Herrliches Wetter, saubere Luft und wenig Verkehr: So schön wie während dem APEC-Treffen ist es in Chinas Hauptstadt selten. Trotzdem zieht es Heerscharen von Beijingern in südlichere Gefilde.
Li Chenguang staunte nicht schlecht, als er am Freitag im Beijinger Südbahnhof eintraf: „Es waren mindestens doppelt soviele Passagiere da wie sonst. Die Wartehalle war vollgepackt mit Familien und jungen Leuten wie wir!“
Wie Tausende andere Beijinger, die im öffentlichen Sektor tätig sind, erhielt auch der 26-jährige Li wegen dem APEC-Treffen sechs Tage Urlaub verordnet. Li, der für China Telecom arbeitet, will zusammen mit einigen Freunden Hangzhou, den Hauptort der Provinz Zhejiang, besuchen.
Offiziell begann der Zwangsurlaub erst am Freitag. Der Massenexodus setzte jedoch bereits einen Tag vorher ein. Nach Angaben des Beijing Railway Bureau verließen am Donnerstag 410.000 Menschen die Hauptstadt mit der Bahn. Für Freitag rechnete das Büro mit gegen 470.000 Personen. Das Passagieraufkommen erreichte somit ähnliche Werte wie während den Nationalfeiertagen im Oktober, als täglich im Durchschnitt 650.000 Personen per Bahn aus Beijing abreisten.
Auch die Fluggesellschaften spüren das APEC-Treffen deutlich. Flüge mit China Southern Airlines in die südchinesische Metropole Guangzhou und auf die Tropeninsel Hainan sind fast ausgebucht. Viele seiner Kollegen hätten den Zug nehmen müssen, weil Flugtickets kaum mehr erhältlich waren, sagt Mittelschullehrer Wen Hong, der das APEC-Meeting für einen dreitägigen Abstecher nach Shanghai nutzt.
Dai Yu, der Marketingchef von Ctrip, bestätigt diesen Reisetrend: „Viele Tourismusdestinationen und tourismusbezogene Industrien einschließlich Hotels machen Werbung, indem sie Touristen aus Beijing während dem APEC-Treffen Rabatte anbieten.“
Die Mehrheit der Beijinger zieht es in südliche Gefilde, wo die Luft besser ist als Zuhause. Beliebteste Destination ist Sanya auf der Tropeninsel Hainan. Dahinter folgen Shanghai, das malerische Lijiang in Yunnan und die Küstenstadt Xiamen in Chinas Südosten.
Die Chancen für Li Chenguang und seine Kollegen stehen damit also nicht schlecht, dass sie wenigstens am berühmten Westsee in Hangzhou nicht ganz so viele Menschen antreffen werden wie gestern Freitag am Südbahnhof in Beijing.