Von Oliver Fritzsch
Xinjiang, das Uigurische Autonome Gebiet im Nordwesten Chinas ist für seine atemberaubende Landschaft und ethnische Vielfalt bekannt. Im Juni reise ich in den nördlichen Teil von Xinjiang, das etwa 4,6-mal so groß wie Deutschland ist, um seinen einzigartigen Charakter zu erleben.
Eine Grenzstadt, in der der China-Europa-Handel blüht und Livestreamer nach Eurasien verkaufen
Das Hauptgebäude neben dem Eingang zur Pilot-Freihandelszone. (Foto: People’s Daily Online/Oliver Fritzsch)
In den letzten Jahren las ich immer wieder darüber, dass der Handel zwischen China und Europa durch die „Belt and Road“-Initiative (BRI) stark zugenommen hat. An meinem nächsten Ziel möchte ich davon einen Eindruck bekommen und reise deshalb an einen Ort, der dabei eine wichtige Rolle spielt. Dieser heißt Korgas und liegt knapp 100 Kilometer in nordwestlicher Richtung von der Stadt Yining entfernt.
Einer der Shuttle-Busse, die in der Pilot-Freihandelszone verkehren. (Foto: People’s Daily Online/Oliver Fritzsch)
An der Grenze zu Kasachstan gelegen, hat sich Korgas zu einer internationalen Drehscheibe für den Import und Export verschiedenster Waren entwickelt. Vor einigen Jahren wurden auf dem Schienenweg hauptsächlich Maschinen aus Europa importiert, doch mittlerweile macht der Export von Elektrofahrzeugen, Baugeräten und elektrischen Haushaltsgeräten aus China den Großteil aus.
Eines der beiden „Grenztore“, durch die man als Besucher hindurchgehen kann. (Foto: People’s Daily Online/Oliver Fritzsch)
Mit meinem Reisepass passiere ich problemlos den Kontrollbereich der Freihandelszone, die offiziell Korgas Area of China (Xinjiang) Pilot Free Trade Zone heißt. Die Zone besteht aus zwei Teilen: einen auf der chinesischen Seite und einen auf der kasachischen.
Touristen machen Fotos vor dem rot-blauen Grenzstreifen, der Landesgrenze markiert. (Foto: People’s Daily Online/Oliver Fritzsch)
Ich steige in einen der kleinen Zubringerbusse, der an die Gefährte in Freizeitparks erinnert, der mich zur Grenzlinie bringt. Auf dem rot-blauen Doppelstreifen, der die Grenze markiert, und an den beiden Portalen rechts und links der Straße wimmelt es von Besuchern, denn der Grenzübertritt ist ein beliebtes Fotomotiv. Ich entschließe mich, zuerst auf die kasachische Seite zu gehen, wo es mehrere Gebäude mit Duty-Free-Geschäften gibt. Im Inneren findet man vor allem Produkte aus China, Zentralasien und Russland. Aber auch Schokolade und Nahrungsergänzungsmittel aus Deutschland sowie Produkte aus anderen europäischen Ländern werden hier angeboten.
Eines der Gebäude mit Duty-Free-Geschäften auf der kasachischen Seite. (Foto: People’s Daily Online/Oliver Fritzsch)
Blick auf die beiden Grenztore von kasachischer Seite aus. (Foto: People’s Daily Online/Oliver Fritzsch)
Beim Schlendern durch die Regale vergeht die Zeit wie im Flug und ich bin hungrig. Ich möchte ein lokales Nudelgericht probieren und habe Glück, denn mir wird ein Imbiss vor einem der Duty-Free-Geschäfte empfohlen, an dem es diese Nudeln gibt. Es handelt sich um Guoyou Roubanmian, in denen sich Stückchen von Lammfleisch, Tomate, roter und grüner Paprika, Sellerie und Zwiebel finden. Das Gericht trifft genau meinen Geschmack und wenn man noch nicht satt ist, kann man Nudeln kostenfrei nachholen.
Das Yiwu International Trade Center in der Pilot-Freihandelszone. (Foto: People’s Daily Online/Oliver Fritzsch)
Nach dem Essen springe ich zurück über den blau-roten Streifen und kehre damit auf chinesisches Territorium zurück, denn ich will noch einen Ort aufsuchen, der mich interessiert und an dem direkt an Abnehmer aus Eurasien verkauft wird. Der Yiwu International Trade Market befindet sich in einem mehrstöckigen kolossalen Gebäude und beherbergt eine Vielzahl von Geschäften, in denen verschiedenste Produkte und Dienstleistungen angeboten werden. Die meisten Waren, die ich sehe, stammen aus China und den Besuchern nach zu urteilen, werden diese vor allem an Kunden aus zentralasiatischen Ländern und Russland verkauft. In einem der Läden werde ich auf eine Verkäuferin aufmerksam, die Haushaltsgeräte in die Kamera eines Smartphones hält und bewirbt. Als sie eine Pause macht, frage ich sie, wer ihre Kunden sind. Sie sagt, sie verkaufe per Livestream an Kasachisch und Russisch sprechende Zuschauer in eurasischen Ländern. Im Kassenbereich des Geschäfts stellen zwei ihrer Kolleginnen unentwegt Bestellungen zusammen und verpacken Produkte mit Luftpolsterfolie. Die Livestream-Verkäuferin macht einen zufriedenen Eindruck und das Geschäft scheint zu laufen.
Waren in einem Duty-Free-Geschäft auf der kasachischen Seite. (Foto: People’s Daily Online/Oliver Fritzsch)
Es ist früher Abend und viele Besucher verlassen das Gebäude mit riesigen, prall gefüllten Plastiksäcken in Richtung haltender Busse. Auch ich verlasse die Freihandelszone und fahre zurück ins Hotel.