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Zusammenarbeit für die Zukunft des chinesischen Fußballs

(German.people.cn)
Freitag, 21. Oktober 2016
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Text/Bild von Yu Hongkuang, Beijing

Auf der Suche nach dem besten Entwicklungsweg für den chinesischen Fußball und der Überwindung von Hemmnissen kooperiert Sport8 seit diesem Monat mit Borussia Dortmund. Bei einem Mediensymposium des chinesischen Unternehmens in Beijing wurde der Zustand der Fußballkultur erörtert, Probleme und Lösungsansätze diskutiert.

Anlässlich der Kooperation zwischen Sport8 und Borussia Dortmund fand am gestrigen Donnerstag ein Mediensymposium im China Club Beijing statt. Die Kooperationsvereinbarung für eine „Partnerschaft zur Entwicklung des Jugendfußballs“ wurde bereits am 14. Oktober unterzeichnet. Das 2014 gegründete Unternehmen „Sport 8 International“ beschreibt sich selbst als „Online-to-offline-Plattform zur Verankerung des Fußballs in der chinesischen Gesellschaft und Kultur“. Der Austausch mit ausländischen Trainern und Clubs soll den chinesischen Nachwuchsfußball fördern und den Aufbau von Vereinsstrukturen beschleunigen. In Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Bildung organisiert Sport8 die Fortbildung Tausender Sportlehrer im Fußballunterricht. Das Ministerium, welches 2014 die Zuständigkeit von den Sportbehörden übernommen hatte, plant zudem regelmäßige Fußballturniere innerhalb und zwischen den Schulen. Der BVB arbeitet wie auch der FC Bayern an seiner Internationalisierung, der Förderung und Erschließung des chinesischen Fußballmarkts. Eingeladen waren neben der BVB-Legende und jetzigem Nachwuchskoordinator Lars Ricken sowie dem Marketing-Direktor Carsten Cramer ehemalige Spieler aus China und Japan.

Fußball verbindet die Welt: Lars Ricken (Dritter von links), Carsten Cramer (Vierter von links), Bai Qiang (Mitte).

Huang Jianxiang, der vermutlich bekannteste chinesische Fußballkommentator und Gründungsmitglied von Sport8, führte durch die Veranstaltung. Er bedankte sich bei den Dortmundern für die Einblicke in die deutsche Vereinswelt, betonte deren Bedeutung für die fußballerische Entwicklung chinesischer Jugendspieler. Interviewsequenzen mit Eltern von Nachwuchstalenten verdeutlichten ihre Bedenken. Sie alle unterstützen die Passion ihrer Kinder, sorgen sich aber um die zukünftige Ausbildung und Berufschancen.

Bai Qiang, Internetunternehmer und ebenfalls Gründungsmitglied von Sport8, fragte rundheraus, warum China noch immer „so schlecht Fußball spiele“. Die Fehler wurden zunächst bei den Spielern und dann bei den Trainern, werden aber erst jetzt in der Gesellschaft gesucht. Fußball benötigt gesellschaftliche Unterstützung und Infrastruktur. In diesen Bereichen kann China laut Bai von der deutschen Fußballwelt lernen. Sport8 hat sich zum Ziel gesetzt, die Eltern und Jugendlichen von der Zukunftsfähigkeit des Fußballs zu überzeugen, will daher den Austausch verstärken und für eine Verankerung in den Schulen sorgen. Aufgrund des chinesischen „Bevölkerungsbonus“ sollte die Breitenförderung viele Talente hervorbringen.

Lars Ricken, der zum ersten Mal nach China gereist war und seit 2007 die Nachwuchsarbeit des BVB leitet, sprach über seine eigene Fußballgeschichte. Der Höhepunkt seiner Karriere, der spielentscheidende Treffer im Champions League-Finale am 28. Mai 1997 gegen Juventus Turin und „Tor des Jahres“ 1997 sowie „BVB-Tor des Jahrhunderts“, vermittelte Einblicke in die Fußballwelt Deutschlands. Die Bedeutung des beeindruckenden Torschusses, eine Bogenlampe aus 25 Metern über den Torwart hinweg, ergibt sich aus der Bindung Rickens an seinen Verein: „Ich wurde in Dortmund geboren, wuchs dort auf und mein Vater war BVB-Fan. Ich wollte daher schon immer bei Dortmund spielen und war sehr stolz auf das Tor.“ Vereinsbindung und die Etablierung von Fußball in der Gesellschaft muss in China erst noch wachsen. Ricken lobte die technischen Qualitäten chinesischer Spieler und machte auf einen Mangel an Kreativität in schwierigen Situationen, etwa unter Druck des Gegners, aufmerksam.

