×
×
        Über uns
WAP/PAD
Startseite>>Politik und Wirtschaft

Der Soldatentrick

(German.people.cn)
Donnerstag, 29. September 2016
Folgen Sie uns auf
Schriftgröße

Auf die Soldatenmasche spezialisierte Betrügerbanden treiben seit den 1990er Jahren ihr Unwesen. Die Brutstätten Chongli und Sunzhuang konnten immer noch nicht trockengelegt werden.

Merkwürdige Dinge geschehen im Dorf Sunzhuang. Gelegen im Kreis Shangcai der Provinz Henan in Zentralchina erhielt das Dorf kürzlich die Berechtigung für Fördermittel des Landkreises zur Armutsreduktion um damit den infrastrukturellen Aufbau zu unterstützen.

Die Einwohner sind aber offensichtlich alles andere als arm. Sie besitzen Autos, bauten schöne Häuser und jede Familie verfügt über ungefähr 10 Millionen Yuan (1,3 Millionen Euro) an Bargeld, sagte ein einheimischer Taxichauffeur gegenüber The Beijing News.

Nicht so offensichtlich ist die Tatsache, dass das Dorf eine Höhle von Trickbetrügern ist. Laut Daten des Büros für öffentliche Sicherheit des Bezirks Shangcai beherbergen Sunzhuang und das benachbarte Dorf Chongli 113 Menschen, die landesweiter Betrugsfälle verdächtigt werden.

Für den Bezirk mit einer Bevölkerung von einer Million ist das eine schwindelerregend hohe Zahl, allerdings weit weniger als die Millionen Yuan, welche die Betrüger jährlich ahnungslosen Opfern im ganzen Land abnahmen.

Angesichts der Appelle der Strafverfolgung für robustere Ermittlungen berichten lokale Beamte, was sie als Ursache der Verbrechen empfinden - Armut.

„Der Bezirk Sunzhuang hat das Geld erhalten, weil die Kommunalverwaltung Armut beseitigen will, die Verbrechen wie Betrug verursacht“, sagte Yue Qiang, Funktionär in Sunzhuang.

Soldaten des unrechtmäßig erworbenen Vermögens

Sowohl Chongli als auch Sunzhuang besitzen eine lange Geschichte von Einwohnern unter Betrugsverdacht, die bis in die 1990er Jahre zurückgeht.

Als sich die städtischen Betriebe während Chinas Übergang zu einer offenen Marktwirtschaft um eine Anpassung bemühten, fanden einige Einwohner neue Methoden um Geld zu verdienen, indem sie sich etwas Glaubwürdigkeit vom Militär liehen.

Verkleidet als Soldaten der Volksbefreiungsarmee (VBA) in voller Uniform hausierten die Trickbetrüger bei einheimischen Geschäftseigentümern und Einwohnern mit Produkten, die sie als vermeintliche Armeeüberschüsse, wie Rationen, oder populäre Gebrauchsgegenstände der Truppen bewarben.

Die Masche konnte genug Menschen überzeugen, um lukrativ zu sein, insbesondere da einige Beteiligte bereits in der Armee gedient hatten.

„Einige hatten sogar Verbindungen zu Herstellern militärischer Produkte, so dass sie unechte Produkte in echter Verpackung verkaufen konnten“, sagte ein ehemaliger Militärangehöriger, der in der Provinz Henan gedient hat, gegenüber Global Times.

„Das würde irgendetwas von Nahrungsmitteln und Werkzeugen bis hin zu Waffen wie Kampfmesser einschließen“, fügte er hinzu.

Die Geschäftseigentümer waren zunächst vorsichtig. Um sie auf ihre Seite zu ziehen, besuchten Lockvögel die Geschäfte um nach den besagten Produkten zu bitten. Die Eigentümer glaubten an eine wirkliche Nachfrage und erteilten den Auftrag.

Bei der ersten Vorauszahlung für Großaufträge verschwanden die Händlersoldaten, sagten Ortsansässige gegenüber The Beijing News.

Zur Eindämmung der wilden Betrügereien verbot Staatspräsident Jiang Zemin 1998 VBA-Mitarbeitern geschäftliche Aktivitäten.

Der Soldatenschwindel verlagerte sich nun von den Frontlinien auf die Telefonleitungen.

Die Ortspolizei sagte gegenüber The Beijing News, dass derselbe Betrug nun telefonisch durchgeführt wird. Die Verkäufer geben sich als Militärangehörige aus und unterbreiten den Geschäftseigentümern verlockende Angebote für populäre Armeewaren.

Fang Sie, solange du kannst

Der Dorffunktionär Yue nannte Armut als Grund für die fortwährende Existenz dieser Betrugsmasche.

„Wir haben hier keine Bergwerke oder andere Industriezweige, daher betreiben die Menschen Landwirtschaft. Wenn sie mit Betrügereien schnell reich werden können, dann beschließen viele dies zu tun“, sagte Yue.

Ein weiteres Problem sind die im Verhältnis zu den erwarteten Gewinnen milden Strafen.

„Wenn ich zehnmal betrüge und 500.000 Yuan (66.700 Euro) verdiene, und mich nur ein Opfer verklagt, dann geb ich ihm die 50.000 zurück und gehe für zwei Jahre ins Gefängnis“, sagte Sun Qiang, ein ehemaliger Trickbetrüger, der während der Geldabhebung von einem Bankautomaten, seiner Aufgabe innerhalb der Betrügerbande, verhaftet wurde.

„So habe ich noch 450.000 Yuan in zwei Jahren verdient, das ist ein gutes Geschäft“, so Sun.

Die Ortspolizei bestätigt das Problem. „Die Strafe für dieses Verbrechen ist zu niedrig. Viele Verbrecher sitzen ihre Gefängniszeit ab und werden dann zu Wiederholungstätern“, sagte ein Polizist.

Gemäß örtlicher Strafverfolgungsbehörden fehlt es den Beamten schlicht an der notwendigen Ausstattung, um sich zur Wehr zu setzen.

Ein anderer Polizist erzählte The Beijing News, dass, während Verhaftungen bei physischen Bargeldabhebungen gemacht werden, die Hauptverdächtigen und Rädelsführer hinter den Telefonleitungen sitzen und deshalb schwierig zu ermitteln sind.

„Sogar ich weiß nicht, wer der Rädelsführer ist“, sagte Sun.

Gesetzeshüter sagten, dass es an den richtigen Beziehungen mit Telekommunikationsunternehmen und Banken mangelt, um ihnen bei den Ermittlungen zu helfen.

„Die Zusammenarbeit mit diesen Sektoren ist schwierig, da sie viel Zeit in Anspruch nimmt und es sich um zeitempfindliche Fälle handelt“, sagte ein Ortspolizist.

Trotz dieser Sorgen hat sich ein örtlicher Beamter für eine andere Herangehensweise entschieden.

Sunzhuangs Dorffunktionär Yue hofft auf eine Ausrottung der Betrugsverbrechen durch Investitionen in die kommunale Infrastruktur. Mit den zugeteilten 400.000 Yuan (53.400 Euro) für die Armutserleichterung soll der Teich erneuert werden und Freizeitmöglichkeiten wie Basketballplätze und ein „Kulturzentrum“ geschaffen werden.

Es bleibt abzuwarten, ob diese Methode erfolgreich sein wird.

The Beijing News hat zu diesem Artikel beigetragen. 

Folgen Sie uns auf Facebook und Twitter !
German.people.cn, die etwas andere China-Seite.
Copyright by People's Daily Online. All Rights Reserved.