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Deutschland hilft China bei den Vorbereitungen zur vierten industriellen Revolution

(German.people.cn)
Freitag, 28. Oktober 2016
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Anlässlich der Besuchsreise des deutschen Wirtschaftsministers in der kommenden Woche führte Global Times ein Interview mit dem Botschafter Deutschlands in China. Michael Clauss sprach über Globalisierungstendenzen und die wirtschaftliche Zusammenarbeit der beiden Länder.

Der deutsche Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel wird nächste Woche zusammen mit einer 60-köpfigen Delegation für Beratungen nach Beijing kommen, die wahrscheinlich das bilaterale Investitionsumfeld thematisieren. Der Besuch erfolgt kurz nach der jüngsten Kontroverse bezüglich der chinesischen Übernahme von Aixtron, eines Produzenten von Anlagen zur Herstellung von Verbindungshalbleitern.

Die Reise ereignet sich auch inmitten einer neuen Welle globalisierungskritischer Stimmungen, der Schwierigkeiten des geplanten Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada sowie der Sackgasse, in der sich das umstrittene Handelsabkommen zwischen der EU und den Vereinigten Staaten namens Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft befindet.

Liu Caiyu, Reporter von Global Times, sprach in einem exklusiven Interview mit Michael Clauss, dem deutschen Botschafter in China, über Globalisierungstendenzen und die wirtschaftliche Zusammenarbeit der beiden Länder.

Frage: Wie beurteilen Sie die aktuellen bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und China, insbesondere die wirtschaftlichen Beziehungen?

Clauss: Die deutsch-chinesischen Beziehungen befinden sich in einem guten Zustand und entwickeln sich weiter. Ein sehr erfolgreicher Staatsbesuch unseres Bundespräsidenten in diesem Jahr und drei erfolgreiche Besuche unserer Bundeskanzlerin Angela Merkel innerhalb von 11 Monaten unterstreichen das gegenseitige Vertrauen und die Bedeutung, die wir den bilateralen Beziehungen beimessen. Auf der wirtschaftlichen Ebene sowie im Handel und bei bilateralen Investitionen hat unsere Zusammenarbeit ein sehr hohes und reifes Niveau erreicht. Deutschland ist Chinas Hauptwirtschaftspartner in Europa, China Deutschlands Hauptwirtschaftspartner in Asien.

Ich bin sehr hoffnungsvoll, dass der positive Trend der letzten 30 Jahre in die Zukunft projiziert werden kann. Laut europäischen Daten stiegen unsere bilateralen Exporte und Importe in den ersten sechs Monaten dieses Jahres. Vor dem Hintergrund des schwachen globalen Wachstums und Handels verdeutlichen diese Tatsachen die Tiefe und Kraft unserer Beziehungen als globale Schwergewichte der Produktion und des Handels.

Was sind die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen?

Wir beobachten eine wachsende Tendenz der Asymmetrie: Im letzten Jahr hatten wir ein großes Handelsdefizit mit China, fast 20 Milliarden Euro. Die Handelsbeziehungen waren früher ausgewogener. Zudem hatten wir dieses Jahr mehr als 9,2 Milliarden Euro chinesische Investitionen in Deutschland, fast zwanzig Mal höher als letztes Jahr. Ein Großteil dieser Investitionen bezieht sich auf Übernahmen deutscher Hightech-Unternehmen. Deutsche Firmen in China betreiben dagegen hauptsächlich Greenfield-Investitionen, errichten neue Fabriken und schaffen neue Arbeitsplätze.

Die wichtigste Herausforderung der Zukunft wird das Erreichen einer größeren Reziprozität sein. Wenn deutsche Unternehmen chinesische Firmen insbesondere im Technologiesektor kaufen könnten, dann könnten wir das volle Potenzial unserer Partnerschaft besser erschließen. Allgemeiner betrachtet benötigen wir einheitliche Wettbewerbsbedingungen, ordnungspolitische Stabilität und effektiven Rechtsschutz durch die Anerkennung und Vollstreckung von Verträgen und Rechten.

Wie bewerten Sie Deutschlands Fortschritte bezüglich der Einführung einer Industrie 4.0 in der deutschen Wirtschaft?

Wir glauben, dass die Industrie 4.0 tatsächlich eine vierte industrielle Revolution, nicht nur eine stückchenweise Veränderung bestimmter Fertigungsverfahren sein wird. Daher arbeiten wir an der Verbesserung unserer IT-Infrastruktur, weil sie ein entscheidender Anziehungsfaktor für Investitionen und Arbeitsplätze sein wird. Wir starten die Ausbildung 4.0, denn Beschäftigte aller Berufe müssen IT-tüchtig sein und mit Robotern arbeiten können. Zudem unterstützen wir die Forschung in Bereichen wie technische Standards, IT-Sicherheit und Chancen für kleine und mittlere Unternehmen aus Deutschland.

