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Dialog mit Schriftsteller Mo Yan – Die gemeinsamen Emotionen der Menschen bilden die psychologische Grundlage der künstlerischen Kommunikation

(CRI)

Dienstag, 25. August 2020

  

„Sprache mit einem unverwechselbaren Stil zu verfeinern soll meine Lebensaufgabe sein“.

Journalist: In den vergangenen 100 Jahren, mit dem Aufkommen neuer Träger von Kunst wie Film und Fernsehen sowie neuer Kommunikationstechnologien wie Digitalisierung und Internet, wurde die „erzählerische“ Funktion der Literatur in gewissem Maß durch die audiovisuelle Kunst ersetzt. Wo liegen dann die Vorteile der Literatur? Und was ist der einzigartige Reiz der Literatur?

Mo Yan: Geschichten zu erzählen, ist der fundamentalste Grund, weshalb der Roman existiert. Die Fähigkeit, mit seiner Geschichte Leser zu faszinieren und sie zum Nachdenken zu bringen, ist jedoch nicht so leicht zu beherrschen. Im Vergleich zu anderen Künsten ist die Literatur aufgrund ihres sprachlichen Charmes und ihrer Erzählkunst unersetzlich. Für einen guten Roman, der in eine Fremdsprache übersetzt wurde, interessieren sich aber nur wenige Menschen, höchstwahrscheinlich weil der Übersetzer nur die Geschichte übersetzt und den Geschmack der Sprache verloren hat.

Als Literaturschaffende haben wir auch eine besonders große Verantwortung für die Bereicherung und Entwicklung der Sprachen unserer Völker. Ein literarischer Schriftsteller ist in erster Linie ein Sprachwissenschaftler, der zur Sprache seines Volkes beiträgt, indem er die Muttersprache bereichert und sie emotionaler, ausdrucksstärker, melodiöser und schöner macht. Unsere moderne chinesische Sprache wird auf der Grundlage der klassischen Werke jener literarischen Meister aufgebaut und bereichert, die den Grundstein der modernen chinesischen Sprache gelegt hat.

„Die überall gültigen Emotionen der Menschen bilden die psychologische Grundlage der künstlerischen Kommunikation“

Journalist: Ihre Werke basieren hauptsächlich auf dem ländlichen Leben und der Volkskultur und sind stark von lokalen Opern und anderen Volkskünsten beeinflusst. Gleichzeitig sind Sie in den 1980er Jahren, zu Beginn der Reform- und Öffnungszeit, in der literarischen Welt aufgetaucht und wurden von weltliterarischen Strömungen beeinflusst.

Mo Yan: Schriftsteller unserer Generation sind auf dem Weg, den Lu Xun erschlossen hatte, nach vorne gegangen. Cao Xueqin, Pu Songlin, Ba Jin, Lao She, Zhao Shuli, Lew Tolstoi, Iwan Turgenew, Honoré de Balzac und Victor Hugo waren allesamt meine „Mentoren“, die ich aber nie gesehen habe. Nach der Reform und Eröffnung wurde die lateinamerikanische Literatur in China eingeführt und hatte einen bedeutenden Einfluss auf Schriftsteller wie uns, die in den 1980er Jahren zu schreiben begannen. Aber mir wurde bald klar, dass es nicht reichte, nur die ausländische Literatur nachzuahmen. Gute Nachahmung soll spurlos sein. Und noch wichtiger ist, dass chinesische Schriftsteller die Vergangenheit und Realität des Landes berücksichtigen müssen, um Chinas eigene Literatur zu schaffen. Die Wurzel findet man in der Geschichte und Kultur und die Zweige und Blätter im Realleben. Nur wenn man ständig mehr vom Leben verlangt, kann man die unerschöpflichen Ressourcen zum literarischen Schaffen erhalten.

Wir müssen die Leidenschaft haben, nahe an der Realität zu bleiben, aber wir dürfen uns auch nicht vom Leben ertränken lassen, wir müssen nach unten sinken und dann herausspringen, damit wir am Boden bleiben und zugleich Höhe haben. Was genau ist die Höhe eines Schriftstellers? In guten Werken sieht man die Zukunft. Wenn die Charaktere eines Werks, die uns ein Gefühl von etwas jenseits des gegenwärtigen Augenblicks vermitteln können, ist der Schriftsteller derjenige mit einem hohen Denkniveau, auch wenn es ihm selbst nicht klar bewusst ist.

Als Schriftsteller muss man die eigene Welt in der großen Welt erschließen. Er schlägt seinen Wurzeln in den Boden und wächst zu einer eigenartigen Landschaft. Das verlangt, dass der Schriftsteller bewusst seine eigene Ansicht für das Leben errichtet, sein eigenes System der Charaktere etabliert und seinen eigenen Erzählstil entwickelt.

Journalist: Wie sehen Sie als Schriftsteller mit Lesern in vielen Ländern, die Rolle der kulturellen Unterschiede bei der Verbreitung der literarischen Werke? Wie kann Literatur dabei helfen, der Welt von China zu erzählen?

Mo Yan: Die Existenz von kulturellen Unterschieden ist nicht zu verneinen. Die verschiedenen Sprachen, Geschichten und Kulturen der verschiedenen Länder führen zu unterschiedlichen Wahrnehmungen von Menschen und Dingen, manchmal natürlich auch zu Fehlinterpretationen. Trotzdem sind die Grundemotionen der Menschen identisch und das Verständnis über Schönheit gegenseitig verständlich. Unsere Werke sollen einerseits solche kulturellen Unterschiede und die Einzigartigkeit der menschlichen Natur literarisch zum Ausdruck bringen, aber wichtiger ist es, dass sich unsere Werke auf die grundlegenden Emotionen der Menschen konzentrieren. Wir bemühen uns darum, mit unserer literarischen Begabung Figuren mit verschiedenen Seiten zu schaffen und damit Kommunikationen zwischen Herzen zu ermöglichen.

Geschichtenerzähler hoffen auf jemanden, der ihre Geschichte versteht. Solche Leute existieren nicht nur in China, sondern in der ganzen Welt. Das Wichtigste, um eine Geschichte gut zu erzählen, ist ehrlich und echt zu sein. Beim echt zu sein handelt es sich nicht um „ein Euro macht echt 100 Cent aus“, sondern um echte Kunst, echte Emotion und echte Details. Nur für solche Werke besteht die Hoffnung, dass sie von mehr Lesern verstanden werden und die Werke die Leser berühren und beeinflussen.

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