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China plant Pflegeversicherung für Senioren

(German.people.cn)
Dienstag, 09. August 2016
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Im Zuge kleiner werdender Familien und einer alternden Gesellschaft muss China seine staatlichen Leistungen ausweiten, um den Älteren tägliche Pflege bieten zu können. Derzeit werden bereits verschiedene Ansätze erprobt.

Zur Einführung der Ein-Kind-Politik in China vor mehr als 35 Jahren wurden Senioren, die sich für ihre Pflege traditionell auf ihre Kindern verlassen, dazu angehalten, beim Staat Unterstützung zu suchen.

Die Maßnahme zielte darauf ab, die Größe der Familien und die Abhängigkeit der Eltern von ihren Kindern zu reduzieren, sodass es keinen Grund mehr für große Familien und die Fixierung auf die Zeugung von männlichem Nachwuchs geben würde. Die Situation entwickelte sich jedoch nicht wie beabsichtigt, insbesondere für eine große Zahl an pflegebedürftigen Senioren und ihren hoch belasteten Familien.

Eine Pflegerin ernährt Wang Lingfang, einen bettlägerigen 68-jährigen Patienten, mithilfe einer Magensonde im Pflegeheim Puleyuan in Beijing. (Foto: Zou Hong, China Daily)

Du Ping wohnt im Stadtbezirk Jianye von Nanjing in der ostchinesischen Provinz Jiangsu. Er ist immer frustrierter darüber, dass er nach vielen Anläufen immer noch keine langfristige und qualifizierte Pflegekraft für seinen 73-jährigen Vater gefunden hat. Dieser wurde 2014 mit Demenz diagnostiziert, ist zudem gelähmt sowie inkontinent und damit eine Pflegefall.

„Wir haben seitdem mehr als zehn Pflegekräfte eingestellt. Keine hat lang durchgehalten, trotz des überdurchschnittlichen Gehalts“, sagt Du. „Viele ändern ihre Meinung, wenn sie sehen, dass es sich um einen behinderten Senioren handelt.“

Du nahm die Suche vor zwei Wochen wieder auf, nachdem die letzte Pflegekraft gekündigt hatte, obwohl ihr Monatsgehalt mit 5.000 Yuan (677 Euro) fast das Doppelte des Durchschnittslohns von 3.000 Yuan (406 Euro) betrug. „Es ist eine beachtliche Summe, fast die Hälfte unseres gemeinsamen Einkommens“, verrät der verheiratete Du. „Es würde sogar noch mehr kosten, wenn wir meinen Vater in ein Pflegeheim geben würden.“

Eine alternde Bevölkerung

Du ist nicht allein mit seinem Los. Nach Daten der Staatlichen Kommission für Gesundheitswesen und Familienplanung gab es Ende letzten Jahres 222 Millionen Menschen über 60 Jahren in China und 4,5 Millionen von diesen sind schwerbehindert und benötigen Langzeitpflege.

„Vergreisung, schwindende Erwerbstätigkeit und ein immer weiter steigender Bedarf an Altenpflege könnten die größten demographischen Herausforderungen sein, mit dem sich Land jemals konfrontiert sah“, meint Zhai Zhenwu, Professor der Soziologie und Bevölkerungsstudien an der Renmin-Universität in Beijing.

Diese Ansicht wird auch von Du Peng, einem Professor für Gerontologie an der Renmin-Universität, geteilt, dem zufolge eine höhere Lebenserwartung zu einer steigenden Zahl von behinderten Senioren führen und eine erhebliche Belastung für Familien und die Gesellschaft im Allgemeinen darstellen wird. Um dieses Problem zu lösen, raten beide Experten zum raschen Entwurf und Umsetzung eines staatlichen Pflegeversicherungsprogramms.

„Es sollte verpflichtend sein, da Krankheiten und Behinderungen jeden treffen können“, rät Cao Xinbang, ein Professor für Beschäftigungsverhältnisse und Sozialhilfe an der Universität für Finanzwesen und Wirtschaft in Nanjing. Im Zuge dieser Maßnahme würden Menschen ab einem bestimmten Alter – welches noch zu bestimmen sei – monatliche Beiträge zahlen und diese später in ihrem Leben zurückerhalten, um damit trotz ihres fortgeschrittenen Alters eigenständig leben zu können.

Aktuelle Erprobung

Li Zhong, Sprecher des Ministeriums für Personalverwaltung und Soziale Absicherung, erklärte auf einer Pressekonferenz im Februar, dass die Bereitstellung einer Pflegeversicherung eine Sache der sozialen Entwicklung und Stabilität sei. Die Zahl der Senioren werde Prognosen zufolge bis 2035 auf 400 Millionen steigen und der Anteil der Pflegebedürftigen sich erheblich erhöhen.

Laut Yuan Xin, einem Experten für Bevölkerungsstudien an der Nankai-Universität in Tianjin, wurde die Last zur Seniorenpflege lange Zeit von den Familien getragen, doch die beständige Verkleinerung der Familiengröße in den letzten drei Jahrzehnten mache dieses Modell untragbar. Nach der Staatlichen Kommission für Gesundheitswesen und Familienplanung bestand in den 1950er Jahren der durchschnittliche Haushalt in China noch aus 5,3 Menschen, während die Größe 2015 nur noch bei 3,3 Personen lag.

Ministeriumssprecher Li zufolge wurde die Herausforderung bereits von Staatsseite erkannt und letztes Jahr die landesweite Einführung einer Pflegeversicherung erwogen. Testläufe finden derzeit bereits in ausgewählten Regionen statt, einschließlich Qingdao, der ostchinesischen Provinz Shandong, Shanghai und Beijing.

Im Bejinger Stadtbezirk Haidian steht die Versicherung allen Anwohnern über 18 Jahren offen. Die Beiträge steigen mit dem Alter und liegen für Menschen zwischen 18 und 39 Jahren bei monatlichen 114 Yuan (15,45 Euro), wovon 20 Prozent von der Lokalverwaltung beigesteuert werden. Nach 15 Jahren Beitragszahlung stehen Pflegefällen Leistungen zwischen 900 und 1.900 Yuan (zwischen 122 und 257 Euro) im Monat zu.

Indes erprobt der Stadtbezirk Fengtai ein staatlich unterstütztes Programm, welches pflegebedürftigen Senioren, welche weiterhin privat wohnen, die Inanspruchnahme von Leistungen erlaubt.

Wu Dongning, Geschäftsführer von Lehu, einem Pflegedienstleister des staatlichen Vorlaufprogramms, erklärt, dass Pflegekräfte mobil im Einsatz seien, um bei der Schlaganfall-Rehabilitation, Injektionen und dem Legen von Kathetern behilflich zu sein. Seiner Ansicht nach sollte eine Pflegeversicherung unter anderem solche Leistungen abdecken.

Sun Jie, stellvertretende Direktorin der Schule für Versicherungswirtschaft an der Universität für Außenwirtschaft und Handel in Beijing, ist der Ansicht, dass für die landesweite Einführung alle Arten und Stufen der Pflege auf Staatsebene erforscht und definiert werden sollten.

Dieser Ansatz wurde erstmals in den 1960er Jahren in Ländern verwandt, die eine rasant alternde Bevölkerung aufwiesen, darunter Deutschland, Japan und die Niederlande und hat sich als effektive Maßnahme erwiesen, um den Pflegebedarf zu decken.

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