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Der Besuch von Ministerpräsident Li Qiang in Deutschland: Eine Gelegenheit zur Vertrauensbildung und Stärkung der Zusammenarbeit

(German.people.cn)  Dienstag, 20. Juni 2023

  

Von Michael Schumann

 
Michael Schumann (Archivfoto)

In den letzten Jahrzehnten haben Deutschland und China eine solide Wirtschaftsbeziehung aufgebaut, die von gegenseitigem Respekt und fruchtbarer Zusammenarbeit geprägt ist. Die Herausforderungen der letzten Jahre haben jedoch die Notwendigkeit einer größeren Widerstandsfähigkeit und Diversifizierung von Industrie- und Lieferketten deutlich gemacht. Die Pandemie und die Ereignisse in der Ukraine haben viele Menschen in Deutschland verunsichert und dazu geführt, dass man sich auf potenzielle Schwachstellen und die Bedeutung einer Risikostreuung über mehrere Partner konzentriert. Es ist von entscheidender Bedeutung, die Risiken zu erkennen, die sich aus einer übermäßigen Konzentration auf einzelne Lieferanten oder einen einzigen Wirtschaftsraum ergeben können.

Das Konzept des „Derisking“, das, daraus abgeleitet, derzeit von der deutschen Regierung verfolgt wird, ist aber nicht gleichbedeutend mit einem Konzept der „Entkopplung“, wie der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz mehrfach betont hat. Vielmehr spiegelt es die Notwendigkeit wider, wirtschaftliche Risiken, die aus globalen Krisen entstehen können, frühzeitig zu erkennen und ihnen wirksam zu begegnen. Dabei ist es geboten, die Frage der wirtschaftlichen Verflechtung mit Objektivität anzugehen und sich an den Fakten zu orientieren. Eine im Februar veröffentlichte Studie des Deutschen Instituts für Weltwirtschaft (IfW Kiel) zeigt nämlich, dass die Abhängigkeit Deutschlands von China deutlich geringer ist, als es die Handelsstatistiken suggerieren. Der breite Raum, den das Thema derzeit in deutschen Mediendiskussionen über China einnimmt, ist daher nicht gerechtfertigt.

Die Europäische Union ringt um eine einheitliche Haltung und Politik gegenüber China, wobei innerhalb der Mitgliedsstaaten unterschiedliche Auffassungen vorherrschen. Das Vorgehen Deutschlands in seinen Beziehungen zu China wird den Kurs der EU maßgeblich beeinflussen. Daher tut Deutschland gut daran, sich trotz seiner jahrzehntelangen Einbindung in transatlantische Bündnisse bei seiner China-Politik nicht zu sehr von amerikanischen Interessen leiten zu lassen. Bundeskanzler Scholz ist sich dessen mehr als bewusst. Denn die aktuelle Fokussierung Deutschlands auf Dekarbonisierung und Klimaschutz bietet eine hervorragende Chance für die zukünftige deutsch-chinesische Technologie- und Wirtschaftszusammenarbeit.

Deutschland gehört nach wie vor zu den innovativsten Ländern in Bezug auf wissenschaftliche Expertise und Technologieführerschaft, wie die Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) in ihrem „Global Innovation Index 2022“ bestätigt hat, in dem Deutschland sich um zwei Plätze verbessern konnte. Hervorzuheben sind die Stärken in den Bereichen erneuerbare Energien, Wasserstofferzeugung, -speicherung und -verarbeitung, aber auch in der Biotechnologie und medizinischen Forschung. Die Pandemie hat insbesondere die immunologische Forschung und die Entwicklung der mRNA-Technologie beflügelt. Auch die deutschen Ingenieurwissenschaften genießen nach wie vor einen hervorragenden Ruf, wobei auch hier die Dekarbonisierung zahlreiche Innovationen vorantreibt. Es besteht also weiter ein erhebliches Potenzial für gegenseitiges Lernen und auch für gemeinsame Entwicklungen.

Die Wiederaufnahme der bilateralen Regierungskonsultationen nach der Pandemie ist daher ein sehr positives Zeichen. Die diesjährigen Konsultationen stehen jedoch aufgrund der veränderten innenpolitischen Bedingungen in Deutschland und der geopolitischen Verschiebungen in Europa unter erschwerten Bedingungen. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, diese Gelegenheit zu nutzen, um Hindernisse zu überwinden und neues Vertrauen aufzubauen. Denn immerhin jährt sich in diesem Jahr die Unterzeichnung des bilateralen Grundlagenvertrages über die Zusammenarbeit in Wissenschaft und Technologie zwischen der Volksrepublik China und der Bundesrepublik Deutschland zum 45. Mal.

Große Teile der deutschen Wirtschaft sehen den Regierungskonsultationen mit Hoffnung entgegen, die jüngsten Differenzen in den deutsch-chinesischen Beziehungen zu überbrücken. Viele deutsche Unternehmer jedenfalls sind weiterhin entschlossen, die Brücken nach und gute Beziehungen mit China aufrecht zu erhalten.

Michael Schumann ist Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes für Wirtschaftsförderung und Außenwirtschaft (BWA) und Vorsitzender der China-Brücke, einem Public Diplomacy Forum für die deutsch-chinesischen Beziehungen in Berlin, das die China-Kompetenz in Deutschland und das Verständnis beider Völker füreinander stärken will.

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