US-Präsident Barack Obama hat seine Asien-Reise am Mittwoch mit einer Sympathiebekundung zugunsten von Japan begonnen. Seine pro-japanischen Äußerungen im Streit um die umstrittenen Diaoyu-Inseln werden Experten zufolge die ohnehin schon angespannte Lage in Ostasien weiter verschärfen.
In einem Interview, das von der japanischen Tageszeitung Yomiuri Shimbun am Mittwoch veröffentlicht wurde, sagt Obama, dass die Diaoyu-Inseln im Ostchinesischen Meer unter Artikel fünf des Sicherheitsvertrags zwischen Japan und den USA fallen, der Washington verpflichtet, seinem asiatischen Bündnispartner im Fall eines Konflikts über die von ihm verwalteten Territorien beizustehen. Zudem sicherte Obama Japan beim Versuch, sein eingeschränktes Recht auf Selbstverteidigung zu lockern, seine Unterstützung zu.
“Wir sind gegen jeden unilateralen Versuch, der Japans Verwaltung über diese Inseln untergräbt”, stellte Obama klar. Die Zusammenarbeit der USA mit China “dürfe und werde nicht auf Kosten von Japan oder igendeinem anderen Verbündeten erfolgen”.
Während Ministerpräsident Shinzo Abe versucht, Japans Beschränkungen bei der Ausübung seiner Selbstverteidigung zu lockern, die dem Land durch seine pazifistische Verfassung auferlegt sind, begrüßt Obama, dass Tokio in der internationalen Sicherheitspolitik eine größere Rolle spielen möchte: “Ich möchte Premierminister Abe für seine Bemühungen loben, Japans Verteidigungskräfte zu stärken und die Koordination zwischen unseren Streitkräften zu vertiefen, einschließlich der Überprüfung der bestehenden Grenzen bei der Ausübung der kollektiven Selbstverteidigung.” Gleichzeitig forderte Obama die japanischen Selbstverteidigungskräfte auf, im Rahmen des Bündnisses mit den USA mehr zu tun.
Noch nie hat ein amtierender US-Präsident so offen für Japan Stellung bezogen. “Mehr als alle seine Vorgänger hat Abe Fortschritte bei dem erzielt, was Washington von Japan schon lange gewollt hat - nämlich, ein selbstbewussterer Partner in der regionalen Sicherheitspolitik zu werden”, erklärt Jeff Kingston, Direktor für Asienstudien am Japanischen Campus der Temple University.
Obama ist der erste amerikanische Präsident seit 1996, der Japan einen vollständigen Staatsbesuch abstattet. Sein Besuch soll die Zweifel Japans und der anderen Verbündeten der USA in Bezug auf die Bereitschaft Washingtons zu ihrer Verteidigung beseitigen, ohne die lebenswichtigen Beziehungen der USA zu China zu beeinträchtigen. Eine entsprechende Zusicherung wird ganz oben auf der politischen Agenda stehen, wenn Obama Abe am Donnerstag zu einem symbolischen Gipfel trifft.
Kingston bezeichnet Obamas diplomatischen Spagat als “Mission Impossible”: “Wenn Obama versucht, die Beziehungen zu China zu verbessern, verärgert er damit höchstwahrscheinlich seinen Verbündeten. In dem Maße, wie er die Beziehungen mit seinen Verbündeten verbessert, verärgert er Beijing.”
“Obama möchte ein besseres Verhältnis mit Beijing, gleichzeitig möchte er aber auch, dass Beijing darüber nachdenkt, sein eigenes Verhalten zu ändern”, erklärt Kingston.
Die Äußerungen von Obama seien als Warnung an China und gleichzeitig als sicherheitspolitische Zusicherung an Japan und die anderen Verbündeten der USA zu verstehen, sagt Shi Yinhong, der Direktor des Zentrums für Amerikastudien an der Renmin-Universität in Beijing. Nachdem die USA in der Ukraine nicht interveniert hätten, seien bei ihren Bündnispartnern in Asien Zweifel an ihrer Aufrichtigkeit aufgekommen.
“Japan wird dieses Mal sehr zufrieden sein. Aber Tokio wird dadurch ermutigt, seinen Konfrontaktionskurs gegenüber Beijing zu intensivieren”, befürchtet Shi. Auf diese Weise würden die Spannungen in Asien weiter zunehmen und vielleicht sogar die Beziehungen zwischen China und den USA beschädigt.
Einen ersten Schritt dazu hat Tokio bereits getan, indem es am Samstag auf Yonaguni, Japans westlichster Insel, mit dem Bau einer Radaranlage begonnen hat. Yonaguni liegt unweit der Diaoyu-Inseln.
Qin Gang, der Sprecher des Außenministeriums in Beijing, betonte am Mittwoch erneut, dass die Diaoyu-Inseln ein fester Bestandteil des chinesischen Territoriums sind. China lehne die Aufnahme der Inseln in den japanisch-amerikanischen Sicherheitsvertrag strikte ab. Das Sicherheitsbündnis sei ein Relikt aus dem Kalten Krieg und dürfe weder Chinas Souveränität noch seine rechtmäßigen Interessen verletzen.