Das Geschäft mit dem Online-Verkauf in China boomt. Allerdings verlaufen bei weitem nicht alle Käufe so wie vom Kunden gewünscht. Anwälte und Gerichte haben alle Hände voll zu tun.
Die meisten Beschwerden der chinesischen Verbraucher im vergangenen Jahr hatten mit Onlineshopping zu tun. Dies geht aus einem am Montag veröffentlichten Bericht der Arbeitsgruppe „Gesetzesvollzug“ hervor, die dem Ständigen Ausschuss des Nationalen Volkskongresses unterstellt ist.
Die Zahl der Beschwerden und Streitfälle, die sich auf das Einkaufen übers Internet beziehen, haben dem Bericht zufolge 2014 massiv zugenommen. Das Netz sei zu einem Nährboden für Fälschungen geworden, halten die Verfasser weiter fest.
Die Industrie- und Handelsbehörden in der Volksrepublik mussten sich im vergangenen Jahr mit 78.000 Beschwerden befassen, die mit Onlineshopping zu tun hatten. Das entspricht gegenüber dem Jahr 2013 einem Anstieg von 356,6 Prozent. Bei 92,3 Prozent der insgesamt 20.135 Fälle, die von den Verbrauchervereinigungen beanstandet wurden, ging es um Online-Käufe.
„Die Nichtbeachtung der Verbraucherrechte und der Verkauf von Fälschungen sind im Onlineshopping weitverbreitet“, bestätigt Yan Junqi, die Vizevorsitzende des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses. Laut Yan hat eine Stichprobe der Verwaltung für Industrie und Handel im Jahr 2014 ergeben, dass lediglich 58,7 Prozent der online verkauften Produkte echt waren.
Die hohe Zahl der Fälschungen führt dazu, dass immer mehr Verbraucher vor Gericht ziehen. Seit Inkrafttreten des revidierten Verbraucherschutzgesetzes am 15. März 2014 musste das Volksgericht im Beijinger Chaoyang-Bezirk 107 Fälle behandeln, bei denen es um Online-Einkäufe ging.
Ein typisches Beispiel ist der Fall einer Frau namens Xu aus der ländlichen Provinz Anhui, die im Internet Hygieneartikel kaufte, die eintausend Yuan (145 Euro) günstiger angepriesen wurden als im Laden. Die bestellte Ware stellte sich jedoch als minderwertig heraus. Trotzdem weigerte sich der Anbieter, der Frau die im Voraus bezahlte Anzahlung von 2000 Yuan (290 Euro) zurückzuerstatten.
Die Vizevorsitzende des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses fordert, dass das Oberste Volksgericht bis Jahresende die letzten Unklarheiten in Bezug auf das revidierte Verbraucherschutzgesetz ausräumt. Gleichzeitig appelliert sie an die Verbraucherverbände, ihrer Rolle gerecht zu werden.
Ein Unterfangen, das sich nicht ganz so einfach gestalten dürfte. „Seit Inkrafttreten des revidierten Verbraucherschutzgesetzes haben wir alle Hände voll zu tun“, erklärt Anwalt Qiu Baochang, der die Rechte des Chinesischen Verbraucherverbands vertritt. „Wir haben die Beamten aufgefordert, ihr Wissen über das Gesetz und die Funktionsweise der Online-Industrie auf den neuesten Stand zu bringen – einschließlich der Zahlungsmethoden –, um mit der rasanten Entwicklung im E-Commerce Schritt halten zu können.“