Sie beraten deutsche Firmen auch beim Markteintritt in China: Was sind neben dem Namen die Grundvoraussetzungen für den Erfolg einer deutschen Firma in der Volksrepublik?
Ein allgemeines Erfolgsrezept gibt es nicht. Viele Faktoren sind sehr branchen- und marktspezifisch. Man muss sowohl zwischen den Geschäftsmodellen Business-to-Business und Business-to-Consumer als auch zwischen langlebigen Gebrauchsgütern wie Kühlschränken oder Autos und Verbrauchsgütern des täglichen Bedarfs unterscheiden. Grundsätzlich aber gilt: Man muss sich informieren. Man muss intensiv recherchieren und basierend auf dieser Recherche sinnvolle Entscheidungen treffen. Wichtig ist auch, dass man nicht einfach nur den Annahmen aus dem Mutterhaus folgt, sondern sich auch offen gegenüber lokalen Gegebenheiten zeigt. Die Größe des Marktes bedeutet nicht automatisch, dass es auch der richtige Markt ist.
Was sind die häufigsten Fehler, die Unternehmen aus Deutschland machen, die auf dem chinesischen Markt Fuß fassen wollen?
Auch diese Frage ist ganz schwierig zu beantworten. Deutsche Unternehmen sollten sich auf jeden Fall sehr flexibel verhalten. Im IT-Bereich spricht man von „Agile Moves“. Das heißt, man sollte ein grobes Ziel vor Augen haben und sich diesem Ziel schrittweise nähern. Sobald man ein Zwischenziel erreicht hat, sollte man die Situation neu bewerten und den Weg falls erforderlich anpassen, bevor man den nächsten Schritt macht. Manchmal braucht es auch einfach etwas mehr Mut. Im Moment habe ich zum Beispiel einen Kunden im Bereich Wasseraufbereitung, der extrem vorsichtig agiert. Von diesem Kunden würde ich mir wünschen, dass er nicht immer nur kleine Schritte macht, sondern auch mal einen großen, weil ich fest davon überzeugt bin, dass sein Produkt in China gebraucht wird.
Und wie wichtig sind die vielzitierten persönlichen Beziehungen? Kann man ohne das sogenannte „Guanxi“ in China überhaupt erfolgreich sein?
Ich finde dieses Thema ist ein bisschen überbewertet. Auch im deutschsprachigen Raum sind Netzwerke ganz wichtig. Meine Projekte kommen eigentlich fast alle durch die Empfehlung zufriedener Kunden zustande. Was in China im Vergleich zum europäischen und auch amerikanischen Raum etwas anders ist, ist die Bedeutung der Familie. Auch die Bedeutung der universitären Freundschaften ist – speziell im europäischen Raum – nicht so ausgeprägt wie in China. Menschen, die schnell gute Beziehungen aufbauen können, haben es in China aber sicher einfacher.
Welche Branchen haben Ihrer Meinung nach die besten Zukunftsaussichten in China?
In vielen Branchen gibt es auch weiterhin Nischen für ausländische Unternehmen. Der entscheidende Faktor ist in diesem Fall aber nicht die Branche, sondern der Wettbewerbsvorteil. Egal ob im Nahrungsmittel- oder im Automobilzulieferbereich: Die zentrale Frage lautet, inwieweit ein Unternehmen ein Angebot formulieren kann, das anders, besser oder attraktiver ist als das, was schon auf dem Markt verfügbar ist. Aufgrund der Entwicklung des chinesischen Marktes wird das aber grundsätzlich immer schwieriger. Das liegt einerseits an der fortschreitenden technologischen Entwicklung, andererseits aber auch an der zunehmenden Diversifizierung des Produktangebots. Zwischen dem Angebot in einem chinesischen Supermarkt von heute und vor zehn Jahren liegen Welten. Gute Zukunftsaussichten haben sicherlich Branchen, in denen es noch nicht so viele oder technisch noch nicht so ausgereifte Produkte gibt – etwa in der Umwelttechnik. Aber zum Beispiel auch die Bereiche Nahrungsmittel und Tiernahrung haben sicher Potenzial.
Auf Ihrer Webseite (www.m-f-consulting.com) schreiben Sie: „Wir denken chinesisch für Sie.“ Wie denken denn die Chinesen?
Allgemein gesagt hat die chinesische Denkweise einen wesentlich höheren Grad an Flexibilität und einen wesentlich geringeren Grad an Ursprungsplanung. Ein klassisch deutsches Projekt wird sehr lange geplant. Dieser Plan hat dann fast gesetzeshaften Charakter. In China ist das äußerst unüblich.