich verändert?

Der Unterricht ist nicht allzu stressig, aber es ist schade, dass er jeden Tag um 8 Uhr anfängt. Hier muss ich natürlich mehr für Chinesisch lernen, weil ich mehr Unterricht habe, aber der Unterricht ist leider nicht so spannend wie bei Herrn Zhang in Deutschland, weil die Lehrer sich sehr strikt an das Buch halten und wir immer das Gleiche machen.

Meine Studienkollegen sind super nett. Wir bilden eine sehr gute Gemeinschaft und unternehmen viel zusammen. Ich habe zwei Lehrerinnen, die eine ist sehr nett und hilft mir viel, da sie auch sehr gutes Englisch spricht, während die andere ein paar Probleme mit der Verständigung hat. Meine Lehrerin hat mir mit meinem Alipay-Account [Chinas Äquivalent zu Paypal] geholfen, sodass ich am 11. November [einem Shoppingfest der Superlative in China] eine Menge von Klamotten kaufen konnte.

Ich habe mich inzwischen gut eingelebt, das Essen ist jedoch schon eine Herausforderung. Nicht, dass chinesisches Essen schlecht schmecken würde, aber es ist doch eine starke Umstellung für mich. Zum Glück ist Shanghai äußerst international und man kann hier auch viel Westliches essen.

Alipay, Online-Shopping, du hast dich in China also schon recht gut eingelebt. Trotzdem die Frage: Welche Herausforderungen erwarten dich deiner Meinung nach zukünftig in China? Wie planst du, mit ihnen umzugehen?

Ich muss zwei Pullover wieder zurückschicken und die Support-Person spricht kein Englisch, aber ich habe schon meine Lehrerin gefragt und sie wird mir dabei helfen. Das ist das Gute: Egal was für Herausforderungen einen erwarten, findet man eigentlich immer einen hilfsbereiten Chinesen.

Wie erlebst du die chinesisch-deutschen Austauschveranstaltungen und was kannst du aus ihnen für deine Zukunft ziehen? Hast du Wünsche oder Ideen für zukünftige Veranstaltungen zwischen Jugendlichen?

Das Beste, was wir gemacht haben, war, als wir 2014 unsere Partnerschule in Shanghai besucht haben, uns die chinesischen Schüler durch die Stadt geführt haben und wir abends in den Familien der Schüler waren. Denn dann kam man aus der etwas gezwungenen Atmosphäre heraus und wurde lockerer. Ich denke, dass so der beste Austausch stattfand.

Außerdem denke ich, dass gemeinsamer Sport verbindet. Ich erlebe das bei uns auf dem Fußballfeld in Shanghai. Die Mannschaften sind immer bunt gemischt. Und ich habe auch sehr gute Erfahrungen mit den aufstrebenden Lehrern hier gemacht. Einmal in der Woche gibt es die „Chinese Corner“, bei der die Master-Studenten für Chinesisch als Fremdsprache Spiele vorbereiten und sich äußerst hilfsbereit mit den lernbereiten Ausländern unterhalten. Denn im Gespräch mit den Einheimischen lernt man eine Sprache am besten.

Es ist daher schade, dass es bei uns auf dem Campus – abgesehen von den Lehrern – fast keine chinesischen Studenten gibt, da diese alle auf dem anderen Campus sind.

Was ist dein erhofftes Chinesisch-Niveau nach dem Jahr in China? Glaubst du, dass du Chinesisch auch für deine spätere Karriere nutzen kannst? Hast du bereits einen festen Berufswunsch?

Ich will nach dem Jahr in China das Zertifikat HSK-4 haben und mich noch besser mit Chinesen unterhalten können. Leider wurde ich in den Anfänger-Kurs gesteckt, weil ich keine Zeichen schreiben konnte, aber ich versuche, möglichst oft mit Chinesen zu reden und dadurch vor allem die Alltagssprache zu erlernen.

Ich habe Chinesisch hauptsächlich aus Interesse an dem Land, der Kultur und den Menschen gelernt, aber es verschafft einem immer einen erheblichen Vorteil bei Bewerbungen, auch wenn ich nicht weiß, wie viel ich einsetzen werde.

Ich werde, wenn ich wieder zurück in Deutschland bin, Elektrotechnik mit dem Fokus auf Elektromobilität studieren und will dann in die – sich hoffentlich bis dahin gewandelte – Autoindustrie gehen.

Erzählst du deinen Verwandten, Mitschülern und Freunden oft von China? Hältst du deine Erlebnisse irgendwie fest?

Ich schreibe zurzeit einen Blog [lukasreisenblog.wordpress.com], in dem ich Alltagserlebnisse schildere und versuche, mit Hilfe von Fotos und Anekdoten ein realistisches und alltagsnahes Bild von China zu skizzieren. Denn in meinen Augen wissen viele Deutsche leider fast gar nichts über China.

Folgen Sie uns auf Facebook und Twitter !
German.people.cn, die etwas andere China-Seite.
Copyright by People's Daily Online. All Rights Reserved.