Während der Amtszeit von Präsident Jimmy Carter von 1977 bis 1981 nahmen die USA mit der Volksrepublik China diplomatische Beziehungen auf. In der People’s Daily äußert sich Carter über die Bedeutung von Xis erstem USA-Besuch als Präsident.
Von Jimmy Carter
China hat mich seit meinem ersten Besuch in Qingdao kurz vor der Gründung der Volksrepublik am ersten Oktober 1949 – meinem 25. Geburtstag – fasziniert .
Ich war Gouverneur von Georgia, als Präsident Nixon 1972 seinen historischen China-Besuch machte, und ich war enttäuscht, als keine weiteren Schritte unternommen wurden, um diplomatische Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern aufzunehmen.
Ich machte das zu einer Priorität als ich Präsident wurde, und initiierte hochrangige Verhandlungen mit der chinesischen Führung. Diese Bemühungen zahlten sich aus, als Vize-Ministerpräsident Deng Xiaoping und ich am 15. Dezember 1978 ankündigten, dass die volle gegenseitige Anerkennung zu Beginn des nächsten Jahres erfolgen würde. Drei Tage später verkündete er, dass es in seinem Land zu dramatischen Reformen kommen würde, und dass sich sein Land „öffnen“ würde. Nur wenige Menschen sahen die drastischen Auswirkungen voraus, die diese zwei Entscheidungen auf die internationale Gemeinschaft haben würden.
Seit dem Ende meiner Amtszeit habe ich China regelmäßig besucht, und ich wurde sowohl von der obersten politischen Führung als auch von den Führern in der Privatwirtschaft und von Privatleuten in vielen Gemeinden willkommen geheißen.
Das Carter Center wurde von der Regierung mit der Durchführung von wichtigen Aufgaben beauftragt, einschließlich der Implementierung und Bewertung von vollen demokratischen Wahlen in 600.000 chinesischen Dörfern, die fast zwei Drittel der Gesamtbevölkerung repräsentierten. Wir konzentrieren uns nun darauf, die falschen Wahrnehmungen, die ein Land vom anderen hat, gegenseitig zu verringern, indem wir jedes Jahr Foren über die Verbesserung der Beziehungen durchführen, und für die USA und China nach Wegen suchen, um in anderen Ländern – insbesondere in Afrika – den Frieden und die nachhaltige Entwicklung zu fördern.
Während meinen vier Treffen mit Präsident Xi Jinping in den letzten Jahren hat Xi – wie Deng Xiaoping vor ihm – die Notwendigkeit für unsere politischen Führer betont, sich gegenseitig zu achten und trotz der dramatischen Unterschiede in unserer Geschichte, Kultur und politischen Systemen wenn möglich zusammenzuarbeiten. Es war schon immer klar, dass es in beiden Ländern potenzielle politische Führer gibt, die zu ihrem eigenen Vorteil das andere Land für ihre Probleme verantwortlich gemacht und versucht haben, die von Natur aus existierenden Probleme zu verschärfen.
Wie die USA steht auch China vor vielen schweren innenpolitischen Herausforderungen. China ist bemüht, die Lebensqualität seiner Bürger, die weiter von der Ostküste entfernt leben, zu verbessern, und sich von einer relativ prosperierenden, exportorientierten Wirtschaft in eine Wirtschaft zu verwandeln, in der die wachsende Abhängigkeit von den inländischen Verbrauchern berücksichtigt ist. Anders als in der Vergangenheit ist Chinas politischer und wirtschaftlicher Einfluss heute in fast jeder Ecke der Welt spürbar.
China hat in den vergangenen 35 Jahren in Frieden mit seinen Nachbarn und den anderen Ländern gelebt, aber sein wachsender Einfluss hat zu Streitigkeiten geführt – vor allem in Bezug auf das Süd- und Ostchinesische Meer.
Viele meiner Nachfolger als Präsidenten haben während ihren Wahlkampagnen negative Bemerkungen über die Beziehungen zu China gemacht. Sobald sie im Amt waren, haben sie aber fast all ihre Aussagen wieder gemäßigt. Ich bin sicher, dass es dieselbe Situation auch in China gegeben hat.
Der erste Staatsbesuch von Präsident Xi Jinping in den USA bietet ihm und Präsident Obama die Gelegenheit, herauszufinden, wie unsere beiden großen Nationen friedlich miteinander umgehen können – als gleichwertige Partner und mit gegenseitigem Respekt.
Die Chinesen müssen verstehen, dass Amerika ein friedliches, wohlhabendes und freies China sehen möchte, und dass wir den Aufstieg von China nicht untergraben wollen. Umgekehrt müssen die Amerikaner verstehen, dass sich China von der Sowjetunion, mit der wir im Kalten Krieg konfrontiert waren, unterscheidet. China muss ermutigt werden, sich an einer internationalen Ordnung, die durch internationale Gesetze und Normen geregelt wird, zu beteiligen und diese auch zu verteidigen.
Obwohl die gegenwärtigen Herausforderungen, welche die sino-amerikanischen Beziehungen zu entgleisen drohen, groß sind, bin ich sicher, dass Deng Xiaoping mit mir übereinstimmen würde, dass keine dieser Herausforderungen beängstigender ist als jene, die wir bereits zusammen gemeistert haben.
Die Suche nach Wegen in Richtung Frieden und nachhaltiger Entwicklung im In- und Ausland steht im Mittelpunkt der Missionen von Präsident Obama und Präsident Xi. In Anbetracht der vielen Konflikte und der noch immer schwächelnden Weltwirtschaft ist es für beide Nationen an der Zeit, sich für eine globale Ordnung einzusetzen, die dem Frieden und der Entwicklung förderlich ist.
Die beiden Präsidenten müssen ihr Treffen am Ende dieses Monats für mehr nutzen, als sich einfach nur einig zu werden, dass sie in vielen Punkten gar nicht einig sind. Sie können einen Konsens in der Frage erzielen, wie sie durch die sino-amerikanische Zusammenarbeit Vertrauen bilden können, das es zur Lösung unserer globalen Herausforderungen braucht. Wenn wir bei den dringenden ökologischen Problemen gemeinsam die Führungsrolle übernehmen, würden wir ein Beispiel setzen, dem sich nur wenige Länder entziehen könnten.
Quelle: People’s Daily