Global Times: Da Trumps Strategien drohen, die Bemühungen für den Freihandel zunichtezumachen, wird Deutschland engere Wirtschaftsbeziehungen mit China suchen, indem es China dabei hilft, als Marktwirtschaft anerkannt zu werden und indem es zu Besonnenheit aufruft bei Anti-Dumping-Verfahren gegen China?
Clauss: China und die EU brauchen beide den Freihandel. Vor dem Hintergrund des globalen Anstiegs protektionistischer Tendenzen sind wir bereit, zusammen mit anderen Willigen den Freihandel voranzubringen. Mein Gefühl ist, dass es möglicherweise mehr Bereitschaft in China und der EU gibt, insbesondere in Deutschland, um Gespräche über ein bilaterales Investitionsschutzabkommen zu beschleunigen. Dies müsste echte Fortschritte für den Marktzugang umfassen und könnte den Weg für ein umfassendes EU-China-Freihandelsabkommen ebnen.
Hinsichtlich des Marktwirtschaftsstatus sind wir China schon viel entgegengekommen. Obwohl noch einige Meinungsverschiedenheiten zwischen Brüssel und Beijing bestehen, sehe ich diese nicht zu einem Handelskrieg eskalieren. Wenn wir uns wirklich darauf einigen, verschiedener Meinung zu sein, wird die WTO ein Urteil fällen und das Problem endgültig regeln. Jedenfalls bin ich sicher, dass in einer äußerst freundschaftlichen Art und Weise eine Lösung gefunden wird.
Global Times: China und Deutschland sind beide vehemente Verteidiger der Globalisierung. Was denken Sie, können die beiden Länder tun, um die Dynamik der Globalisierung fortzuführen und dem Protektionismus entgegenzutreten?
Clauss: Ich bin sicher, dass der G20-Gipfel im Juli in Hamburg eine große Chance für uns beide darstellt, weiterhin die Globalisierung mitzugestalten und gegen gegenläufige Trends wie Protektionismus vorzugehen. Deglobalisierung wäre nicht im Interesse Chinas oder Deutschlands und das ist die gemeinsame Basis, auf der wir unsere Zusammenarbeit der G20 intensivieren können.
Eine weitere deutsche Priorität auf der G20-Agenda ist, gemeinsam an unseren Verpflichtungen, die wir alle in Paris zur Bekämpfung des Klimawandels gemacht haben, festzuhalten. Deutschland und China wollen beide einen Erfolg des Paris-Abkommens sehen. Wir haben 2016 gut in der G20-Troika unter der chinesischen Präsidentschaft gearbeitet und werden 2017 weiterhin zusammen die G20-Agenda gestalten und es zu einem Erfolg machen.
Wir sollten gemeinsam überzeugte Verfechter der Globalisierung sein, weil wir diejenigen sind, die am meisten von der Globalisierung profitieren. Daher ist es sinnvoll, sich auf multilateraler Ebene wie den G20 zu verbünden.
Allerdings beginnt die Bekämpfung des Protektionismus Zuhause. Deshalb wird Deutschland weiterhin für chinesische Investitionen offen sein. Deshalb erwarten wir mehr Reziprozität von der chinesischen Seite. Es ist ermutigend, Staatspräsident Xi Jinpings Zusicherung in Davos darüber zu hören, den chinesischen Markt weiter zu öffnen. Wir erwarten, dass China seinen Worten Taten folgen lässt.
Global Times: Trump kritisierte Deutschlands Einwanderungspolitik und stellt China in einigen innenpolitischen und regionalen Angelegenheiten vor Herausforderungen, einschließlich der Ein-China-Politik und dem Südchinesischen Meer. Was denken Sie, wird der Druck durch Trump für die Beziehungen zwischen China und Deutschland bringen?
Clauss: Es wird einige Zeit dauern, bis die neue US-Regierung sich eingelebt hat und dann werden wir sehen, welche Politik sie tatsächlich verfolgen wird. Es ist noch zu früh, um vorauszusagen, wie sie die Beziehungen zwischen China und Deutschland beeinflussen könnte, aber es ist klar, dass wir einige gemeinsame Interessen teilen und das wird sich sicherlich nicht ändern.
Wir werden ein attraktiver Partner für China bleiben, weil wir nicht plötzlich ändern werden, was unsere Partnerschaft zu einem Erfolg gemacht hat. Wie Sie vielleicht bemerkt haben, hat Bundeskanzlerin Merkel vor kurzem auf die Frage nach der Ein-China-Politik gesagt, dass keine Änderung der deutschen Position zu erwarten sei, Punkt.
Ein weiteres Beispiel zum Freihandel: Wir glauben nicht, dass einseitige Einfuhrzölle vernünftig wären. Ein Handelskrieg wäre schädlich für uns alle. Probleme müssen durch Verhandlungen gelöst werden, dafür stehen wir ein.
![]() |