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Schulen: Bildung, Leistung und Erziehung

(German.people.cn)
Freitag, 30. September 2016
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Von Chen Hongyan, Shanghai

„Schulen sind Grundsteine einer Gesellschaft. Wir dürfen uns nicht damit zufriedengeben, dass wir über gute Schulen verfügen, sondern müssen Wege und Mittel finden, dass alle Schulen gleich gut sind.“ Mit diesem Bildungsideal begrüßte Dr. Jiang Feng, Vorsitzender des Universitätsrats der SISU am 24. September alle Teilnehmer zum internationalen Symposium „Schulen: Bildung, Leistung und Erziehung“.

Der Einladung des Informations- und Forschungszentrums für deutsche Bildungs- und Wissenschaftspolitik der SISU folgend, kamen Teilnehmer aus den Bereichen Politik, Wissenschaft und Forschung sowie aus dem Medienbereich am vergangenen Wochenende zusammen, um über Schulpolitik und -praxis sowie über Zukunftsperspektiven und Herausforderungen zu sprechen.

Frau Annette Schavan referierte aus ihrer langjährigen Erfahrung als Bundesministerin für Bildung und Forschung, dass bei der Gestaltung der Schul- und Bildungspolitik pädagogisches Denken statt Parteiprogramm und gesellschaftlichen Trends in den Vordergrund gestellt werden sollte, damit es genügend pädagogischen Raum für Pädagogen als Kulturschaffende und Experten für Lernen gebe. Hoffe man auf gute Schulen, müsse man gute Lehrer ausbilden, den interkulturellen Dialog ins Auge fassen und die veränderte Lernkultur beachten. Bildung sei ein wichtiger Schlüssel zur Integration der Migrantenkinder, könne aber nicht als allgemein gültiges Heilmittel betrachtet werden, meinte sie in der Diskussion.

Herr Zhan Tao, Leiter des Informationszentrums des chinesischen Bildungsministeriums kam auf die Wanderbewegung der Schüler in den letzten zwei Jahren in China zu sprechen und stellte das Educational Management Information System (EMIS) vor. In Großstädten wie Shanghai kämen nur ca. 60% aller Schüler aus Shanghai. Die Schüler, die aus anderen Provinzen kämen, hätten dann beispielsweise doppelte Chancen bei der Aufnahmeprüfung zum Hochschulstudium – sowohl in der Heimatstadt als auch in Shanghai. Mit der Einführung von EMIS bekomme jedes Kind eine ID, die es vom Kindergarten bis zur Universität begleitet. Damit sollten die Subventionen des Staates besser verteilt werden und die Kinder und Jugendlichen hätten auch mehr Chancengleichheit.

Da ein solches Projekt in dieser Dimension in Deutschland nicht vorhanden ist, wurde der Vortrag mit großer Aufmerksamkeit verfolgt. Man stellte aber fest, dass die erhobenen Daten sowohl in China als auch in Deutschland aus Datenschutzgründen nicht veröffentlicht werden. Diese Feststellung bestätigte Dr. Liu Lixin, Vizedirektor des Forschungsinstituts für Berufsbildung des chinesischen Bildungsministeriums aus seiner beruflichen Erfahrung.

Seit 1997 wird PISA in Deutschland durchgeführt. 2009 nahmen erstmals auch chinesische Schüler an PISA teil. Wie die Testergebnisse im jeweiligen Land wahrgenommen wurden und welche Auswirkungen sie hatten, legten Prof. Erich Thies, ehemaliger Generalsekretär der Kultusministerkonferenz (KMK) der BRD, Dr. Li Yi, Dozentin der SISU und Thomas Kerstan, Chefredakteur der Zeit, aus verschiedenen Perspektiven dar. Obwohl die deutschen Schüler bei der Prüfung nicht so gut abgeschnitten hätten, herrsche ein breiter Konsens vor, dass Deutschland weiter daran teilnehmen sollte, da PISA die Möglichkeit gebe, den eigenen Standort zu bestimmen. In China gab es auch Selbstreflexionen über die Erfolgserfahrungen, aber insgesamt fehlten noch intensive, zukunftsweisende Analysen des Befundes.

Dazu meinte Dr. Jiang Feng, dass die Auseinandersetzung mit PISA zu erkennen gebe, dass beide Länder der Schulerziehung und -bildung hohen Wert beimessen. In Deutschland würden durch PISA Reformmaßnahmen veranlasst, da man glaubte, dass die deutschen Kinder generell zu wenig lernten, während man in China Bedenken hätte, dass die Schulreform sich nicht mehr durchsetze, da man noch gute Leistungen bei PISA erzielen möchte. Dabei könnten Deutschland und China vieles gemeinsam bewältigen, um die Schulbildung effizienter zu gestalten.

Während PISA eine internationale Vergleichbarkeit herstellt und als Maßstab für die Schulleistung gilt, können die Schülerfeedbacks wohl die Leistung der einzelnen Gruppen in der Schule steigern. Prof. Hans Anand Pant der Humboldt-Universität zu Berlin zeigte an einem Selbstevaluationsportal in Berlin-Brandenburg, wie die Schülerfeedbacks funktionieren und welche potentiellen Funktionen sie besitzen. Da die Evaluationsergebnisse nur dem Klassenlehrer zugänglich seien, wären sie ein nützliches Hilfsmittel für die Unterrichtsentwicklung.

Dr. Mao Xiaohong, Redakteurin des Verlags „Shanghai Foreign Language Education Press“ gab den Anwesenden einen Überblick über die Geschichte der Fremdsprachenangebot an der Oberschule und berichtete von den gegenwärtigen Rahmenbedingungen und Trends im Fremdsprachenunterricht in China. Da sie zurzeit an einer neuen Serie des Standardwerks für Deutsch in der Oberschule arbeitet, erfuhren die Teilnehmer viel Neues von praktischer Bedeutung.

Hans-Peter Füssel, Verfasser der „Jahresberichte der deutschen Bildung“, vertrat die Meinung, dass sich Schulen voneinander unterschieden und keine interessenlosen Institutionen seien. In der Schule agierten Schulleiter, Lehrer, Lerner und Eltern, die miteinander besprechen könnten, wie sich die Schule selbständig entwickeln könne. Daher sollte die Schule einen rechtlich selbständigen Status erlangen. Das Problem sei nur, dass die Schulen lernen müssten, mit Geldsachen umzugehen.

„Das heißt auch nicht, dass es keine Aufsicht von der Seite des Staates gibt. Die Einzelschulen werden vom Staat anerkannt. Sie haben noch den allgemein gültigen Lehrplan. Und auch die Lehrer werden an der Universität ausgebildet“, so Annette Schavan.

Zuletzt lieferte die Cao Yang Nr. 2 High School mit konkreter Lehrpraxis ein Modell, bei dem die Schüler je nach Fähigkeit differenziert betreut werden. Das Verhältnis zwischen Lernenden und Lehrenden, der Lehrplan sowie das Bewertungssystem der Schüler heben seine Schule von normalen höheren Schulen in Shanghai ab, so meinte Herr Wang Yang, Direktor der Schule.

Als die Cao Yang Nr. 2 High School anfing, Deutschkurse in das Curriculum einzuführen, übernahm sie viele Bausteine von deutschen Gymnasien. Nach der Diskussion meinte Prof. Thies aber, dass nun die deutschen Schulen auch viel von dem Lehr- und Lernkonzept der Schule lernen könnten. Darin liegt der Sinn des gegenseitigen Besuchs und Austausches, der zu einer ertragreichen, wechselseitigen Bereicherung führte.

 

Quelle: SISU

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