Die Chinesische Volksbank, die Zentralbank des Landes, hat am Sonntag überraschend angekündigt, dass sie den Mindestreservesatz für Geschäftsbanken ab dem 15. Oktober um 1 Prozentpunkt senken werde, um die inländische Liquidität auf „ausreichend hohem Niveau“ zu halten. Der Reservesatz ist der Mindestbetrag an Bargeld, den Banken jederzeit haben müssen.

Analysten gehen davon aus, dass dieser Schritt dazu beitragen wird, die Realwirtschaft des Landes zu stützen und potenzielle Risiken abzuwehren, die durch globale Handelsunsicherheiten und Konjunkturabschwung entstehen können.

Die Kürzung des Mindestreservesatzes wird laut einer Erklärung auf der Website der Zentralbank 1,2 Billionen Yuan (151,9 Milliarden Euro) im Bankensystem freisetzen. Unter den frei gewordenen Mitteln werden 450 Milliarden Yuan für die Rückzahlung von Krediten von Geschäftsbanken im Rahmen einer Kreditlinie, die am 15. Oktober abläuft, verwendet.

Es wird die dritte Kürzung des Mindestreservesatzes in diesem Jahr sein, nach welcher der Satz für große Geschäftsbanken auf 14 Prozent reduziert wird.

„Es gibt in diesem Jahr noch Spielraum für weitere Kürzungen des Mindestreservesatzes, da es ein effizientes geldpolitisches Instrument ist, um liquide Mittel aufzustocken und Bankkredite für die Realwirtschaft zu stärken“, meint Yang Weiyong, Wirtschaftsprofessor an der Universität für Außenwirtschaft und Handel.

Der Schritt soll als Zusatz zur Liquidität im Finanzierungssystem gesehen werden, nicht jedoch als monetäre Lockerung oder massives Konjunkturprogramm, so ein Sprecher der Chinesischen Volksbank.

Die neue Maßnahme wird vor der Veröffentlichung wichtiger Wirtschaftsindikatoren für das dritte Quartal am 19. Oktober in Kraft treten. Einige Ökonomen haben aufgrund der schwachen Investitionen und strengen Regulierungen im Immobiliensektor im dritten Quartal eine langsamere BIP-Wachstumsrate vorhergesagt.

Die sich verschärfenden chinesisch-amerikanischen Handelsbelastungen könnten Chinas Exporte zusätzlich unter Druck setzen, ihren Beitrag zum Gesamt-BIP reduzieren und zu weiteren wirtschaftlichen Risiken führen, glaubt Zhang Ming, Forscher an der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften.

Die Kürzung des Mindestreservesatzes und die Liquiditätsspritze könnten die Zinsdifferenz zwischen China und den USA weiter schmälern, zumal in diesem Jahr noch eine weitere Zinserhöhung durch die US-Notenbank möglich ist, so Zhang.

Der plötzliche Anstieg der Liquidität ist eine antizyklische Maßnahme zur Unterstützung der Finanzierung von Klein- und Kleinstbetrieben, privaten Unternehmen und innovativen Akteuren, meint Zhao Wei, Analyst bei Changjiang Securities.

Die Chinesische Volksbank sagte in einer Erklärung, dass sie zur Stabilisierung der Markterwartungen „weitere Maßnahmen ergreifen wird, falls notwendig“. Zudem werde die Kürzung des Mindestreservesatzes den Renminbi nicht belasten.

Laut Zhang sei es unwahrscheinlich, dass der Renminbi bis Ende dieses Jahres auf weniger als Sieben pro US-Dollar fallen werde. Der Renminbi wurde am Freitag, dem 28. September, vor dem Start der Nationaltagswoche, zum Börsenschluss bei 6,87 Yuan je US-Dollar gehandelt. Zuvor hatte sich der Renminbi auf über 6,90 Yuan pro Dollar abgeschwächt, da die Stärke der US-Währung wieder zugenommen hatte.

Die Chinesische Volksbank berichtete am Sonntag, dass die Devisenreserven des Landes bis Ende September auf 2,682 Billionen Euro gesunken sind, was einem Rückgang um 19,7 Milliarden Euro gegenüber August entspricht, einer monatlichen Reduzierung von 0,7 Prozent.

Die richtige Balance zwischen Zinssätzen, Wechselkursen und der Zahlungsbilanz des Landes zu finden, ist zu einer großen Aufgabe geworden. Dieser Balanceakt war auch ein Thema auf der vierteljährlichen Sitzung des Geldpolitischen Ausschuss der Chinesischen Volksbank am 26. September. In einer Erklärung der Sitzung hieß es, dass das Land „die Geldmenge richtig verwalten und die Liquidität auf einem ausreichend hohen Niveau halten soll“.