China und Russland stehen kurz vor dem Abschluss eines Abkommens über die gemeinsame Entwicklung eines Schwerlast-Hubschraubers. Der 38 Tonnen schwere Helikopter soll vor allem bei der Katastrophenrettung zum Einsatz kommen.
„Das Projekt schreitet reibungslos voran“, sagte Wu Ximing am Rande der dritten Helikopter-Expo, die am Mittwoch in Tianjin eröffnet wurde. Wu ist der Chefkonstrukteur für Hubschrauber bei der Aviation Industry Corporation of China (AVIC). „Wir besprechen mit unseren russischen Gesprächspartnern derzeit noch die letzten Details der Vereinbarung. Die Verhandlungen sollten noch vor Jahresende abgeschlossen sein, so dass wir im nächsten Jahr mit der Entwicklung starten können.“
Der chinesisch-russische Schwerlast-Transporthubschrauber soll in China hergestellt werden. Als Antrieb soll in der Anfangsphase das Triebwerk Lotarew D-136 aus ukrainischer Produktion verwendet werden. Grund ist das Fehlen eines ebenbürtigen chinesischen Triebwerks. „Die aktuelle Maximalleistung unseres Triebwerks beträgt nur rund eintausend Kilowatt. Das ist zu wenig für den Schwerlasthubschrauber“, erklärt Wu. „Die chinesischen Ingenieure arbeiten an einem Triebwerk mit einer Leistung von fünftausend Kilowatt, das in Zukunft für den Hubschrauber genutzt werden kann.“ Um das Jahr 2020 herum soll das Monstrum erstmals abheben.
Das chinesisch-russische Hubschrauber-Projekt ist eine indirekte Folge des verheerenden Wenchuan-Erdbebens vom Mai 2008. Bei den Rettungsarbeiten stellte sich heraus, dass es China an einem Hubschrauber-Typ fehlt, mit dem dringend benötigtes schweres Gerät an abgelegene Orte transportiert werden kann.
China entschied sich daher zur Zusammenarbeit mit Russland, das bei der Entwicklung von schweren Transporthubschraubern über langjährige Erfahrung verfügt. Nach mehrjährigen Verhandlungen unterzeichnete die AVIC im Mai dieses Jahres in Moskau schließlich ein Rahmenabkommen mit Russian Helicopters, das den Weg für die Entwicklung von Chinas erstem Schwerlast-Hubschrauber ebnete.
„Für den Hubschrauber verwenden wir Chinas Weltklasse-Bordelektronik und neue Werkstoffe. Russland wird für das aerodynamische Design, das Getriebe und den Vereisungsschutz zuständig sein“, erklärt Huang Chuanyue, der Vizechef der Hubschrauber-Sparte bei AVIC.
Der Mega-Hubschrauber wird nach Angaben der AVIC eine maximale Fluggeschwindigkeit von 300 Kilometer pro Stunde und ein maximales Startgewicht von 38,2 metrischen Tonnen aufweisen. In seinem Innern wird er eine Ladung von zehn Tonnen oder einhundert Personen transportieren können. Seine Reichweite wird 630 Kilometer betragen und seine maximale Flughöhe 5700 Meter.
Der größte Hubschrauber, der im Moment in China eingesetzt wird, ist der russische Mil Mi-26, der gleichzeitig auch der schwerste und leistungsstärkste Hubschrauber der Welt ist. Der neue chinesisch-russische Helikopter wird speziell für den Einsatz auf Hochebenen und in tropischen Regionen konzipiert. „Das ist sehr wichtig, weil weite Teile Chinas aus Hochebenen und gebirgigem Terrain sowie Inseln bestehen, die mit anderen Mitteln nur schwer zugänglich sind“, erklärt Huang. In diesem schwierigen Gelände soll der neue Lastenhubschrauber in Zukunft zum Einsatz kommen – in erster Linie nach Naturkatastrophen und beim Infrastrukturbau.
Huang beziffert Chinas Bedarf am neuen Transporthubschrauber in den nächsten 30 Jahren auf mindestens 200 Stück. Weltweit geht er in dieser Zeitspanne von einem Bedarf von gegen zweitausend Stück aus. „Wir erwarten, dass wir mit diesem Helikopter auf dem internationalen Markt einen Anteil von etwa 25 Prozent erreichen können.“
Marktführer im Bereich der schweren Transporthubschrauber sind derzeit die beiden amerikanischen Hersteller Boeing mit dem CH-47 Chinook und Sikorsky mit dem CH-53E Super Stallion sowie Russland mit seiner Mil Mi-26-Serie.