Erstaunt über den Abverkauf chinesischer Aktien schauen die Börsenhändler derzeit erwartungsvoll in Richtung der Chinesischen Zentralbank (CZB), von der sie sich eindeutige Signale für die zukünftige Entwicklung des Aktienmarktes erhoffen.
Investoren sind der Meinung, dass die meisten Instrumente, die sich auf Chinas Aktien auswirken, bei der chinesische Zentralbank selbst liegen.
Die Frage, ob die chinesische Währungsbehörde zu diesem Zweck den Yuan stabilisiert, ohne die erhoffte Entspannung beim Mindestreservesatz der Banken – der derzeit bei etwa 15-17 Prozent liegt – einzuschränken, wäre dabei von besonderer Bedeutung, sagten Analysten.
Der diesjährige Abverkauf – vor allem in der letzten Januarwoche – kam überraschend, weil es keine Anzeichen für eine deutliche Verschlechterung der chinesischen Wirtschaft gegeben hatte.
In der Tat hat Beijing betont, angebotsorientierte Reformen zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums anzustreben. Doch die Stimmung bei den Anlegern ist nach wie vor prekär, und nur wenig deutet auf eine baldige Besserung hin.
Der Kurs des Shanghai Composite Index ist in der letzten Woche um 6 Prozent gefallen.
Und diese Woche könnten sich die Ängste intensivieren, dass jedwede Stabilisierungsmaßnahme des Yuan sowie Begrenzungen der Kapitalexporte die Fähigkeit der chinesischen Notenbank, die geldpolitischen Zügel zu lockern, potenziell beschränken dürften. Und ohne deren ausreichende Lockerung würde eine harte Landung der Wirtschaft zu einer durchaus realistischen Möglichkeit, was die Investoren erschrecken könnte.
Letztere warten schon seit einiger Zeit auf solche Lockerungen. Doch die Zentralbank hat diese Hoffnungen bisher immer durch den Rückgriff auf Mittel der Offenmarktpolitik – inklusive Rückkaufgeschäften – zunichte gemacht, um den kurzfristigen Liquiditätsdruck zu beruhigen. Einige sahen die Offenmarktpolitik als Alternative zu der erhofften Reduktion des Reservesatzes.
„Der Spielraum für weitere geldpolitische Lockerungen ist geschrumpft.... Der Wertverlust des Yuan ist zum wichtigsten Faktor geworden, der die Geldpolitik einschränkt", sagt Jing Sijie, Analyst bei BOC International. „Der Markt beobachtet ganz genau, wie die Politik das Dilemma lösen will."
Einige ausländische Investoren haben ihre Exposition gegenüber dem chinesischen A-Aktienmarkt deutlich reduziert, während sie sehnsüchtig auf die weiteren geldpolitischen Schritte der CZB, insbesondere ihre Wechselkurspolitik, warten.
„Die meisten Investoren, mit denen wir sprachen, wünschten sich, dass die CZB die Qualität ihrer Kommunikation mit den internationalen Anlegern weiter verbessert. Viele Anleger haben angesichts eines von ihnen wahrgenommenen Mangels an Transparenz die Risiken in ihren Portfolios verringert. Einige Investoren wiesen darauf hin, dass die meisten der geldpolitischen Werkzeuge, die Auswirkungen auf die Kurse der Aktien in China und Hongkong hätten, ebenfalls unter der Kontrolle der CZB stünden", sagte Wendy Liu, für China zuständige Strategin bei Nomura Securities.
Liu stellte fest, dass die Fortschritte der angebotsorientierten Reformen wahrscheinlich eine positive Überraschung für die Anleger sein werden, wenn zum Nationalen Volkskongresses im März weitere Informationen bekannt werden.
„Aber es ist noch recht früh, wenn man die Auswirkungen von Wachstum, Beschäftigung und Kreditausfällen auf die Preisbildung berücksichtigen will... die meisten Investoren sagen, dass der Abbau von Überkapazitäten – oder genauer: die Schließung ineffizienter Staatsunternehmen – in China schon seit Jahren diskutiert werden, ohne dass bisher irgendetwas passiert sei. Die meisten haben daher eine 'Ich glaube es erst, wenn ich es sehe'-Haltung entwickelt", sagt Liu.
Die Investoren werden auch die zukünftigen Schritte Federal Reserve der USA genau beobachten, weil sie glauben, dass die US-Zinspolitik weiterhin eine starke Triebfeder für die Marktpreise auf der ganzen Welt sind.
Die Fed hielt die Zinsen nach ihrer Konferenz letzten Woche unverändert und sagte, dass sie die globale wirtschaftliche und finanzielle Entwicklung „aufmerksam beobachtet".