Von Zhang Niansheng von People’s Daily
Stephen Roach (Foto von Bian Hong)
Die Weltwirtschaft befindet sich in einer schwierigen Zeit und die schwache Nachfrage ist das Hauptproblem, meinte Stephen Roach, leitender Forscher an der Yale Universität und ehemaliger Chefökonom von Morgan Stanley, am Freitag gegenüber People’s Daily.
Acht Jahre nach dem Ausbruch der Finanzkrise ist das globale Wachstum weiterhin sehr schwach, vor allem in den entwickelten Ländern. Die Gesamtnachfrage in den wichtigsten entwickelten Ländern ist mit langsamem Tempo gestiegen. Die aggressiven Konjunkturmaßnahmen sind weitgehend gescheitert. Obwohl die Lockerung der Geldpolitik die Finanzmärkte stimuliert hat, hat sie jedoch keine wesentlichen Impulse für die Nachfrage oder die Realwirtschaft gebracht. Um die Leistung der Volkswirtschaften zu verbessern, weist Roach darauf hin, dass die Vereinigten Staaten mehr sparen und weniger ausgeben müssen. Derzeit liegt die persönliche Sparquote in den USA bei etwa fünf Prozent. Das ist unter der durchschnittlichen Sparquote von neun Prozent in den letzten 30 Jahren des 20. Jahrhunderts.
In den vergangenen acht Jahren betrug die durchschnittliche Jahreswachstumsrate in den USA 1,5 Prozent, während die durchschnittliche Wachstumsrate in den vorherigen 12 Jahren bei 3,6 Prozent lag. Angesichts dessen, dass die Amerikaner um die persönlichen Schulden besorgt sind, sollte die Regierung sich mehr auf Haushaltsbilanzen konzentrieren.
Roach glaubt, dass die japanische Wirtschaft derzeit wieder in die Rezession gerutscht ist. Die sogenannten Abenomics, die sich auf die Geld-, Fiskal- und Strukturreformen konzentrieren, scheinen im Moment nicht gut zu funktionieren oder zumindest nicht so gut, wie ursprünglich gedacht. Wie sich herausgestellt hat, sind die Bemühungen im monetären Bereich nicht durch Strukturreformen begleitet worden. Japans durchschnittliche Wachstumsrate betrug in den letzten drei Jahren 0,7 Prozent, was sich im Vergleich zur durchschnittlichen Wachstumsrate von 0,8 Prozent in den vorangegangenen 21 Jahren nicht signifikant unterscheidet.
Stephen Roach (rechts) beim Interview mit People´s Daily (Foto von Bian Hong)
Gemäß Roach ist die europäische Wirtschaft in den letzten acht Jahren nicht kontinuierlich gewachsen. Grund dafür sind die Schuldenkrisen in Italien, Portugal, Spanien, Griechenland und Irland. Die europäischen Länder sind darüber hinaus mit Bankenproblemen und den Konsequenzen einer unvollständigen Koordinierung der Finanzpolitik konfrontiert. Trotz des Wachstums des Euro hat er das Wirtschaftswachstum nicht angekurbelt.
Roach weist auch darauf hin, dass China weniger sparen und mehr Geld ausgeben sollte. Er glaubt, dass die Verlangsamung der chinesischen Wirtschaft zwei Tatsachen widerspiegelt. Erstens ist es die Schwäche der Weltwirtschaft, die einen großen Einfluss auf die chinesischen Exporte hat. Zweitens liegt Beijings Fokus auf Strukturreformen, in deren Rahmen die Wirtschaft nicht durch Herstellungsindustrie, Export und Investment, sondern durch Dienstleistungsbranche und Konsum angetrieben werden soll. Roach betont, dass ein solcher Strukturwandel unweigerlich zu einem langsameren Wachstum führt. Dennoch ist er sehr optimistisch im Hinblick auf Chinas Wirtschaft.
Was die Beurteilung der Politik der großen Volkswirtschaften angeht, ist Roach der Meinung, dass die EU und Japan am wenigsten erfolgreich sind. China hat definitiv Fortschritte bei der Änderung seines Wachstumsmodells gemacht. Die USA haben nicht so große Fortschritte erzielt, wie sie sollten. Sie haben sich zu viel auf monetäre Impulse fokussiert. „Wenn die laufende Verlangsamung des Produktivitätswachstums nicht geändert wird, bleiben die wirtschaftlichen Leistungen weiterhin schwach“, sagt er und schlägt Washington vor, mehr Aufmerksamkeit auf eine langfristige Finanzpolitik zu legen.
Laut Roach war Chinas Beitrag zum globalen Wachstum in den letzten zehn Jahren mehr als doppelt so hoch wie der von allen entwickelten Volkswirtschaften zusammen. Obwohl Chinas Wirtschaftsverlangsamung negative Auswirkung auf das globale Wachstum hat, ist China mit einer Wachstumsrate von sechs Prozent immer noch in der Lage, mehr als die entwickelten Volkswirtschaften zur Weltwirtschaft beizutragen.