Ein Symbol für die „goldene Ära" der chinesisch-britischen Beziehungen
Die Regierung Cameron war ein aktiver Förderer der britisch-chinesischen Zusammenarbeit und empfing im letzten September Staatschef Xi Jinping im großen Stil zu einem Staatsbesuch. Bei diesem Besuch wurde ein Handels- und Investitionsabkommen über mehr als 30 Milliarden Pfund abgeschlossen, in dem es um die Bereiche Kreativwirtschaft, Einzelhandel, Energie, Gesundheit, Technologie, Finanzdienstleistungen, Luft- und Raumfahrt sowie Bildung ging. Damals hat die CGN mit EDF ein Abkommen über die gemeinsame Investition in Hinkley Point C unterzeichnet. Zudem beschloss man, die beiden Folgeprojekte Sizewell C und Bradwell B gemeinsam voranzutreiben. Nach dem Abkommen halten die CGN und EDP jeweils 33,5% und 66,5% der Anteile an Hinkley Point C. Von chinesischer Seite wurden 6 Milliarden Pfund investiert. Zuvor hatte der damalige britische Finanzminister Osborne bei einem Chinabesuch bekanntgegeben, dass die Regierung für dieses Projekt ein Starkapital von 2 Milliarden Pfund (ca. 3,1 Milliarden USD) bereitstellen würde. Damit wurde das Tor für dieses beispiellose chinesisch-britische Bauprojekt aufgestoßen. International ist man weitestgehend der Meinung, der erfolgreiche Staatsbesuch Xi Jinpings in Großbritannien habe eine „goldene Ära" für die chinesisch-britischen Beziehungen eingeleitet und das Chinesische Investement in Hinkley Point sei ein richtungsweisendes Ergebnis dieser „goldenen Ära". Xi Jinping bewertete diese Zusammenarbeit in einem Interview mit Reuters überaus positiv. Er wies darauf hin, dass Hinkley Point ein Produkt der dreiseitigen Zusammenarbeit zwischen China, Großbritannien und Frankreich sei. Er hoffe, dass die Unternehmen aus diesen drei Ländern ihre jeweiligen Vorzüge in vollem Maße einbringen können, um das Projekt zum Nutzen der britischen Bevölkerung reibungslos umzusetzen.
Ein Schatten liegt über den britisch-französischen Beziehungen
Frankreich ist ein wichtiger Teilnehmer am Projekt Hinkley Point. EDF hält 66,5% der Anteile und ist für den kompletten Bauvorgang verantwortlich. Auch der Druckwasserreaktor für das Kernkraftwerk stammt aus Frankreich. Es ist das größte EPR Projekt in Europa und aus französischer Sicht ein Vorbild für die Verbreitung fortschrittlicher französischer Kernkrafttechnik in anderen Regionen.
Die chinesische und die französische Regierung haben letztes Jahr ein Abkommen zum „Beginn der Kooperation auf Drittmärkten" erzielt. Beide Seiten wollen ihre jeweiligen Stärken nutzen, um in Drittländern zu kooperieren. Hinkley Point ist eine konkrete Umsetzung dieses Abkommens und hat großen Modellcharakter.
Seit dem letzten Jahr hatte EDF die Entscheidung, ob man am Projekt Hinkley Point teilnimmt, aufgrund interner finanzieller Probleme immer wieder herausgeschoben. Seit Theresa May Premierministerin ist, hat EDF scheinbar erkannt, dass die neue Regierung die positive Einstellung der Vorgängerregierung möglicherweise nicht teilt und die Zukunft von Hinkley Point wenig rosig aussieht. Daraufhin hat das Unternehmen, unterstützt durch die französische Regierung, den Entscheidungsprozess beschleunigt und die für den September anberaumte Abstimmung des Vorstandes auf den 28. Juli vorverlegt (nur wenige Stunden bevor die britische Regierung bekanntgab, dass sie die Entscheidung aufschiebt) und der Vorstand entschied zugunsten eines Projektbeginns.
Nachdem Frankreich grünes Licht gab, schaltete Großbritannien auf Rot. Berichten zufolge hat Premierministerin Theresa May am 21.07. beim Treffen mit Frankreichs Präsident Hollande deutlich zum Ausdruck gebracht, dass mehr Zeit nötig sein, um die Pläne zu überprüfen. Die britische Regierung werde nicht aufgrund einer Zustimmung durch EDF „automatisch dem Abkommen zustimmen". Am 27. Juli übermittelte sie die Entscheidung offiziell in einem Telefonat mit dem französischen Präsidenten. Zum ersten Mal seit der Brexit-Abstimmung legte sich ein Schatten über die britisch-französischen Beziehungen.