Geschichten aus Hotan: Tradition, Religion und Innovation (3)

Innovation: Die Kraft des Internets

Die 29-jährige Dilnur Iskander, eine ehemalige Aushilfslehrerin, ist jetzt eine lokale Internetberühmtheit. Zusammen mit ihren zwei Partnern verkauft sie seit einem halben Jahr traditionelles uigurisches Geschirr aus Holzschnitzereien und hat damit einen großen Andrang auf traditionelles uigurisches Kunsthandwerk ausgelöst.

„Der Grund, warum ich Influencerin in den Sozialen Medien werden wollte, ist ein geschnitzter Löffel, den ich benutze, seit ich klein bin. Solche Löffel werden mit einer traditionellen uigurischen Holzschnitztechnik hergestellt. Aber als 2017 mein Löffel kaputt ging, war es unmöglich einen neuen zu bekommen, weil niemand diese Dinge mehr herstellte“, sagte Dilnur. 2020 hat sie schließlich ihren Job gekündigt und ist nach Hotan gekommen, um die letzten uigurischen Holzschnitzmeister aufzuspüren. Es kostete sie mehrere Monate, um zehn Kunsthandwerker zu finden, die die traditionellen Techniken noch beherrschten. Selbst der jüngste von ihnen war schon über 40 Jahre alt.

„Sie alle hatten zu dem Zeitpunkt schon mit den Schnitzereien aufgehört, weil sie damit kein Geld verdienen konnten und die jüngere Generation möchte diese traditionellen Techniken nicht mehr lernen“, bemerkte Dilnur.

„Der technische Fortschritt bedroht unsere traditionelle Kunst und Kultur, aber wir können ihn auch nutzen, um sie wiederzubeleben. Mit diesem Gedanken habe ich mich entschlossen, einen Livestream zu starten und traditionelles Geschirr online zu verkaufen“, so Dilnur.

Kunden aus ganz China, aus Russland und Kasachstan waren von ihren Geschichten gerührt und interessierten sich für die kulturelle Bedeutung des Holzgeschirrs. Schon bald kauften sie allerart uigurische Holzschnitzkunst von ihr.

„Ich verkaufe täglich Holzgeschirr im Wert von ca. 20.000 Yuan. Ich habe mit allen Schnitzmeistern Verträge abgeschlossen. Sie können nun wieder ihrer Arbeit nachgehen. Das macht mich glücklich“, sagte Dilnur.

Genau wie Dilnur ist auch der 30-jährige Ershat Ibrahim ein Influencer. In seinem Online-Shop gibt es landwirtschaftliche Produkte. Darüber hinaus produziert er Content über lokale Märkte, landwirtschaftliche Feste und lokale Kunst. Jede Woche lädt Ershat seine zwei Partner, ausgezeichnete uigurische Tänzer, zu einem Livestream über uigurische Tänze ein, um ein besseres Verständnis für die uigurische Kultur zu schaffen.

„Das Internet hat jungen Leuten wie mir eine Plattform gegeben, unsere Talente zur Schau zu stellen. Es bringt der Öffentlichkeit die uigurische Kultur näher. Die dynamische Integration zwischen Alt und Neu, Tradition und Innovation ist sehr interessant“, sagte er.