Für die meisten chinesischen Touristen, die auf einmal mehrere europäische Länder besuchen, ist das Schengen-Visum am wichtigsten. Von einzelnen Ländern wie Deutschland eingeführte Visa-Erleichterungen ändern am Verfahren für den Erhalt eines Schengen-Visums jedoch nichts. Warum gibt es keine einheitliche Visa-Erleichterung im Rahmen des Schengen-Abkommens? Wäre eine solche einheitliche Visa-Erleichterung nicht machbar?

Eines möchte ich betonen: Das Schengen-Visum ist für jeden Reisenden auf dem europäischen Festland eine große Erleichterung. Ein Visum gilt für das Gebiet aller 26 beteiligten Staaten, das ist weltweit einmalig.

Damit dies funktionieren kann, muss es einheitliche Regeln für die Visaerteilung geben. Diese betreffen alle Schengen-Staaten. Von diesen Regeln muss der Reisende aber eigentlich nur eine beachten: Wer in eines oder mehrere Schengen-Länder reisen möchte, muss sein Visum bei der Botschaft des Landes beantragen, in dem das Hauptreiseziel, beziehungsweise der Schwerpunkt der Reise liegt. Das heißt, wer sich 5 Tage in Deutschland und 3 Tage in Italien aufhalten möchte, muss sein Visum bei der deutschen Botschaft beantragen. Italien darf dieses Visum nicht ausstellen.

Trotz gemeinsamer Regeln sind die Visaverfahren der einzelnen Botschaften noch unterschiedlich organisiert. Deshalb gibt es auch unterschiedliche Bearbeitungszeiten. Einige benötigen noch bis zu 10 Arbeitstage, andere können bereits in 48 Stunden liefern. Deutschland ist schon jetzt in der Spitzengruppe.

Deutschland will die Erteilung von Visa weiter erleichtern. Deshalb haben wir mit allen Schengen-Staaten gemeinsam eine Arbeitsgruppe gegründet. Vor allem wollen wir die Zahl der Dokumente weiter verringern, die Reisende zur Beantragung eines Visums vorlegen müssen. Die Richtung ist für alle klar: Mehr Kundenfreundlichkeit und Service. Dem fühlen wir uns verpflichtet.

Welche Maßnahmen wird die deutsche Tourismusindustrie ergreifen, um ihr Angebot für eine Zunahme von Touristen aus China zu verbessern?

Deutschland versucht sich noch spezifischer auf chinesische Reisende einzustellen. Dabei geht es vorrangig um den Abbau von Sprachbarrieren. Es gibt ein immer größeres Angebot an chinesischen Führungen, Reiseplanungen oder Buchungsportalen im Internet. Ich möchte Ihnen zwei Beispiele nennen: Unsere deutschen Museen haben sich hervorragend auf chinesische Besucher eingerichtet. Führungen und Audioführer auf Chinesisch gehören zum Standard. Und viele Geschäfte bieten mittlerweile eine chinesische Beratung an. Das Einkaufen von Qualität „Made in Germany“ wird so noch einfacher. Im Tourismus beobachten wir derzeit einen starken Trend zu Individualreisen. Auch für Chinesen wächst das Angebot maßgeschneiderter Reisen durch Deutschland. Außerdem baut die Deutsche Zentrale für Tourismus ihr Büro in China derzeit stark aus. Chinesische Reisende sollen dadurch noch besser über das Reiseland Deutschland informiert werden.

Welche Sehenswürdigkeiten und Spezialitäten empfehlen Sie als Botschafter einem Touristen oder einer Touristin aus China?

Die meisten Chinesen kennen Schloss Neuschwanstein oder den Kölner Dom. Für mich steht an erster Stelle aber die Hauptstadt Berlin. Berlin liegt im Zentrum Europas, es ist eine extrem vielfältige und junge Stadt mit einer bewegten Geschichte und einzigartigen Kulturszene. Geschichte, Kultur, junge Szene – in Berlin findet man dies alles auf engstem Raum. Und auch beim Shopping kommen Sie in Berlin, wie in anderen großen deutschen Städten, auf Ihre Kosten.

Ich würde Ihnen aber auch raten unsere von der UNESCO zum Weltkulturerbe ernannten kleinen Städte wie Lübeck oder Weimar zu besuchen. Außerdem einige der über 100 Naturparks in Deutschland. In dieser einzigartigen und unberührten Natur können Sie sich erholen, sie ist zu jeder Jahreszeit ein besonderes Erlebnis.

Und wenn Ihnen Essen wichtig ist, dann probieren Sie doch einmal die neue deutsche Spitzengastronomie. Immer mehr Restaurants werden international ausgezeichnet. Denn die deutsche Küche hat mehr zu bieten als Bratwurst und Bier!