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Perfektion für eine Tasse Tee

(German.people.cn)  Montag, 23. Oktober 2023

  

Wenn die Sonne über seiner Teeplantage im Kreis Ning‘er in der Provinz Yunnan aufgeht, geht Li Xingchang umher, um die Teeblätter zu überprüfen und an ihnen zu riechen.

Im September ist Erntezeit und Li behandelt jeden Baum liebevoll, als wäre es sein eigenes Kind. Der 69-Jährige hat fast 40 Jahre mit dem Anbau und der Herstellung von „Tributtee“ verbracht, der einst exklusiv für die kaiserliche Familie der Qing-Dynastie (1644-1911) hergestellt wurde.

„Seit ich damit begonnen habe, Tee herzustellen, ist das etwas, das zu meinem Leben gehört. Mein ganzes Leben hatte mit Pu’er-Tee zu tun“, sagt Li, der die Technik der Herstellung von Pu’er-Tee von seiner Familie geerbt hat.

Im November letzten Jahres wurden Chinas traditionelle Techniken der Teeherstellung und die damit verbundenen sozialen Praktiken von der UNESCO in die Repräsentative Liste des immaterielles Kulturerbes der Menschheit aufgenommen. Pu’er-Tee wurde auch dieser Liste hinzugefügt.

Lis Familie begann mit der Herstellung von Pu’er-„Tributtee“ in der Regierungsperiode des Kaisers Yongzheng (1723-1735). Heute gehört er zur achten Generation, die über Fachkenntnis in diesem Bereich verfügt.

In der Erntezeit ging Li als Kind mit seinen Eltern auf die Plantage, um beim Pflücken der Teeblätter zu helfen. Die Teeplantage mit einer Geschichte von mehreren hundert Jahren war sein Spielplatz. Die meisten seiner Kindheitserinnerungen wie das Klettern auf Bäume und das Spielen mit Freunden stehen mit der Teeplantage in Verbindung.

Die Herstellung von Pu’er-„Tributtee“ lernte Li 1987 von seiner Mutter, die sehr streng gewesen sei. Vom Anpflanzen bis zum komplizierten Prozess der Teeherstellung habe es zehn Jahre gedauert, bis Li die Anerkennung seiner Mutter gewann.

„Wenn ich es nicht gut gemacht habe, dann hat sie die Teeblätter weggeworfen oder sich geweigert, den Tee zu trinken, den ich zubereitet habe. Als sie eines Tages lächelte, nachdem sie einen Schluck genommen hatte, wusste ich, dass ich es geschafft hatte“, erinnert sich Li.

Akribische Herstellung

Die Herstellung von Pu’er-Tee setzt sich aus mehr als 70 Schritten wie dem Welken, Rösten, Quetschen, Trocknen an der Sonne und dem Pressen der Blätter zusammen. Der kritischste und schwierigste Schritt ist das Rösten der Blätter in einem großen Wok, der großen Einfluss auf das Teearoma hat und bei dem unerwünschte Gerüche des Tees beseitigt werden. Li sagt, er habe das „Rösten“ der Teeblätter im Wok über Jahre hinweg jeden Tag geübt.

„Wie hoch ich sie werfe, wie lange die Pause, die einige Sekunden dauert, ist, bis ich sie erneut hochwerfe, und welche Art Holz man verbrennt, um die Temperatur zu erreichen, die es für den Tee braucht, sind alles Details, die das Aroma und die Qualität des Tees beeinflussen können“, sagt Li.

Seine Tochter Li Mingjie sagt, dass ihr Vater ein sorgfältiger Teemacher sei und seine Hände empfindsam genug seien, um die erwünschte Temperatur beim „Rösten“ der Blätter zu fühlen. „Seine Hände sind besser als Maschinen“, sagt sie.

Neben Übung und Erfahrung brauche es auch Talent, fügt Li Xingchang hinzu. Seit 2012 arbeitet er mit Berufsschulen zusammen, um Ausbildungsstätten einzurichten. Mehr als 10.000 Teilnehmer hätten an Pu’er-Teekursen teilgenommen, aber nicht mehr als zehn hätten ihn lächeln lassen, sagt er.