Unsere Fortschritte bei der Einführung der Industrie 4.0 in Deutschland erfassen nun auch unsere Partnerschaft mit China. Wir haben eine Kommission für die Standardisierung dieses Effekts eingesetzt. Deutsche Unternehmen investieren wesentlich in die chinesische Industrie 4.0. Das bekannteste Beispiel ist die Siemens Fabrik 4.0 in der Nähe von Chengdu, Provinz Sichuan, wahrscheinlich die modernste Fertigungsstätte Chinas.

Wie bewerten Sie die aktuelle Zusammenarbeit bei der Einführung der Industrie 4.0 und Made in China 2025?

Fortschritte wurden erreicht, was wir in Bezug auf neue Einrichtungen sehen können. Am 18. Oktober besprachen wir hier in Beijing mit mehr als 30 Unternehmen im Rahmen einer gemeinsamen Arbeitsgruppe Fragen der Datensicherheit und des Schutzes von Rechten an geistigem Eigentum. Ende dieses Monats wird das „Deutsch-Chinesische Symposium für intelligente Produktion / vernetzte Fertigungsverfahren 2016” und der „1. Jahreskongress für intelligente Produktion und vernetzte Fertigungsverfahren“ in Berlin stattfinden. Auf der praktischen Seite können wir Möglichkeiten konkreter Zusammenarbeit in so genannten Prüfständen erforschen, die als Pilotprojekte dienen.

Eine wichtige Herausforderung ist die Datensicherheit. Für die Digitalisierung der Produktion müssen riesige Ströme an Industriedaten auch über Grenzen hinweg verarbeitet werden. Dies verlangt äußerst schnelle Verbindungen und glaubwürdigen Schutz vor äußerer Einflussnahme oder Diebstahl. Chinas Internetsicherheits-Gesetzgebung und andere Verordnungen werden die Geschwindigkeit der Umsetzung beeinflussen. Ich habe den Eindruck, dass deutsche Unternehmen die riesigen Chancen der Zusammenarbeit mit China – wenn diese Herausforderungen angegangen werden - vollständig begriffen haben.

In Bezug auf die Globalisierung und Global Governance, was sind die gemeinsamen Anstrengungen, mit denen Deutschland und China beitragen können?

Deutschland wird im Dezember die G20-Präsidentschaft von China übernehmen und den Gipfel im Juli 2017 in Hamburg ausrichten. Beide Seiten arbeiteten umfassend an den Themen Chinas erfolgreicher Präsidentschaft. Deutschland wird Chinas gute Arbeit, unter anderem für die weltweite Innovation, die nachhaltige Entwicklung und ein offenes Handelssystem fortsetzen. Deutschland und China teilen auch den Standpunkt, dass Strukturreformen, die Innovation ermöglichen, die beste Methode für das Erreichen eines nachhaltigen Wachstums sind, und dass wir die Grenzen des billigen Geldes und lockerer Kredite zur Erzeugung von Wachstum erreichen. Bezüglich der Global Governance, einschließlich der finanziellen Steuerung, befürworte ich voll und ganz, dass China in Übereinstimmung mit seiner wichtigen Bedeutung für die Weltwirtschaft ein größeres Gewicht gegeben wird.

Wie sollten beide Länder auf neue Tendenzen gegen die Globalisierung reagieren?

Deutschland und China haben als führende Handels- und Produktionsnationen mehr als die meisten anderen Länder von der Globalisierung profitiert. Wir brauchen dringend Signale der Offenheit. Greifbare Fortschritte bei Investitionsverhandlungen mit der EU wären ein solches Signal. Eine gerechte Lösung der Frage von Chinas Marktwirtschaftsstatus, die auch auf das Problem von Überkapazitäten eingeht, wäre ein weiteres. Drittens, ein besserer Marktzugang für ausländische Unternehmen.

Die momentan vielleicht beunruhigendsten politischen Trends sind eine zunehmende Isolationspolitik und die Angst vor unbeabsichtigten Nebenwirkungen der Globalisierung. Beide Strömungen füttern sich durch die Schuldzuweisung eigener Probleme auf andere. Wir können beide unseren Teil tun, um diesen Tendenzen zu begegnen.

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