Chinesische Wissenschaftler denken über den Bau eines Solarkraftwerks 36.000 Kilometer über der Erde nach. Falls realisiert, würde es vom Umfang her sowohl das Apollo-Projekt als auch die Internationale Raumstation ISS als bisher größte Weltraumprojekte ablösen.
Das Kraftwerk wäre ein riesiger Raumflugkörper auf einer geosynchronen Umlaufbahn, ausgestattet mit riesigen Solarpanels. Der erzeugte Strom soll in Mikrowellen oder Laserstrahlen umgewandelt und so an einen Sammelpunkt auf der Erde übertragen werden.
Nach mehr als einem halben Jahrhundert der Erforschung von Weltraumtechnologien ist Wang Xiji (93), ein Wissenschaftler der Chinesischen Akademie der Wissenschaften (CAS) und Mitglied der International Academy of Astronautics (IAA), ein starker Befürworter der Station: "Ein wirtschaftlich tragbares Solarkraftwerk im Weltraum wäre wirklich riesig, die Gesamtfläche der Sonnenkollektoren müsste etwa 5 bis 6 Quadratkilometer betragen. Vielleicht würden die Menschen auf der Erde die Station am Nachthimmel sehen können, wie einen Stern", sagte Wang.
Aber warum sollte man überhaupt ein Solarkraftwerk im Weltraum bauen wollen? Laut Wang schwanke die Strommenge, die von Solarkraftwerken auf der Erde produziert werden könne -- einerseits wegen der Nacht, andererseits wegen des Wetters – teilweise sehr stark. Sonnenkollektoren im Weltraum könnten hingegen 99 Prozent der Zeit Energie sammeln.
Solarpanels im Weltraum können laut Duan Baoyan, einem Mitglied der Chinesischen Akademie für Ingenieurwesen (CAE), je Flächeneinheit zehn Mal so viel Strom erzeugen wie Solaranlagen auf der Erde.
Die ganze Welt hat die Notwendigkeit, dass fossile Brennstoffe dringend durch saubere Energien ersetzt werden müssen, erkannt. Doch Sonne, Wind, Wasser und andere, erneuerbare Energiequellen haben ein zu geringes Volumen und sind instabil.
"Die Welt wird in Panik geraten, wenn die fossilen Brennstoffe nicht mehr für die Menschheit ausreichen. Wir müssen die Technologie der Weltraum-Photovoltaik vor diesem Zeitpunkt beherrschen. Demjenigen, der diese Technologie als erster beherrscht, gehört die Zukunft des Energiemarkts. Sie ist also von großer strategischer Bedeutung", sagte Wang.
"Der Bau eines Solarkraftwerks wäre ein Meilenstein der menschlichen Nutzung des Weltraums. Und es würde den technologischen Fortschritt in den Bereichen Energie, Elektrizität, Werkstoffe sowie Luft- und Raumfahrt fördern", erklärte Wang.
Länder wie die Vereinigten Staaten und Japan haben die Möglichkeit des Baus eines solchen Kraftwerks bereits studiert. Japan ist führend bei der Entwicklung drahtloser Energieübertragungstechnologien.
Einige chinesische Forschungsinstitute und Universitäten haben in den letzten Jahren ebenfalls Studien im Zusammenhang mit Weltraum-Solartechnologie durchgeführt.
Mitglieder der CAS und der CAE hatten bereits im Jahr 2010 einen Bericht geschrieben, in dem sie vorschlugen, dass China bis 2030 ein experimentelles Solarkraftwerk im Weltraum aufbauen und sich die Konstruktion eines wirtschaftlich tragfähigen Weltraum-Solarkraftwerks bis 2050 zum Ziel setzen sollte.
Allerdings sind bis dahin noch viele hohe Hürden zu überwinden.
"Wir müssen sehr dünne und leichte Solarzellen herstellen. Das Gewicht der Solarpanele muss weniger als 200 Gramm pro Quadratmeter betragen."
Li Ming, stellvertretender Präsident der Chinesischen Akademie für Weltraumtechnologie, sagte: "China wird bis ungefähr 2020 eine Raumstation bauen, die eine Möglichkeit zur Entwicklung der Weltraum-Solartechnologie bieten wird."
Es sei auch zu erwarten, dass China bis dahin eine neue Generation von Trägerraketen für schwere Lasten entwickeln werde, ergänzte Li.
"Sobald die Weltraum-Photovoltaik unsere Hauptenergiequelle geworden ist, werden die Menschen nie mehr Angst vor Smog oder dem Treibhauseffekt haben müssen", sagte Wang.