„Abgesehen von Ausdauer ist Talent sehr wichtig. Das ist wie Essen kochen. Trotz gleicher Zutaten, Gewürze und Kochutensilien ist der Geschmack des Essens vom Koch abhängig. Bei der Teeherstellung ist das auch so. Der Teemacher und sein Talent entscheiden über die Qualität des Tees“, so Li.

Bäume, die einen Geist haben

Pu’er-Tee ist eine der Teearten, die in der Provinz Yunnan hergestellt werden. Der Name der Stadt Pu’er stammt von diesem Tee, nachdem dieser vor Jahrhunderten die Zulassung für den kaiserlichen Hof erhalten hatte.

Die alten Teebäume werden von verschiedenen, in der Region lebenden ethnischen Gruppen wie den Yi, Hani, Dai und Bang geschützt. Jede dieser Gruppen bewahrt eine Tradition, die von ihren Vorfahren an sie weitergegeben wurde: die Teebäume zu achten und sie zu schützen, als wären sie ihre Augen.

„Wenn Sie nach Pu’er kommen, werden Sie, egal wohin Sie gehen, viele gut behütete Bäume sehen. Das ist das Ergebnis unseres Respekts und unserer Liebe für sie. Wir betrachten sie als Geschenke der Natur“, erklärt Li Xingchang.

Jeden Frühling veranstalten die Bewohner vor der Ernte eine Reihe von Zeremonien und Ritualen, um für ein gutes Jahr und eine gute Ernte zu beten. Sie verehren und danken auch den Teebäumen, die ihnen Glück bringen. Sie glauben, dass jeder Teebaum einen Geist hat, und sie wählen einen als „Geisterbaum“, vor dem sie beten und ihren Respekt zeigen.

„Wir lieben sie und kümmern uns um sie wie um unsere Kinder“, sagt Li Xingchang, der der ethnischen Gruppe der Yi angehört.

Während er durch seine Plantage geht, pflückt er behutsam ein paar Blätter, um sie in die Kamera zu halten. Anschließend steckt er sie vorsichtig in die Tasche, um sie mit nach Hause zu nehmen.

Li Xingchang sagt, die Pflückmethode in Pu'er sei anders als an anderen Orten im Südosten Chinas. Teepflücker würden nicht auf Bäume klettern, sondern mit Leitern pflücken, um die alten Bäume zu schützen. Viele Bäume auf seiner Plantage seien mehrere hundert Jahre alt.

Historische Wurzeln

In der Region wird seit mehr als 3.000 Jahren Tee angebaut. Im Altertum war es schwierig, den Tee zu transportieren. Er wurde mit Pferden, Trägern und Karawanen in andere Teile der Welt gebracht. Pu’er gehörte zu den wichtigsten Stationen entlang der antiken Tee-Pferde-Straße, auf der die Teeblätter nach Xizang und Beijing sowie an Orte in Südostasien und Indien transportiert wurden.

Als Familienerbe der Technik zur Herstellung von Pu'er-„Tributtee“ hofft Li Xingchang, dass mehr Menschen sich ihm anschließen, um zu lernen, wie man diesen Tee herstellt, und die Fertigkeit verbreiten, damit mehr Teetrinker etwas über Pu'er erfahren.

„Von meiner Mutter über mich bis hin zu meinem Sohn hat es drei Generationen gedauert, bis die Familientechnik von anderen erlernt wurde“, sagt Li Xingchang über seine kontinuierlichen Bemühungen, Schüler an Berufsschulen auszubilden.

Mitte September wurde die Kulturlandschaft der alten Teewälder des Jingmai-Berges in Pu'er in die Liste des UNESCO-Welterbes aufgenommen. Der Jingmai-Berg liegt etwa zwei Autostunden vom Kunlu-Berg entfernt, wo sich die Teeplantage von Li Xingchang befindet. Er sagt, er sei stolz und glücklich, von der Aufnahme in die Liste zu hören, denn es sei eine Chance für Pu'er-Tee, mehr Menschen auf der ganzen Welt damit bekannt zu machen.

„Ich lade Menschen auf der ganzen Welt herzlich ein, Pu'er zu besuchen und Tee zu trinken“, sagt Li Xingchang, während er eine Kanne des berühmten Tees zubereitet.

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