Von Jeffrey Möller, Tianjin

Würde es den Bezirk Binhai nicht geben, müsste ihn man erfinden. Denn kaum an einem anderen Ort in China lässt sich der rasante technologische Fortschritt des Landes so gut darlegen, wie an dem Beispiel dieses neuen Stadtbezirks. Während das Gebiet Binhais bis vor wenigen Jahren noch durch brach liegendes Land gekennzeichnet war, tummeln sich heutzutage einige der weltweit innovativsten Unternehmen in dem Bezirk. Doch in dem Vorzeigedistrikt, der zur nordchinesischen Hafenstadt Tianjin gehört, herrscht auch ein Leben abseits der Industrie. Rund drei Millionen Menschen haben sich mittlerweile in dem 2.270 km2 großen Bezirk angesiedelt – Tendenz steigend.

Nachdem ein Teil des Gebiets des heutigen Binhais sich bereits seit Mitte der 1980er Jahren erfolgreich als Sonderwirtschaftszone TEDA etablieren konnte, wurde 2006 die Errichtung des neuen Stadtbezirks als Teil der nationalen Entwicklungsstrategie beschlossen. Die offizielle Eröffnung Binhais folgte im November 2009. Seitdem haben sich mehr und mehr innovative Unternehmen aus China und dem Rest der Welt in dem Distrikt niedergelassen, angetrieben von einer ausgeprägten Infrastruktur, einem stabilen Netzwerk, günstigen Landpreisen, sowie einer positiven Entwicklungstendenz.

Die lokale Forschung und Entwicklung konzentriert sich auf alle Elemente und insbesondere der Luft- und Seeraum profitieren von Binhais Innovationsschmiede. Eines dieser Unternehmen in dem neuen Stadtbezirk ist Efy Technology, dass sich nicht weniger als die Revolution der Luftfahrt zur Aufgabe gemacht hat. Der 2004 gegründete Betrieb fokussiert sich voll und ganz auf die Fortentwicklung und Konstruktion von unbemannten Luftfahrzeugen. Dazu gehören selbstverständlich auch Drohnen, aber Efy Technology denkt noch einen Schritt weiter. Erst kürzlich ist es dem Unternehmen gelungen, als erste private Firma Chinas einen benannten Hubschrauber in ein unbemanntes Luftfahrzeug umzurüsten.

„Durch die unbemannte Luftfahrt können zahlreiche Sektoren profitieren. Zu unseren Kunden zählen beispielsweise Landwirte, die durch unsere Produkte ein größeres Areal viel effektiver und mit weniger Personal überblicken können. Auch für Einsatzkräfte ist unsere Technologie unheimlich wertvoll. So können zum Beispiel Brand- und Gefahrenherde schneller erkannt oder Polizeimonitoring einfacher durchgeführt werden“, erklärt Michael Li, Pressesprecher von Efy Technology.

Doch nicht nur der Luftraum wird durch die Arbeit in Binhai bereichert, auch die Unterwasserwelt zieht Nutzen aus der Innovationskraft des Stadtbezirks. Tianjin Sublue Ocean Technology erforscht, entwickelt, produziert und vertreibt unbemannte Tauchroboter jeglicher Art. Der Aufstieg des Unternehmens war dabei so rasant wie der von Binhai selbst. Während Sublue erst 2013 gegründet wurde, werden ihre Unterwasserfahrzeuge heute bereits auf der ganzen Welt eingesetzt, sei es als Unterstützung für die Zollbehörden Macaus, bei Dammarbeiten in Kambodscha oder als Unterwassersportgerät in den USA.

Tianjin Academy for Intelligent Recogniction Technologies bringt durch ihre Forschung und Entwicklung die intelligenten Erkennungssysteme Chinas voran und ist eine weitere ortsansässige Institution, die zeigt, dass sich Binhai als Chinas Zentrum des technologischen Schöpfertums etabliert hat. Aber auch ausländische Unternehmen schätzen die günstigen wirtschaftlichen Bedingungen Binhais. Dazu gehören unter anderem das amerikanische Kunstglas- und Chemieunternehmen PPG Industries sowie die deutschen Konzerngiganten Volkswagen und SEW-Eurodrive, die sich bereits hier ansiedelten, als das heutige Binhai nicht mehr als eine Sonderwirtschaftszone war.

Genau wie Chinas Vorzeichen weiter auf Wachstum und Fortschritt stehen, ist auch Binhais Entwicklung längst nicht abgeschlossen. Der Stadtbezirk setzt sich aktiv für eine noch stärkere Öffnung Chinas ein und hofft, dass sich weitere innovationsstarke Unternehmen aus dem In- und Ausland hier niederlassen. Die Zeichen dafür stehen gut und so wird Binhai wohl auch weiterhin einer der zukunftstechnischen Mittelpunkte Chinas bleiben.