Ein Forschungsteam der Shanghai Jiao Tong University (SJTU) hat einen einzigartigen sechsbeinigen Blindenführungsroboter für sehbehinderte Menschen entwickelt. Der neue Roboter verfügt über fortschrittliche Navigations- und Sicherheitsfunktionen und soll den Mangel an echten Blindenhunden in China beheben.
„Wir glauben, dass unser Roboter als zusätzliches ‚Augenpaar‘ für sehbehinderte Menschen fungieren kann“, sagte Professor Gao Feng von der Fakultät für Maschinenbau in einer Pressemitteilung am Donnerstag.
Nach Angaben der Chinesischen Vereinigung für Menschen mit Sehbehinderungen gibt es in China etwa 17,31 Millionen sehbehinderte Menschen. Aufgrund hoher Zuchtkosten und langer Ausbildungszeiten sind jedoch Berichten zufolge landesweit nur über 400 Blindenhunde im Einsatz. Das bedeutet, dass nur ein Blindenhund für jeweils 40.000 Sehbehinderte in China zur Verfügung steht.
Der Blindenroboter kann die Sprache von Blinden genau erkennen und in weniger als einer Sekunde reagieren. Die Höchstgeschwindigkeit des Roboters beträgt drei Meter pro Sekunde, wobei er seinen stabilen, geräuscharmen Gang beibehält. Darüber hinaus verfügt er über eine visuelle Umgebungswahrnehmung, die es ihm ermöglicht, selbstständig zu seinem Ziel zu navigieren, Hindernissen dynamisch auszuweichen und Ampeln zu erkennen. Mit Unterstützung des Internets kann er auch als häuslicher Begleiter und Notrufempfänger für blinde Menschen dienen.
„Die Hauptaufgabe unseres Roboters besteht darin, eine effektive Kommunikation mit blinden Menschen aufzubauen, damit der Roboter die Absichten des Benutzers verstehen und gleichzeitig koordinierte Bewegungen ausführen kann“, so Gao.
Um diese Ziele zu erreichen, verwendet der Roboter ein multisensorisches Wahrnehmungssystem aus „Sehen, Hören, Fragen und Berühren“. Steuern kann der Benutzer ihn über einen Rückkopplungsgehstock.
Der Roboter nutzt zudem fortschrittliche Algorithmen des maschinellen Lernens, die es ihm ermöglichen, statischen und dynamischen Hindernissen mit einem hohen Maß an Stabilität und Sicherheit automatisch auszuweichen.
Außerdem ist er mit mehreren Sensoren, wie beispielsweise einem Laserradar, ausgestattet, um die Wahrnehmungsgenauigkeit in komplexen Umgebungen zu verbessern. Das bedeutet, dass er sich problemlos auf verschiedenen Geländetypen bewegen und Blinde sowohl in Innenräumen als auch im Freien ohne Internet führen kann.
Der Führungsroboter wird derzeit in der Praxis getestet. Während des gesamten Forschungs- und Entwicklungsprozesses wurden sehbehinderte Personen in Offline-Demonstrationen und Tests einbezogen, so Gao.
„Wir haben bereits Aufträge für 20 Einheiten erhalten und glauben, dass er bald marktreif sein wird“, sagte er.
Im Mai dieses Jahres erlebte der 41-jährige Li Fei bei einem Feldversuch am Yangpu-Fluss in Shanghai den Blindenroboter, der flüssige Bewegungen wie Vorwärtsgehen, Anhalten und Wenden zeigte und sofort auf Fußgänger und Hindernisse in der Nähe reagierte.
Für Li war es eine unglaubliche Erfahrung, nur hundert Meter mit dem Roboter-Begleithund zu laufen. „Wenn er mich führt, ist mein Weg geradliniger. Allein kann ich als Blinde nicht in einer geraden Linie gehen“, erklärte Li.
Chen Zhijun, Forschungsassistent an der Fakultät für Maschinenbau und Energietechnik der SJTU, erklärte die Vorteile des zusätzlichen Beinpaars: „Die meisten Roboterhunde auf dem Markt haben vier Beine, die paarweise laufen, so dass sie auf jeweils zwei Beinen in einer linearen Konfiguration balancieren. Das macht sie instabil, da sie ständig in Bewegung sein müssen, um das Gleichgewicht zu halten. Unser Modell hingegen hat sechs Beine. Es tritt mit jeweils drei Beinen und bildet so immer eine stabile dreieckige Basis, so dass es ohne ständige Bewegung fest stehen kann.“
Die Forscher erklärten auch, dass der Roboter-Begleithund keine ständige Internetverbindung benötigt, da er sich eine einmal gelernte Route merken kann. Der Roboter ahmt die Fähigkeiten eines echten Hundes nach und ist mit vier „Sinnen“ ausgestattet: Hören, Sehen, Sprechen und Tasten. Seine Standardgeschwindigkeit liegt zwischen 0,6 und 0,8 Metern pro Sekunde, kann aber je nach Eingabe des Benutzers angepasst werden.