Von Xiao Shan
Die Trump-Administration führt undifferenziert einen Zollkrieg, was nicht nur eine Kriegserklärung an das globale Handelssystem darstellt, sondern auch eine „Schocktherapie“ für die internationale Ordnung seit dem Zweiten Weltkrieg. Während Washington in Unilateralismus und Recht des Stärkeren schwelgt, steht Europa vor einer historischen Weichenstellung: Verharrt es weiterhin als „Geisel“ im geopolitischen Spiel der USA oder verteidigt es gemeinsam mit China den Multilateralismus? Die Antwort birgt ein altes europäisches Sprichwort: „Hilf dir selbst, so hilft dir Gott.“ Was Europa jetzt braucht, ist keine religiöse Ergebenheit in transatlantischen Beziehungen, sondern einen tiefgreifenden Mentalitätswechsel.
Strategische Souveränität: Die ultimative Aufgabe, das „mentale Siegel“ zu durchbrechen
Die politische Elite Europas spricht oft von „strategischer Souveränität“, offenbart jedoch in ihren Handlungen ein verwirrendes „Doppelspiel“: Einerseits beschwert man sich über den „grünen Protektionismus“ der USA durch den Inflation Reduction Act, andererseits schwingt man die Antisubventionskeule gegen chinesische Elektroautos. Einerseits empört man sich darüber, von Washington als geopolitischer Vasall behandelt zu werden, andererseits folgt man jedem politischen Kurswechsel der USA bedingungslos. Dieser Widerspruch ist eigentlich das Produkt eines „mentalen Siegels“, sprich, eines kollektiven Unbewusstseins, das die transatlantischen Beziehungen verklärt und die amerikanische Hegemonie verharmlost.
Die Demütigung, stets auf US-Agenden reagieren zu müssen, sollte eigentlich ein Katalysator für Europas Erwachen sein. Doch das „mentale Siegel“ bleibt ungebrochen, sogar auf Kosten eigener wirtschaftlicher Souveränität. Die Geschichte hat längst bewiesen: Abhängigkeiten schlagen irgendwann zurück. 1956 zwangen die USA Großbritannien und Frankreich durch finanzielle Maßnahmen zum Rückzug aus der Suezkrise und zerstörten die letzten europäischen Kolonialfantasien. Anfang 2025 vollzog die Trump-Regierung eine plötzliche Kehrtwende in der Ukraine-Politik, führte Gespräche direkt mit Russland, über die Köpfe Europas – ein Schock für den gesamten europäischen Kontinent.
Wahre strategische Souveränität beginnt mit einer Revolution der Mentalität. Europa muss erkennen: außenpolitisch wurde es bereits übergangen, geistig darf es nicht mehr hinterherhinken. Wenn Trump nichts unversucht lässt, China einzudämmen, sollte Brüssel nicht bei diesem Gigantenkampf jubelnd zusehen.
Protektionismus: Do not go gentle into that good night
Trumps Zollpolitik ist kein Einzelfall, sondern ein unvermeidliches Produkt der tiefgreifenden Umstrukturierung der Globalisierung. Laut einer Analyse von „Euronews“ könnten die von Trump verhängten Zölle auf EU-Waren zu Exportverlusten von mindestens 85 Milliarden Euro führen. Deutschland sowie andere Länder würden vor schwerwiegenden Folgen stehen. Dies bestätigt eine harte Wahrheit: Die Welt kann zu viele „Schocktherapien“ nicht vertragen.
Europas Angst sollte nicht in Protektionismus münden, sondern in entschlossenen Multilateralismus. Als zwei der größten Volkswirtschaften der Welt ist das Handelsvolumen zwischen China und der EU von 2,4 Milliarden US-Dollar auf 780 Milliarden US-Dollar gestiegen, während das Investitionsvolumen von null auf fast 260 Milliarden US-Dollar angewachsen ist. Diese symbiotische Beziehung ist kein Opfer des Nullsummenspiels, sondern ein Ergebnis multilateraler Handelsordnung. Wenn Europa Märkte durch Protektionismus spalte und Barrieren aus Kurzsicht bzw. Angst errichte, würden beide Seiten unter Innovationsstillstand und steigenden Kosten leiden – und Europa würde die historische Chance verpassen, gemeinsam mit China die globale Industriekette zu modernisieren. Die scheinbar harmlosen Handelsbarrieren würden sich als schwarze Löcher des Wohlstands entpuppen.
Die Rollen Chinas und Europas: Partner zum Schutz des Multilateralismus
Die Geschichte belohnt immer Zivilisationen, die mentale Fesseln sprengen. Wenn Europa den Wahn westlicher Hegemonie ablegt und China weiterhin partnerschaftlich handelt, werden beide gemeinsam beweisen: Multilateralismus ist keine Utopie, sondern die einzig vernünftige Option für das Zusammenleben der Menschheit. Angesichts der dunklen Verlockungen des Protektionismus sollten China und Europa gemeinsam das Licht des Multilateralismus bewahren. Denn die Zukunft dieser Welt darf nicht von einem Land monopolisiert werden – sie gehört allen, die an Kooperation statt Konfrontation, Offenheit statt Abschottung und Win-Win statt Nullsumme glauben.
Dafür muss Europa den Mut der Aufklärungsepoche aufbringen, um das „mentale Siegel“ abzuschütteln. Denn wahre strategische Souveränität ist kein geopolitisches Abenteuer, sondern die Ehrfurcht vor der Geschichte – wie Hegel sagte: „Die Eule der Minerva beginnt erst mit der einbrechenden Dämmerung ihren Flug.“ Jetzt ist Europas Stunde des Erwachens. Europa soll Herr seines Schicksals sein, nicht Fußnote einer Hegemonie.
(Die Autorin Xiao Shan ist Beobachterin der internationalen Politik. Die Meinung der Autorin spiegelt die Position unserer Webseite nicht notwendigerweise wider.)