Bilder von chinesischen Touristen, die während des letzten Frühlingsfestes ins Ausland reisten und dort in den Geschäften kräftig die Kassen klingeln ließen, waren in den letzten Wochen in nahezu allen großen Tageszeitungen weltweit zu sehen.
Chinesen beim Einkaufen auf dem berühmten Boulevard Haussmann in Paris.
Die Produkte, die von den chinesischen Reisenden gekauft wurden, variierten stark: Taschen von Louis Vuitton und Säuglingsanfangsnahrung aus Europa, Edelsteine aus Hawaii; Taschen von Prada, Accessoires von Tiffany, Hermes-Schals, Koffer und Bekleidung aus den Vereinigten Staaten; Taschen, Uhren und Sonnenbrillen aus Hong Kong; Hautpflegeprodukte aus Südkorea, Wein aus Singapur, und nicht zuletzt Reiskocher und WC-Sitze aus Japan.
Eine solche Bereitschaft zum Geldausgeben erklärt dann auch, warum Geschäfte wie Woodbury Outlets in New York damit begonnen haben, chinesischsprachige Verkäufer einzustellen, um sich an den Zustrom kaufwütiger chinesischer Shopper anzupassen. In anderen Ländern haben Geschäftsleute sogar gefordert, dass die Regierung die Visaverfahren für chinesische Touristen vereinfachen soll.
Offensichtlich ist „reich und dumm“ zu einem Label für chinesische Kunden geworden, die Unmengen von Geld im Ausland ausgeben.
Daten der Weltorganisation für Tourismus zeigen, dass 83 Millionen chinesische Touristen 2012 weltweit etwa 97 Milliarden Euro ausgaben – und damit selbst Touristen aus den USA und Deutschland auf die Plätze zwei und drei verwiesen. Im Jahr 2014 kauften chinesische Shopper 47 Prozent aller weltweit hergestellten Luxusprodukte, von denen die meisten über internationale Kanäle erworben wurden.
Ähnliche Daten von der kalifornischen Tourismusbehörde zeigen, dass chinesische Touristen im Jahr 2013 allein etwa 1,9 Milliarden Dollar in dem amerikanischen Bundesstaat ausgaben. In der ersten Hälfte des Jahres 2014 gaben chinesische Touristen laut einem Bericht der chinesischen nationalen Tourismusbehörde fast 70 Milliarden Euro im Ausland aus.
Die Chinesen scheinen sehr reich zu sein, soweit man das von ihren großzügigen Ausgaben im Ausland her sagen kann. Aber in der Heimat sieht die Situation eher nicht so gut aus. Der chinesische Einzelhandel ist während der Frühlingsfest-Ferien in den letzten Jahren immer langsamer gewachsen. Diese düstere Situation im Einzelhandel ist meilenweit entfernt von dem protzigen Einkaufsverhalten, das die Chinesen im Ausland an den Tag legen.
Eine chinesische Frau mittleren Alters, die an einer bekannten italienischen Einkaufsstraße Instantnudeln aß, sorgte in den westlichen Medien für Aufsehen. Viele fragten sich daraufhin, wie reich die Chinesen eignentlich wirklich sind, denn einerseits Gucci-Taschen kaufen und andererseits am Straßenrand sitzen und billige Instantnudeln schlürfen sind zwei Bilder, die nicht so richtig zusammenpassen wollen.
Es wäre durchaus angemessen, zu sagen, dass die Entwicklung Chinas die ganze Welt erstaunt hat, aber in Sachen Pro-Kopf-Einkommen gehören die Chinesen wahrlich nicht zu den Reichen. Chinas BIP pro Kopf liegt bei etwa 10.000 US-Dollar, deutlich niedriger als der weltweite Durchschnitt von 13.460 US-Dollar. Die Zahl ist geringer als die von Mexiko, Russland und sogar als die von Brasilien, Südafrika und Ägypten.
Wenn die „nicht-so-reichen“ Chinesen im Ausland wie wild Geld ausgeben und wenn die Preise in anderen Ländern – selbst unter Einbeziehung der Reisekosten – trotzdem noch niedriger sind als in China, dann könnte es sich lohnen, mal darüber nachzudenken, woran das wohl liegen mag. Obwohl die meisten Leute wohl schon eine Antwort auf diese Frage parat haben dürften...