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Coronavirus: Ruhe bewahren im Auge des Sturms

(German.people.cn)

Dienstag, 04. Februar 2020

  

Text von Jeffrey Moeller

Während die ganze Welt über den neuartigen Coronavirus spricht, befinde ich mich als deutscher Redakteur von People's Daily Online in China, dem Epizentrum der Epidemie. Sinnvolle Sicherheitsvorkehrungen zu treffen und gleichzeitig nicht in Panik zu verfallen, gleicht täglich einem Balanceakt.

Als vor einigen Wochen die ersten Coronavirus-Fälle aus Wuhan gemeldet wurden, konnte in meiner aktuellen Wahlheimat Beijing – immerhin mehr als 1.000 Kilometer von Wuhan entfernt – noch niemand ahnen, welche Dimensionen diese Epidemie tatsächlich annehmen würde. Dennoch schien dieser neue Virus die Menschen in China bereits in seiner Anfangsphase merklich zu beunruhigen. Zu frisch waren noch die Erinnerungen an vergangene Epidemien wie SARS im Jahr 2003 sowie die Schweinegrippe im Jahr 2009 und die Vogelgrippe im Jahr zuvor.

Ein Neujahrsfest ohne Feierstimmung

Als dann Mitte Januar auch die ersten Fälle des Coronavirus in der chinesischen Hauptstadt gemeldet wurden, entwickelte sich die besorgte Neugier aus der Ferne schnell zu einer realen Sorge. Unmittelbare Vorkehrungen in unserer Redaktion wie spezielle Seife auf den Toiletten, gratis Masken und regelmäßige Desinfektionen schafften zwar ein Gefühl von Sicherheit, konnten aber nicht verhindern, dass sich das Virus direkt zum relevantesten – und schnell auch ausschließlichen - Gesprächsthema entwickelte.

Während die Zeit vor dem chinesischen Neujahrsfest in der Volksrepublik normalerweise von gespannter Vorfreude auf die bevorstehenden Feiertage mit der Familie geprägt ist und sich jeder auf diesen Jahreshöhepunkt freut, verdüsterte sich die Stimmung in diesem Jahr mit dem Fortschreiten der Epidemie rasch, bis von ihr nichts mehr übrig blieb.

Statt sich über Festtagspläne auszutauschen und sich bei Kollegen und Freunden Anregungen für die Dekoration des Hauses oder das traditionelle Essen mit der Familie zu holen, ging es nur noch um die Ausbreitung des Virus, die neusten Infektionszahlen und mögliche Schutzmaßnahmen. Viele meiner chinesischen Bekannten mussten ihren Familienbesuch absagen und die lang ersehnten Feiertage alleine zu Hause verbringen.

Selbstquarantäne im Kampf gegen die Verbreitung

Leider hat sich die Situation seit den Neujahrsfeiertagen noch einmal drastisch verschlechtert. Mittlerweile sind Tausende Chinesen erkrankt, das Virus hat sich auf der ganzen Welt verbreitet. Spezialseife und regelmäßige Desinfektionen reichen schon lange nicht mehr aus. Inzwischen arbeitet der Großteil unserer Redaktion von zu Hause aus, während die wenigen Kollegen, die während der Feiertage gereist sind, sich nach ihrer Rückkehr in Selbstquarantäne begeben haben.

Auch ich befinde mich aktuell in 14-tägiger Selbstquarantäne, um keinerlei Risiko einzugehen. Wer sich nun allerdings gemütliche zwei Wochen auf der Couch mit ein paar guten Büchern und netten Abenden vor dem Fernseher vorstellt, der hat weit gefehlt. Zwar wird viel ferngesehen und gelesen, aber mit netter Gemütlichkeit hat dies nichts zu tun. Statt einem unbeschwerten Urlaubsgefühl herrscht mehr ein Gefühl der Freiheitsberaubung. Ich darf nicht ins Büro, kann nicht zum Sport, soll Kontakt mit anderen möglichst vermeiden und wenn ich doch einmal das Haus verlasse, um einzukaufen oder mir die Beine zu vertreten, dann sind Maske und Handdesinfektionsmittel meine ständigen Begleiter.

Mir fehlt der reguläre Alltag, der Kontakt zu anderen. Dennoch weiß ich, dass ich keinen Grund und kein Recht darauf habe, mich zu beschweren. Ich bin dankbar für meine Gesundheit und muss auch anerkennen, dass ich die Maßnahme der Selbstquarantäne trotz meiner persönlichen Einschränkungen für absolut sinnvoll erachte. Wenn sich jeder strikt daran hält, können auf diese Weise meiner Überzeugung nach Leben gerettet und die Coronavirus-Epidemie merklich eingedämmt werden. Zudem ist alleine zu Hause sitzen nur halb so schwer, mit dem Wissen, dass alle Freunde und Kollegen das gleiche Schicksal teilen.

Einfach mal das Handy weglegen

Eine wichtige Sache habe ich während dieser Epidemie bereits gelernt – wenn es um Informationen geht, dann ist weniger manchmal mehr. Gerade in den ersten Tagen meiner Selbstquarantäne informierte ich mich fast im Minutentakt über die neusten Entwicklungen und verbrachte stundenlang damit, sämtliche Informationen über die verschiedensten Kanäle aufzusaugen. Ob auf Wechat, Facebook, in der chinesischen oder internationalen Presse – überall sprang mir der Coronavirus digital entgegen.

Schnell merkte ich jedoch, dass sich mit zunehmender Informationsfülle auch mein Unwohlsein hinsichtlich der Epidemie steigerte und verstärkt Panik in mir hochkroch. Vor allem die zahlreichen Gerüchte in den sozialen Medien - auf die eingefleischte Verschwörungstheoretiker zweifelsohne stolz wären – machten mir zu schaffen.

Dank dieser Realisierung greife ich jetzt nicht mehr ständig nach dem Handy, um meine Sensationslust zu stillen, sondern informiere mich lediglich einmal täglich auf offiziellen Kanälen über den aktuellen Stand. Ich merke, wie es mir dabei hilft, Ruhe zu bewahren und das tut mir gut. Da das Coronavirus bereits meine physische Gesundheit bedroht, werde ich alles daran setzen, dass mein psychisches Wohlbefinden für das Virus unantastbar bleibt. 

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