Frühlingsfest ist zunehmend Reisezeit. In diesem Jahr waren erstmals mehr Chinesen im Ausland als im Inland unterwegs. Der große Profiteur dieses Reisebooms ist der Einzelhandel. Denn die chinesischen Touristen wollen vor allem eines: Shoppen.
Noch nie haben so viele Chinesen das Frühlingsfest für eine Reise ins Ausland genutzt wie in diesem Jahr. Über fünf Millionen sollen es gewesen sein. Ganz oben auf ihrer Aktivitäten-Liste: Shopping! Vermögende Chinesen deckten sich während des einwöchigen Auslandurlaubs mit allem nur erdenklichem ein: Von der Schweizer Luxusuhr über die elegante französische Handtasche bis hin zum ultramodernen japanischen WC-Sitz.
Gemäß der China Tourism Academy (CTA) waren während des diesjährigen Frühlingsfests erstmals mehr chinesische Touristen im Ausland als im Inland unterwegs. Als Gründe für den Boom von Auslandreisen nennt die Akademie den starken Yuan, Visaerleichterungen, den gestiegenen Wohlstand sowie das Verlangen der Touristen nach qualitativ hochwertiger Freizeit.
Die großen Profiteure dieses Booms waren die Warenhäuser, Luxusboutiquen und Elektronikläden. Letztere waren vor allem in Japan vollgepackt mit Touristen aus China. Japanischen Medienberichten zufolge waren WC-Sitze, Reiskocher und Digitalkameras innert kürzester Zeit sogar ausverkauft. Mehr als 450.000 Chinesen sollen das diesjährige Frühlingsfest in Japan verbracht und dabei 941 Millionen US-Dollar ausgegeben haben.
Chinas nationale Tourismusbehörde schätzt die Zahl der Chinesen, die das Frühlingsfest in diesem Jahr im Ausland verbracht haben, auf 5,19 Millionen oder zehn Prozent mehr als im Vorjahr.
In Europa gehörten Frankreich, Italien und Großbritannien zu den Top-Destinationen. Gemäß einem Bericht der britischen Bank HSBC gaben chinesische Touristen in Paris 80 Prozent ihres Geldes fürs Shopping aus. Laut der HSBC werden in Frankreich inzwischen 40 Prozent aller Luxusgüter von chinesischen Touristen gekauft. In Italien sind es 35 Prozent und im Vereinigten Königreich 25 Prozent.
In Frankreich wollen die Politiker sogar die Ladenöffnungszeiten am Sonntag verlängern, um den chinesischen Touristen entgegenzukommen.
„In den 1970er Jahren hatten wir Kunden aus den USA, in den 1980ern und 1990ern Japaner und in den frühen 2000er Jahren Russen. Seit sechs oder sieben Jahren aber sind unsere Hauptkunden Chinesen“, sagt Paolo de Cesare, der Geschäftsführer des Pariser Luxus-Kaufhauses Printemps. 40 Prozent der Kunden von Printemps kommen aus dem Ausland. Die Hälfte davon sind nach de Cesare Chinesen.
Auch die Einkaufszentren in London verzeichneten in den vergangenen sieben Tagen einen Massenandrang aus China. Vor einigen Geschäften mussten die Touristen sogar Schlange stehen. „Ich sah eine chinesische Frau, die fünf Luxus-Handtaschen und drei Uhren für ihre Familie gekauft hat“, sagt Li Rui, eine Touristin Mitte 30.
„Einzelhändler in ganz Großbritannien haben während des chinesischen Frühlingsfests vom Zustrom internationaler Kunden profitiert“, bestätigt Gordon Clark von Global Blue, einer Firma, die das Kaufverhalten ausländischer Besucher in Großbritannien untersucht.
Um den Bedürfnissen der Kunden aus China gerecht zu werden, stellten die britischen Anbieter von Luxusmarken extra chinesischsprachiges Personal ein oder erlaubten die Bezahlung mit der chinesischen Kreditkarte UnionPay. Im Londoner Luxus-Warenhaus Harrods gibt es im fünften Stock seit kurzem sogar ein chinesisches Restaurant. Im 90-plätzigen Lokal werden typische Gerichte aus dem Reich der Mitte wie Peking-Ente oder Lotoswurzeln angeboten.
Die Voraussetzungen sind damit gegeben, dass auch im kommenden Jahr die Kassen des ausländischen Einzelhandels übers chinesische Frühlingsfest erneut klingeln werden.