Inoffiziellen Berichten zufolge plant China den Bau von rund 20 mobilen Atomkraftwerken für den Einsatz auf See. Die schwimmenden Plattformen sollen als zuverlässige Energiequellen für die Inseln im Südchinesischen Meer dienen.
China kommt dem Produktionsbeginn seines ersten maritimen Atomkraftwerks immer näher, welches die Stromversorgung in entlegenen Gebieten sicherstellen soll.
Analysten glauben, dass die schwimmende Plattform nach ihrer Fertigstellung die Effizienz von Bauvorhaben auf den Inseln im Südchinesischen Meer signifikant erhöhen könnte. Die China Shipbuilding Industry Corporation (CSIC), Chinas führendes Schiffsbauunternehmen, wurde damit beauftragt, die Plattform zu entwerfen und herzustellen. In einem Telefoninterview mit Global Times am Donnerstag, erklärte Liu Zhengguo, der Direktor des Unternehmens, dass die „Arbeit gut vorangeht“.
„Die Entwicklung schwimmender Atomkraftwerke ist ein aufkommender Trend“, antwortete Liu auf die Frage nach einem früheren Medienbericht, demzufolge China plane, 20 solcher Plattformen zu bauen.
„Die genaue Zahl der Kraftwerke hängt von der Nachfrage auf dem Markt ab“, sagte er, ohne die genannte Zahl zu bestätigen oder zu dementieren. „Verschiedenen Faktoren nach zu urteilen, ist die Nachfrage ziemlich groß.“
Liu erklärte, dass der Bau der Plattformen „auf ausgereifter Technologie basiert“. Er betonte, dass die Kraftwerke hauptsächlich zivilen Nutzen haben, wie die Stromversorgung für Ölbohrplattformen sicherzustellen.
Die Internetseite eworldship.com der Shanghaier Schiffsbauindustrie berichtete am Mittwoch, dass die Bohai Shipbuilding Heavy Industry Company (BSHIC), ein Montageunternehmen der CSIC, für das erste schwimmende chinesische Atomkraftwerk verantwortlich sein und CSIC zukünftig rund 20 solcher Plattformen bauen werde.
Dem Report zufolge habe die Staatliche Entwicklungs- und Reformkommission das Projekt bereits genehmigt. Das Unternehmen Bohai Shipbuilding habe sich zudem am Dienstag mit den Wirtschafts- und Informatisierungskommissionen der Provinz Liaoning sowie der Gemeinde Huludao, dem Sicherheitskontrollteam der Abteilung für Nuklearsicherheit der CSIC und dem Wuhan Second Institute of Ship Design (auch als Institut 719 bekannt) getroffen, um über Standortfragen und die Durchführbarkeit der Konstruktion zu beraten.
Der Internetseite zufolge habe eine Gruppe von Experten die technischen Baupläne der Plattform, welche vom Institut 719 vorgelegt wurden, überprüft, diskutiert und ein einstimmiges Urteil getroffen.
Liu wollte diesen Bericht weder verneinen noch bestätigen.
Der China Securities Journal berichtete im Januar, dass der Bau des ersten maritimen Atomkraftwerks, welches als Pilotprojekt diene, voraussichtlich 2018 beendet werde und die Plattform 2019 ihre Arbeit aufnehmen könne.
Zuverlässige Energiequelle
Analysten zufolge werden schwimmende Nuklearanlagen eine wichtige Rolle in Chinas langfristiger Strategie im Südchinesischen Meer spielen.
Li Jie, ein Marineexperte aus Beijing, erklärte Global Times am Donnerstag, dass die Plattformen eine zuverlässige Energiequelle für Leuchttürme, Entsalzungsanlagen, Seerettungen, Hilfsmissionen, Verteidigungsanlagen sowie für Flug- und Seehäfen der Inseln im Südchinesischen Meer darstellen.
„Normalerweise müssen wir Öl oder Kohle verfeuern, um Energie zu erzeugen. Doch die großen Entfernungen zwischen den Nansha-Inseln und dem chinesischen Festland sowie die wechselnden Wetterbedingungen machen den Treibstoff-Transport zu einem Problem. Aus diesem Grund hat ein maritimes Atomkraftwerk eine große Bedeutung“, sagte Li.
Früheren Medienberichten zufolge habe das Institut 719 zwei Entwürfe für die Plattform vorgelegt. Der erste Entwurf sei für eine schwimmende, der zweite für eine tauchfähige Plattform gewesen, die unter Wasser arbeiten könnte.
Die CSIC hat auch mit der China General Nuclear Power Corporation zusammengearbeitet, einem führenden chinesischen Unternehmen für Atomkraft, welches derzeit an kleinen maritimen Nuklearantrieben mit der Bezeichnung ACPR50S arbeitet. Diese 200-Megawatt-Reaktoren können auf Schiffen genutzt werden und sollen voraussichtlich 2020 ausgeliefert werden können.
Gefahren durch Naturkatastrophen
Wu Zhong, Generaldirektor einer Kapitalanlagegesellschaft der CSIC, gab Medien gegenüber an, dass sich der Marktanteil von Atomkraftwerksplattformen für die Ölförderung allein auf über 100 Milliarden Yuan (13,71 Milliarden Euro) belaufen werde.
Er erklärte, dass allein im Golf von Bohai mehr als 50 Milliarden Yuan (6,86 Milliarden Euro) an Plattformen pro Jahr benötigt werden und die Nachfrage im Südchinesischen Mehr nur größer sein könne.
Zhu Hanchao, stellvertretender Chef-Ingenieur des Instituts 719, sagte dem China Securities Journal, dass der Bau einer Plattform mit rund 3 Milliarden Yuan (411 Millionen Euro) zu veranschlagen sei und eine Plattform imstande sei, im Laufe ihrer 40-jährigen Betriebszeit 22,6 Milliarden Yuan (3,1 Milliarden Euro) an Strom zu erzeugen.
Zhu lehnte am Donnerstag ein Interview mit Global Times ab.
Tang Bo, ein Beamter der Staatlichen Nuklearsicherheitsverwaltung, sagte am Donnerstag Global Times gegenüber, dass die Verwaltungsbehörde daran arbeite, bedeutende Nuklearsicherheitsbestimmungen mit Bezug auf die Plattformen auszuarbeiten. Obwohl bereits einige anfängliche Schlüsse gezogen wurden, müssen diese noch bestätigt werden.
Über die Parameter, welche die möglichen Auswirkungen von maritimen Naturkatastrophen und Unfällen auf die Kraftwerke bewerten, sei noch keine abschließende Einigung erzielt worden, so Tang und führte die Höhe von Wellen als ein Beispiel an.