Laut Carsten Cramer bietet die Vereinsgeschichte des BVB viele Ansätze, die den chinesischen Fußball befruchten könnten: „In der 1,3 Milliarden umfassenden Bevölkerung Chinas existiert ein reges Interesse am Fußball. Wir können den Menschen unsere besondere Geschichte erzählen, die möglicherweise auch Übereinstimmungen mit chinesischen Gewohnheiten und Grundhaltungen aufweist“. Er betonte das Interesse Dortmunds an einer nachhaltigen, gleichberechtigen Partnerschaft zum gegenseitigen Nutzen, möchte beraten und unterstützen.

Der ganzheitliche Ansatz von Sport8 erstreckt sich von der Analyse mittels „Big Data“ über die Popularisierung mithilfe eigener Mobiltelefon-Software bis hin zum Ausbau des Fußballunterrichts an chinesischen Schulen und der Förderung spezieller Sportschulen. Nach Ansicht aller Anwesenden ist die Veränderung des gesellschaftlichen Rahmens ein langfristiger Prozess, der bereits begonnen hat und mindestens zehn Jahre benötigen wird. Nach dieser Übergangszeit, die Geduld vonseiten der Fans erfordert, werden die Ansichten über den chinesischen Fußball weit positiver ausfallen. In Japan hat dieser Prozess früher begonnen, weshalb heute mehr als zehn japanische Profis in Deutschland spielen. Im Vordergrund der Bemühungen von Sport8 steht daher die Nachwuchsförderung als lohnende Investition.

Die Entwicklungs-Hemmnisse für den chinesischen Fußball sind laut Bai oft grundsätzlicher Natur. Chinesische Schulen zögerten etwa aufgrund ungeklärter Zuständigkeitsverhältnisse im Falle von Sportverletzungen mit der Integration von Fußball in ihren Lehrplan. Die Talentförderung scheitert nicht selten an der Bereitschaft der Eltern, die aufgrund der Fixierung der chinesischen Gesellschaft auf schulische Leistungen, insbesondere auf das Nationale Examen zur Hochschulaufnahmeprüfung, und den sozialen Folgen der seit 2015 aufgehobenen Ein-Kind-Politik die Risiken einer sportlichen Laufbahn ihres einzigen Kindes nicht mittragen wollen.

Ricken ließ diese Argumente auf Nachfrage bei einem späteren Gruppeninterview nicht gelten, erläuterte stattdessen Lösungsansätze des BVB: „Mit der chinesischen Ein-Kind-Politik kenne ich mich nicht aus, aber ich glaube Kinder gibt es hier immer noch genug. Deutschland besitzt ebenfalls ein stringentes Schulsystem, wobei in manchen anderen Ländern Jugendliche schon ab dem 16. Lebensjahr wie Vollprofis trainieren können. Ganz wichtig ist die Kooperation zwischen Schulen und Fußballvereinen. Bei uns gibt es die sogenannten Eliteschulen des Fußballs. Wir trainieren normalerweise nach 18 Uhr, durch die Kooperation mit den Schulen, auch staatliche Schulen, können wir allerdings zweimal die Woche morgens mit den Spielern trainieren. Wenn wir unterwegs sind, mit der Nationalmannschaft oder im Rahmen der Youth-League, nehmen wir meistens Lehrer mit, so dass Klausuren vor Ort geschrieben werden können. Die Eltern sind uns dankbar und vom Entwicklungsweg ihrer Kinder begeistert, da wir sie nicht nur zu den besten Spielern machen wollen, sondern auch extrem viel Wert auf den bestmöglichen Schulabschluss legen. Ergänzend beschäftigen wir auch Sozialpädagogen, Psychologen und Nachhilfelehrer. Das Zusammenspiel zwischen Vereinen, Schulen und Eltern funktioniert in Deutschland ganz gut.“

Auf die Frage nach seinen Kriterien für die Auswahl begabter Nachwuchsspieler antwortete Ricken: „Drei Dinge. Erstens, die Geschwindigkeit. Sie müssen schnell spielen und reagieren können. Zweitens, die technischen Fähigkeiten. Diese werden allerdings vor allem durch unsere Trainer vermittelt, so dass sie bei der Erstauswahl weniger wichtig sind. Drittens, die Mentalität. Sie müssen aufgrund der Doppelbelastung durch die schulische und fußballerische Ausbildung konzentriert und diszipliniert sein.“ 

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