Frédéric Pierucci: Tückische amerikanische Justiz zwang mich zu Kompromissen

Von He Qian, Paris

Der Ex-Vizepräsident des globalen Vertriebs von ALSTOM Frédéric Pierucci wurde im April 2013 wegen des Verdachts der kommerziellen Bestechung in Haft genommen. Im September 2018 wurde er wieder entlassen. Dennoch ist das französische Unternehmen ALSTOM inzwischen von dem US-Konzern GE übernommen worden.

Im Januar 2019 hat Pierucci das Buch „Die amerikanische Falle“ veröffentlicht. Anhand seiner eigenen bitteren Erlebnisse versucht er zu enthüllen, wie die US-Regierung mit Hilfe des Foreign Corrupt Practices Act (FCPA) internationale Konkurrenten von US-Unternehmen ausschaltet.

In einem Exklusivinterview mit People's Daily Online hat Frédéric Pierucci seine Hoffnung zum Ausdruck gebracht, dass alle internationalen Konzerne, die auf dem US-Markt aktiv sind, durch seine Tragödie aufwachen und ihre eigenen Interessen verteidigen.

Was ist die amerikanische Falle?

Laut Pierucci könnten alle Länder, Unternehmen und Personen in diese Falle geraten. Mit Hilfe des Foreign Corrupt Practices Act (FCPA) könne das US-Justizministerium alle internationalen Konzerne ins Visier nehmen. Dadurch wolle die US-Regierung die Kontrolle über die Hauptindustriesektoren und konkurrenzfähigen Konzerne aller Länder gewinnen.

Der Foreign Corrupt Practices Act aus dem Jahr 1977, die OECD Anti-Bribery Convention, die auf Druck der US-Regierung im Jahr 1997 ausgearbeitet wurde, sowie der USA PATRIOT Act aus dem Jahr 2005, stellen gemeinsam die Falle.

Der Franzose hat im Gefängnis eine Studie durchgeführt und herausgefunden, dass die USA seit 2005 durch den FCPA bereits Strafgelder von über 10 Milliarden Euro eingenommen haben. Rund 60 Prozent davon wurden von europäischen Unternehmen gezahlt, der gezahlte Anteil von US-Unternehmen macht nur 15 Prozent aus.

Bittere Erlebnisse

Erst bei seiner Festnahme im April 2013 auf dem JFK-Flughafen in New York wurde Pierucci mitgeteilt, dass das US-Justizministerium bereits sechs Monate zuvor eine Anklage gegen ihn in Bezug auf einen Korruptionsfall von ALSTOM in Indonesien erhoben hatte.

Insgesamt hat Pierucci 25 Monate im Gefängnis verbracht. Währenddessen wurde er von ALSTOM entlassen, hat nur zweimal seine Frau gesehen und seine Kinder kein einziges Mal. Das Leben des französischen Geschäftsmanns wurde total zerstört.

Aufwachen von Frankreich

Durch das Buch von Pierucci können sich heute Politik, Wirtschaft und Gesellschaft Frankreichs umfassend über die Übernahme von ALSTOM durch GE informieren. Laut Pierucci sei Frankreich aufgewacht und habe Maßnahmen ergriffen, um die Interessen der Industrie zu schützen. Die Ausarbeitung des Gesetzes SAPIN II sei ein gutes Beispiel dafür.

Lehre für andere Länder

Zum Schluss des Interviews schlug Pierucci vor, dass die Industrieländer der Welt wie Frankreich, Deutschland, Großbritannien, China und Brasilien ihre Rechtssysteme aktualisieren und neue Regeln und Verordnungen ausarbeiten sollten, um die einheimischen Unternehmen vor der US-Einmischung zu schützen. Er betonte, dass man so schnell wie möglich reagieren und gemeinsame Aktionen durchführen sollte.