×
×
        Über uns
WAP/PAD
Startseite>>Chinesische Geschichten

Xuzhou – Tonkrieger im Glassarg

(German.people.cn)    Donnerstag, 15. Oktober 2015
Folgen Sie uns auf
E-Mail Schriftgröße
Xuzhou – Tonkrieger im Glassarg
Als der „Große Vorsitzende“ Xuzhou Ende Oktober 1952 besuchte...
下一页

Mao Zedong und Deng Xiaoping haben in Xuzhou beide ihre Spuren hinterlassen. Den wertvollsten Schatz der Kleinstadt im Norden von Jiangsu haben sie im Gegensatz zu einem deutschen Ex-Kanzler aber nie zu Gesicht bekommen.

Der dicht bewaldete Wolken-Drachen-Berg (Yunlongshan) am Rande von Xuzhous Stadtzentrum verdankt seinen Namen den Wolken, die an manchen Tagen wie wilde Drachen um seinen Gipfel tanzen sollen. An diesem Spätsommertag macht der 142 Meter hohe Aussichtsberg seinem Namen glücklicherweise keine Ehre.

Die Sicht auf die geschwungenen Dächer der Tempel und Pavillons auf den umliegenden Hügeln sowie den Yunlong-See am Fuße des Bergs mutet an wie ein Gemälde aus der chinesischen Landschaftsmalerei. Der Anblick, der sich Mao Zedong von hier oben am 29. Oktober 1952 bot, als er die Kleinstadt im Norden der Provinz Jiangsu inspizierte, dürfte nicht ganz so idyllisch gewesen sein. Nicht einmal vier Jahre zuvor tobte im strategisch wichtigen Xuzhou nämlich eine der entscheidensten und gleichzeitig blutigsten Schlachten des chinesischen Bürgerkriegs.

600.000 Soldaten der Volksbefreiungsarmee (PLA) und 800.000 Mann der Kuomintang standen sich hier im Winter 1948/49 gegenüber. Als die Kanonen am 10. Januar nach 66 Tagen wieder verstummten, war der Weg für Maos Soldaten in die damalige Hauptstadt Nanjing frei.

Die landschaftlichen Wunden dieser gewaltigen Materialschlacht sind inzwischen verheilt. Vom Yunlongshan aus erinnert heute nur noch der 38 Meter hohe Obelisk auf einer Anhöhe im Süden der Stadt an die wegweisende Schlacht. Das wuchtige Monument mit der goldenen Inschrift von Mao, das wie ein Bergkristall aus der Häuserschlucht ragt, wurde zu Ehren der 30.000 Gefallenen der PLA errichtet. Es ist Teil eines 790.000 Quadratmeter großen Gedenkparks, dessen Mittelpunkt zwei Museen bilden. Unter der Kuppel des futuristischen neuen Museums befindet sich ein imposantes 360-Grad-Diorama, das die Entscheidungsschlacht zwischen den Kommunisten und den Nationalisten mit Hilfe modernster Ton- und Lichttechnik mehrmals täglich wieder lebendig werden lässt.

Zum Oberkommando der kommunistischen Truppen in der Schlacht von Xuzhou gehörte übrigens auch ein gewisser Deng Xiaoping. Der spätere „Architekt“ von Chinas Reform- und Öffnungspolitik ist im Gedenkpark zusammen mit den vier anderen Befehlshabern in einer sieben Meter hohen Statue verewigt.

Palast unter der Erde

Im Unterschied zur weitläufigen Gedenkstätte lässt sich der Standort von Xuzhous bekanntester Sehenswürdigkeit – dem Mausoleum des Prinzen Chu – vom Yunlongshan aus auch bei bestem Wetter nur erahnen. Das erst 1984 – acht Jahre nach Maos Tod – in der Nähe des heutigen Ostbahnhofs entdeckte Grab aus der Westlichen Han-Dynastie (206 v. bis 8 n. Chr.) zählt zu den wichtigsten archäologischen Funden des 20. Jahrhunderts in China. Wegen seiner 15 Kammern wird es auch als „unterirdischer Palast“ bezeichnet.

Wie ein Bild beim Eingang des Mausoleums belegt, wurde der Grabkomplex auch schon von Gerhard Schröder besucht. Ob sich der deutsche Ex-Kanzler auch in die nasskalte Gruft hinab gewagt hat, die Tausende von Arbeitern mit einfachsten Werkzeugen in den „Löwenberg“ (Shizishan) gehauen haben, ist nicht überliefert.

Ebenfalls nicht restlos geklärt ist bis heute die Frage, welcher Herrscher aus dem Hause Chu vor 2000 Jahren am Ende der 56 Meter langen Grabkammer zur letzten Ruhe gebettet wurde. Sein Totengewand jedenfalls soll aus exakt 4248 Jadestücken bestehen und von 1576 Gramm Goldfäden zusammengehalten werden.

Chinas zweite Terrakotta-Armee

Der wertvollste Schatz, der im Chu-Mausoleum gefunden wurde, besteht jedoch weder aus Edelsteinen noch aus Gold, sondern aus Ton. Wie Chinas erster Kaiser Qin Shihuang ließ sich auch der Herrscher aus dem Hause Chu einige Jahrzehnte später zusammen mit einer ganzen Terrakotta-Armee bestatten.

Nur ein kleiner Teil dieser tönernen Untergrundarmee – knapp eintausend Soldaten und vier Pferde – wurde von den Archäologen bislang ausgegraben und restauriert. Die 40 Zentimeter kleinen Figuren – einige stehend, andere kniend – sind in der Schlachtformation der damaligen Zeit angeordnet. Wie bei ihren älteren und bekannteren Verwandten in Xi’an wurden ihre Gesichter alle individuell unterschiedlich gestaltet. Jeder einzelne Tonsoldat ist ein absolutes Unikat und dementsprechend wertvoll.

Wie in Xi’an wurde auch in Xuzhou der Originalfundort der Terrakotta-Armee überdacht und in ein Museum umgewandelt. Leider wurde über den zwei Gruben mit den winzigen Tonfiguren noch eine Art Glassarkophag angebracht, der den Blick des Besuchers auf die jahrtausendealten Grabwächter stark einschränkt.

Die Vorrichtung aus Glas soll die temperaturempfindlichen Terrakotta-Krieger offenbar vor dem Zerfall schützen. Doch wer weiß, vielleicht wollten die Museumsmacher ja auch einfach nur sicherstellen, dass die Tonsoldaten des Chu-Prinzen in ihrer Grube nicht ertrinken, wenn sich die Drachen-Wolken über dem Yunlongshan wieder einmal mit voller Wucht entleeren...

Reisehinweise:

Die Fahrt mit dem Hochgeschwindigkeitszug von Beijing nach Xuzhou dauert etwas mehr als drei Stunden. Die im Text beschriebenen Sehenswürdigkeiten können in anderthalb Tagen problemlos besichtigt werden.


【1】【2】【3】【4】【5】【6】【7】【8】【9】【10】【11】【12】【13】【14】【15】【16】【17】【18】

Folgen Sie uns auf Facebook und Twitter! German.people.cn, die etwas andere China-Seite.

Mehr Bilder

Copyright by People's Daily Online. All Rights Reserved.