Vor vier Monaten kündigte Lu Qi, bekannt als „leistungsstärkster Überseechinese im Silicon Valley“, seine Arbeit als geschäftsführender Vizepräsident bei Microsoft. In China führte das zu zahlreichen Spekulationen.

Vielen ausländischen Medien zufolge hat China großes Potenzial, sich zu einem „neuen Silicon Valley“ entwickeln zu können. Viele Eliten, nicht nur Lu Qi, kehren aus den USA nach China zum Arbeiten zurück. Hat das Silicon Valley schon all seine Attraktivität für chinesische Wissenschaftler und Ingenieure verloren?

Der 27-jährige Luo Tianyi arbeitet derzeit als Forscher für einen großen Betrieb im Silicon Valley. Dort hat er viele Kollegen aus China, die in seinem Alter sind und meistens auch als technische Angestellte arbeiten. Sehr wenige Überseechinesen sind in der Geschäftsführung tätig.

Wie Wang Huiyao, Leiter des Zentrums für China und Globalisierung, erklärt, liegt ein Grund dafür darin, dass durch das chinesische Bildungssystem viel mehr wissenschaftliche und technische Talente gefördert werden. Im Vergleich dazu arbeiten beispielsweise viele Inder in höheren Positionen in Unternehmen im Silicon Valley.

Fa Liang, leitender Ingenieur der chinesischen Finupgroup, der für zehn Jahre im Silicon Valley gearbeitet hat, sagt dazu: „Es ist kein Wunder, dass Inder höhere Positionen gewinnen können. Sie sind fleißig und intelligent, gut im Ausdruck und bei der Selbstdarstellung.“ Überseechinesen sollten darüber nachdenken, ob Sprachnachteile vielleicht kein wichtiger Faktor seien, sondern dass es an der guten sozialen Kommunikation mangele. Chinesen legen zu viel Wert auf die persönliche Arbeit und die eigene Familie. Damit isolieren sie sich leicht, so Fa.

Luo Tianyi meint, dass die Entwicklung im Silicon Valley weiterhin die Bemühungen der Chinesen als Techniker oder Forscher brauche. Überseechinesen spielen eine sehr wichtige Rolle und man könne nicht einfach sagen, dass sie unter einem großen Druck seitens ihrer indischen Kollegen stehen.

Rückkehr sowohl praktisch als auch gut für den Wettbewerb

Früh im August 2015 wurde auf dem US-amerikanischen Technik-Blog-Portal TechCrunch der Artikel „China zieht überseechinesische Talente aus dem Silicon Valley an“ veröffentlicht. Die chinesischen High-Tech-Betriebe wie Alibaba, Baidu und Xiaomi wollen sich internationalisieren und bieten sehr hohe Löhne, um die überseechinesischen Talente aus dem Silicon Valley abzuwerben.

Die gute große Entwicklungsumwelt in China ist für die überseechinesischen Fachkräfte aus dem Silicon Valley ein weiterer Vorteil. Seit Jahren entwickelt sich China mit einem Wachstumstempo von über 6,5 Prozent. Die neu aufstrebenden technischen Unternehmen, die BAT-Firmen (Baidu, Alibaba und Tencent) und die Start-ups sind die Haupttriebkräfte für die chinesische Wirtschaftsentwicklung. Es mangelt jedoch an hochqualifizierten Mitarbeitern zum Decken des Marktbedarfs.

Es gibt noch einen Grund dafür, dass viele Überseechinesen nach China zum Arbeiten zurückkehren: die Veränderung der politischen Umwelt in den USA. Der neue US-Präsident Donald Trump hat vor kurzem Einreisevorbote verhängt. Es ist möglich, dass er in Zukunft auch Maßnahmen zur Beschränkung der Einreise von Chinesen ausgeben könnte.

Silicon Valley bleibt eine „Legende“

Nach China zur Arbeit zurückzukehren ist eine gute Option, aber es bedeutet nicht, dass die Anziehungskraft des Silicon Valley für Chinesen sinkt. Wie Fang Liang sagt, haben die meisten chinesischen Ingenieure, die nach China zum Arbeiten zurückgekehrt sind, über zehn Jahre Arbeitserfahrungen. Sie haben Engpässe in ihrer Karriereentwicklung in den USA erfahren und hoffen auf größeren Entwicklungsraum in China. Nach Meinung von Fang ist Silicon Valley ein „Wallfahrtsort“, dort gibt es starke Diversifikation und Ressourcen für technische Innovationen.

Über den Aufbau der „Ökosphäre“ sagt Fang Liang: Im Silicon Valley arbeiten mehrere Firmen zusammen und spielen dabei verschiedene Rollen. Dort herrsche eine gutartige komplementäre Kooperationsatmosphäre, während in China der negative Wettbewerb auf ähnlicher Ebene ein Problem sei.