Nach einem kurzen Zwischenhoch hat sich das Wirtschaftswachstum in China im Juli wieder abgeschwächt. An den Börsen fallen die Kurse seit Tagen. Als Reaktion darauf hat die Zentralbank den Leitzins und den Mindestreservesatz für Banken gesenkt.
Die chinesische Zentralbank hat den Leitzins zum fünften Mal seit November gesenkt und die Vorgabe für die von den Banken vorzuhaltenden Mindestreserven herabgesetzt. Mit dieser Maßnahme sollen die Firmen entlastet und der Konjunkturabschwächung entgegengewirkt werden.
Der Ein-Jahres-Ausleihsatz wird mit Wirkung vom Mittwoch um 25 Basispunkte auf 4,6 Prozent gesenkt, teilte die chinesische Notenbank PBOC am Dienstag auf ihrer Webseite mit. Der Ein-Jahres-Einlagensatz wird um 25 Basispunkte auf 1,75 Prozent reduziert.
Am 28. Juni hat die chinesische Zentralbank den Leitzins letztmals gesenkt – auch damals um 25 Basispunkte. Der Mindestreservesatz für alle Finanzinstitute wurde von der Notenbank um 50 Basispunkte gesenkt. Der neue Reservesatz tritt ebenfalls heute Mittwoch in Kraft. Mit diesem Schritt soll die Liquidität im Bankensektor gewährleistet und ein stabiles Wachstum bei der Kreditvergabe garantiert werden. Vor allem die Finanzinstitute auf dem Lande sollen von der Senkung des Mindestreservesatzes profitieren und so die Landwirtschaft und das Kleinunternehmertum fördern.
Die Senkung des Leitzinses und des Mindestreservesatzes für die Banken werden zur Stabilisierung der Erwartungen beitragen, ist Ma Jun, der Chefökonom vom Forschungsbüro der chinesischen Zentralbank, überzeugt. Dass sich an der besonnenen Geldpolitik der Regierung etwas ändern wird, glaubt Ma hingegen nicht.
Liang Hong von der China International Capital Corporation führt den Schritt der Zentralbank in erster Linie auf den gestiegenen Deflationsdruck zurück. In der Geldpolitik der Regierung sieht er wegen der niedrigen Inflation nach wie vor großen Spielraum. Auch nach der Senkung vom Mittwoch sei der Zinssatz in China noch immer höher als in den wichtigsten Volkswirtschaften der Welt.
Die wichtigsten Konjunkturindikatoren sind im Juli niedriger als erwartet ausgefallen. Dies zeigt, dass sich das Wirtschaftswachstum nach einem zwischenzeitlichen Hoch im Mai und Juni wieder etwas abgeschwächt hat.
Chinas Aktienkurse haben ihre Talfahrt auch am Dienstag fortgesetzt. Der Shanghai Stock Exchange Composite Index sank um weitere 7,6 Prozent auf unter 3000 Punkte. Am Montag war er um 8,5 Prozent eingebrochen.
Trotzdem sieht auch Mark Haefele, der Global Chief Investment Officer der Schweizer Großbank UBS, keinen Grund zur Panik: „Wir glauben nach wie vor, dass es die chinesischen Behörden schaffen werden, eine harte Landung der Wirtschaft zu verhindern.“