×
×
        Über uns
WAP/PAD
Startseite>>Kultur und Gesellschaft

Ein oder zwei Kindlein, das ist hier die Frage

(German.people.cn)
Freitag, 06. Januar 2017
Folgen Sie uns auf
Schriftgröße

Zugang zum Bildungs- und Gesundheitswesen, Finanzierbarkeit frühkindlicher Betreuung und etwaige Gesundheitsrisiken sind die Hauptbedenken für Paare in China, die ein zweites Kind in Erwägung ziehen.

Obwohl es oft als eines der drakonischen Gesetze Chinas bezeichnet wurde, hat die Ein-Kind-Politik, welche Ende der 1970er Jahre eingeführt und Anfang 2016 beendet wurde, das erreicht, wofür sie gedacht war: die Zügelung des Bevölkerungswachstum eines bereits großen Landes. Nach mehr als drei Jahrzehnten des wirtschaftlichen Wachstums steht das Land vor einem neuen demografischen Problem: China wird voraussichtlich alt werden, bevor es reich werden kann.

Der 37-jährige Shi Hua war überglücklich, als seine zweite Tochter letzten Monat geboren wurde. Weniger erfreut ist er jedoch über die Auswirkungen auf die Jahresausgaben der Familie durch das zweite Kind. Er schätzt, dass der Familienzuwachs jedes Jahr rund 20.000 Yuan (rund 2.700 Euro) kostet werde.

„Geld ist nicht einmal unsere größte Sorge. Wir sind mehr darum besorgt sicherzustellen, dass unsere Kinder an den besten staatlichen Schulen aufgenommen werden“, erklärt Shi. „Wenn man zwei Kinder hat, bedeutet das, dass keines allein aufwächst. Auch wenn die Regierung es erlauben würde, hätte nicht gerne noch ein weiteres. Zwei sind mehr als genug.“

Seit dem 1. Januar 2016 können alle verheirateten Paare in China zwei Kinder haben. Gemäß einer früheren Lockerung der Politik im Jahre 2013 war es Paaren erlaubt, ein zweites Kind zu haben, falls beide Elternteile selbst Einzelkinder waren.

Trotz dieser Maßnahmen und Zuschüsse für ethnische Minderheiten und ländliche Paare ist China mit einem Mangel an Arbeitskräften konfrontiert. 2015 gab es in der Volksrepublik etwas mehr als eine Milliarde Menschen im erwerbsfähigen Alter, aber diese Zahl wird sich bis 2030 voraussichtlich auf 958 Millionen und bis 2050 auf 827 Millionen verringern, wie die „Chinese Family Planning Association“ (CFPA) prognostiziert, ein Mitglied des internationalen Dachverbands für Bevölkerungspolitik.

Laut dem stellvertretenden Direktor der Staatlichen Kommission für Gesundheit und Familienplanung, Wang Pei’an, hat die Regierung in Anbetracht des demografischen Wandels beschlossen zu handeln, da das Land nicht mehr länger ohne eine Anpassung der Familienplanungspolitik ausgekommen ist.

Das Wagnis abwägen

Eine Tochter und ein Sohn bilden das chinesische Schriftzeichen für „gut“. Obwohl die 34-jährige Zheng Juan, die in Tianjin lebt und arbeitet, ein zweites Kind möchte, um ein ausgewogenes „gut“ zu erreichen, hat sie weder die Absicht noch die Unterstützung, um ihre Familie zu erweitern.

„Meine Eltern haben sich seit der Geburt meiner Tochter 2011 um sie gekümmert, da mein Mann und ich beide arbeiten“, erklärt Zheng. „Sie sind zu alt, um sich um ein weiteres Kind zu kümmern und wir können uns ein Kindermädchen nicht leisten.“

Wie für Shi ist Bildung auch für Zheng ein wichtiges Anliegen. Um sicherzustellen, dass ihre Familie im Einzugsgebiet für eine gute Grundschule wohnt, kaufte Zheng letztes Jahr eine 2,5 Millionen Yuan (rund 343.000 Euro) teure Wohnung in der Nähe von ihrem Büro, so dass sie die Schule fußläufig erreichen kann.

Einer Studie des Allchinesischen Frauenverbands unter 10.000 Familien mit Kinder unter 15 Jahren aus zehn Provinzen zufolge wollen 53,3 Prozent der Befragten kein zweites Kind.

Die Schlüsselfaktoren der meisten Eltern bei der Entscheidung über ein zweites Kind sind die Qualität der Schule, Kinderprodukte, Umwelt sowie der Zugang zu medizinischen Einrichtungen. Andere wichtige Überlegungen umfassen die Sicherheit der Mutter bei einer späteren Schwangerschaft und ob sich die Kinderbetreuung vor dem Kindergartenalter finanzieren lässt.

Laut Chen Xiaoxia, Leiterin des Kinder-Geschäftsbereichs beim Frauenverband, sind finanzielle Erwägungen allein dafür verantwortlich, dass eine beträchtliche Zahl von Familien „sich nicht traut oder nicht wünscht“ ein zweites Kind zu haben. „Familien mit einem zweiten Kind stehen vor neuartigen Herausforderungen. Sie brauchen Beratung und Führung“, so Chen.

Jetzige und zukünftige Unterstützung

Im ersten Halbjahr 2016 wurden 8,31 Millionen Säuglinge geboren und damit 6,9 Prozent mehr als im Vorjahr. Diese Neugeborenen waren zu 44,6 Prozent ein zweites Kind, was laut CFPA einem Anstieg um 6,7 Prozent entspricht. Seit Dezember 2015 haben sich rund 30.000 Frauen registriert, um ein Kind in Beijing zu bekommen, doch die Stadt bietet lediglich 4.900 Betten für Entbindungen und kann nur insgesamt 25.000 Frauen versorgen. Nach dem „Statistischen Jahrbuch für Gesundheit 2015“ der „Beijing Union Medical College Press“ gibt es in China nur jeweils 0,43 Kinderärzte für 1.000 Kinder.

Die Lockerung der Familienplanungspolitik bedeutet, dass China bis 2020 insgesamt 89.000 zusätzliche Entbindungszimmer und weitere 140.000 Geburtshelfer benötigt, wie die Staatliche Kommission für Gesundheit und Familienplanung feststellt.

Verschiedene Provinzen haben bereits in Angriff genommen, solche Frauen vermehrt zu unterstützen, die ein zweites Kind haben wollen. Die Pläne umfassen beispielsweise längere bezahlte Elternzeit.

In entwickelten Ländern, wo Frauen die Möglichkeit für ein gleiches Bildungsniveau und Gehalt wie ihre männlichen Kollegen haben, hat sich der Lebensstil junger Menschen – und ihr Interesse an Heirat oder Elternschaft – radikal verändert, wodurch viele Frauen mit dem Kinderkriegen warten, bis sie 30 Jahre alt sind oder es gar nicht angehen.

Die Zwei-Kind-Politik ist „nicht das Ende“ der Familienplanungsreform, wie der „Bericht über Chinas Bevölkerungs- und Arbeitslage“ der Chinesischen Akademie für Sozialwissenschaften im späten November 2016 feststellte.

Um der Falle niedriger Geburtenraten zu entgehen, wird China den demografischen Daten weiter Beachtung schenken und gegebenenfalls Maßnahmen ergreifen, falls die Familienplanungspolitik weiter gelockert werden muss. Die jüngsten Reformen sind nichts anderes als der Beginn einer neuen Ära.

Folgen Sie uns auf Facebook und Twitter !
German.people.cn, die etwas andere China-Seite.
Copyright by People's Daily Online. All Rights Reserved.