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Interview mit Theresa von Eltz: Fern von Glitzer und Geschenken (2)

(German.people.cn)
Dienstag, 15. November 2016
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Was bedeutet Weihnachten für Sie?

In erster Linie bedeutet es, dass man zusammenkommt und dass man sich sieht, [...] dass man sich erkennt, dass man einen Moment mit jedem Familienmitglied am Weihnachtsfest hat und selbst anders ins nächste Jahr gehen kann.

Ich feiere ein ganz schönes Weihnachten. Ich komme aus einer sehr großen Familie, [...] bin christlich erzogen worden und habe einen katholischen Hintergrund. Das ist auch mit Tohuwabohu verbunden. Bei uns wird auch viel gestritten und diskutiert. Es ist jetzt nicht immer nur Friede, Freude, Eierkuchen.

Wie kamen Sie zu dem Thema von „4 Könige“? Wie gestaltete sich die Arbeit mit der Drehbuchautorin Esther von Bernstorff?

Die Drehbuchautorin hatte die Idee zu dem Film und hatte auch ein erstes oder zweites Draft des Drehbuchs. Das war vor ungefähr fünf Jahren. Ich kam gerade von England nach Deutschland und sie schickte mir dieses Draft.

Ich fand das Thema toll, die Charaktere waren alle da und die Geschichte im Ansatz da. Wir haben dann aber noch einmal vier Jahre daran entwickelt. Das heißt, dass wir uns noch mal hingesetzt haben, die Figuren in eine bestimmte Richtung entwickelt [...] und viele Nachmittage zusammen die Geschichte verändert und diskutiert haben über Charaktere und Momente in diesem Film.

Was bedeutet der Begriff „König“ für Sie? Was bedeutet es, ein König zu sein?

Junge Leute, welche in solchen Institutionen sitzen, haben kein Selbstvertrauen mehr und bekommen auch keine Verantwortung mehr durch die Autoritäten oder die Ärzteschaft oder die Eltern und die Freunde. Dies geschieht in einem ganz bestimmten Zeitrahmen, nämlich im Alter der Pubertät, aber ganz besonders auch danach.

Ich habe selber auch mit schwierigen Jugendlichen gearbeitet und mir ist aufgefallen, [...] dass es in ganz vielen Psychiatrien zum Beispiel darum geht, den Jugendlichen auf die Sprünge zu helfen, indem man Medikamente verabreicht, aber nicht die Medikamente herunterfährt, um zu sagen: Ich vertraue dir, du bist ein schwieriger Mensch, aber du schaffst das.

Ich finde, die Vier sind alle auch Opfer ihrer eigenen Geschichten und trotzdem sind sie Könige. Mir war ganz wichtig, dass auch ein Außenseiter strahlen kann und stark sein kann und alles in sich trägt, diese ganzen Anlagen, dass es manchmal aber an dem Umfeld liegt, das auch zuzulassen und zu unterstützen.

In letzter Instanz geht es mir um die vier jungen Leute, die ihren Platz in der Welt wiederfinden und ihr Vertrauen zurückgewinnen und weiter gehen und anders aus dem Film gehen, als sie hereingekommen sind.

Das war für die Autorin und mich ganz wichtig, dass diese vier Jugendlichen Könige sein können und auch was ganz Zauberhaftes haben und sich im Grunde genommen auch gegenseitig helfen und dann ihr ganz spezielles Weihnachten haben: Fern von Glitzer und Geschenken einfach beisammen sind und sich eine Stärke geben. Das fand ich irgendwie auch eine ganz christliche Botschaft.

In welchem Verhältnis stehen diese vier Könige zum psychiatrischen Personal und zum Psychiater Dr. Wolff?

Also er [Dr. Wolff] ist natürlich ein nicht unwesentlicher Bestandteil dieser Vierergemeinschaft, weil der Psychiater natürlich der ist, der ihnen ihr Selbstvertrauen zurück schenkt. Er ist verantwortlich dafür, dass zwischen den Vieren etwas entstehen kann. Das hat natürlich auch etwas damit zu tun, dass er die Zügel länger lässt und dass er mit der alten Riege der Institution aneckt.

