Das Bruttoinlandprodukt alleine ist kein ausreichender Indikator, um Auskunft über eine Volkswirtschaft zu geben. Mit dieser Erkenntnis will das chinesische Statistikamt in Zukunft Kennzahlen zu Umwelt und Gesellschaft stärker gewichten. Von Politikern wird ein Umdenken gefordert.

(Illustriert von Kuang Ye, Xinhua)

Viele Behörden schauen sich nur das Bruttoinlandprodukt (BIP) an, wenn sie an Chinas Wirtschaftswachstum denken. Das will das höchste Statistikamt der Volksrepublik nun ändern: Mit einem breiter angelegten Entwicklungsplan will es die Fixierung von Beamten auf das BIP aufheben und die Entwicklungen in Umwelt und Gesellschaft stärker gewichten.

Im Rahmen des neuen Systems für statistische Indikatoren hat das staatliche Statistikamt Statistiker landesweit aufgefordert, ihren Fokus in Zukunft vermehrt auf die wirtschaftliche Stabilität, Strukturoptimierung und industrielle Entwicklung, Innovation, die Umwelt und die Verbesserung der Lebensgrundlage der Gesellschaft zu legen.

„Schon seit einer zu langen Zeit fokussieren die staatlichen Statistiken nur auf das BIP und dessen Wachstum“, gab das staatliche Statistikbüro auf seiner Website bekannt. „In der gegenwärtigen Situation müssen wir unser Augenmerk auf positive Veränderungen und Nutzen der wirtschaftlichen Entwicklung lenken.“

Über 40 Indikatoren umfassen unter anderem das Verhältnis von Staatsschulden zum Steuereinkommen, die Staatsschuldenquote, der Konsum der Einwohner, die Urbanisierungsrate und die Ausgaben für Forschung und Entwicklung gemessen am BIP. Die neuen Indikatoren werden in Zukunft regelmäßig von den Statistikämtern publiziert.

Ein Umdenken zu breiteren statistischen Indikatoren wurde nötig, nachdem chinesische Führungskräfte von der Wirtschaft ein verändertes Wachstumsverhalten forderten, wobei der Schutz der Umwelt und eine nachhaltige Entwicklung eine große Rolle spielen.

Bis anhin hatte das staatliche Statistikamt jeweils nur sehr einseitige Kennzahlen wie das BIP-Wachstum oder den Konsumentenpreisindex veröffentlicht. Chinesische Funktionäre waren oft besessen vom BIP-Wachstum, weil dieser Indikator vielmals der wichtigste Aspekt für eine Beförderung darstellte.

Auf der anderen Seite gibt es immer noch viele Leute, welche die wirtschaftliche Situation in China kritisch beurteilen. Eine sich immer weiter öffnende Einkommensschere, sich verschlechternde Umweltbedingungen und zunehmende Land-Beschlagnahmungen führen zu Unzufriedenheit in der Bevölkerung.