Aber das ist auch kein Film, der alte Autoritäten beschimpft. Ich bin jedoch sehr dafür, dass man junge Ärzte ihre Arbeit machen lässt und das auch auf eine ungewöhnliche Art und Weise. Wenn man als Jugendlicher rebellieren muss und möchte, dann ist das auch erst einmal was Gutes und nichts Schlechtes. Ich finde, es werden zu schnell Türen zugemacht, anstatt dass man sie aufmacht und es sich genauer anguckt und sich mit der Problematik auseinandersetzt. Dass man nicht gleich einen Stempel draufdrückt, Medikamente verabreicht und hofft, dass es in der Stille wieder gut wird, sondern dass man sich damit wirklich auseinandersetzt, das ist auch eine Botschaft dieses Films. Dabei verschwimmt auch ein bisschen das Krankenhauspersonal und die „kranken“ Jugendlichen. Was heißt hier eigentlich „verrückt“, was heißt „krank“?

Ich nehme beide Seiten ernst. Es war mir wichtig, dass wir eine Antagonistin [Anneke Kim Sarnau als Schwester Simone] haben, die wir ernst nehmen. Damit keine Schwarz-Weiß-Malerei stattfindet. Das das keine ist, wo man sagen könnte: Die hat ja überhaupt keine Berechtigung!

Laut Michael Clauss, dem deutschen Botschafter in China, kann Kino gesellschaftliche Entwicklungen abbilden, deuten und mitgestalten. Stimmen Sie dem zu und wenn ja, welche Entwicklungen sehen Sie im Moment, die es abzubilden gilt?

Der Film hat ein unglaublichen Echo bekommen in Deutschland. Es ist ja eigentlich ein kleiner Film [...], aber das Interesse für diesen Film war so groß, weil ich – und das wollte ich ganz bewusst nicht – keinen Film über vier kranke Jugendliche machen wollte. Ich wollte einen Film machen, der vier Jugendliche zeigt, die unverortet im Leben stehen und die nicht durch Krankheiten gezeichnet sind.

Der Schauspieler Clemens Schick [der Dr. Wollf im Film spielt] sagt immer: Das ist ein Film zur Liebe zum kaputten Menschen. Das stimmt. Das ist das, was mich interessiert. Mich interessieren keine Heile-Welt-Szenarien, mich interessieren Randfiguren der Gesellschaft. Mich interessiert es, warum Leute mit sich selber nicht zurechtkommen.

Es gibt viele Menschen, die sind kaputt und trotzdem werden sie nicht weniger geliebt oder gemocht. Man muss sie nur darin bestärken und dann kann man auch wieder heile werden. Ich bin da sehr optimistisch. Ich glaube, dass man durch sehr viel Zutrauen und Vertrauen und Pflege und richtiges Hinschauen ganz viel wieder gutmachen kann.

Angenommen Sie würden einen Film in China drehen, was wäre das für ein Film?

Ich finde diese uralte Kultur und die Religionen und auch das – im Grunde genommen – sehr Friedliche spannend. Das kann ich überhaupt nicht eingrenzen. Es gibt viele Dinge, die mich interessieren würden, aber dafür müsste ich mich auch noch mehr mit diesem Land auseinandersetzen.

Was halten Sie vom chinesischen Film? Beispielsweise „Hero“ oder „Chungking Express“?

Die sind ganz toll. Ich finde, dass die Filme immer eine gewisse Poesie haben. Das gefällt mir wirklich sehr bei chinesischen Filmen. Mir ist sehr wichtig, dass Filme etwas Verträumtes haben und nicht alle beim Realismus landen.

Das ist auch bei meinem Film so: Es gibt sehr viele lustige Momente, denn am Ende ist es auch ein Unterhaltungsmedium. Das ist ein Medium, mit dem man viel machen kann, man kann viel bewegen. Man kann, wie der Regisseur Florian Gallenberger vorhin gesagt hat, die Leute auch aus ihrem drögen Alltag rausholen. Das ist auch etwas ganz Zauberhaftes, was das Kino kann. Das machen die chinesischen Filmemacher schon sehr gut.

Verfolgen Sie schon ein neues Projekt?

Ich habe zwei Krimis gedreht [für die ZDF-Serie „Der Kriminalist“] und sehr viel gelernt beim Dreh. Man muss auch ganz anders ein Buch entwickelt. Das ZDF hat mir große Freiheiten eingeräumt und ein großes Vertrauen entgegengebracht. Ich habe daraus nun zwei eigenwillige „Kriminalisten“ gemacht.

Ich fand es gleich interessant, weil ich noch nie einen Krimi gedreht habe. Es ist ein sehr gutes Format, um auch noch weiter zu lernen. Ich fand das eine ganz tolle Erfahrung.

Gerade arbeite ich an meinem nächsten Drehbuch, ein historischer Stoff. Ich kann nur sagen, dass es eine Liebesgeschichte ist und in der Zeit des Zweiten Weltkrieges spielt.


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