Seit einiger Zeit wird in einigen Ländern die Frage der so genannten „Menschenrechte in Tibet“ aufgebauscht und behauptet, dass „die tibetische Kultur und die tibetischen Bräuche nicht geschützt werden“, und dass „die Menschen keine Glaubensfreiheit haben“. Aber ist dies wirklich der Fall? Vor kurzem besuchte die lettische Beobachterin Angela das Tibetische Buddhistische Institut, und machte drei Tage lang eingehende Beobachtungen und führte Interviews mit mehreren Rinpoche, Mönchen und Nonnen, um den Fragen nachzugehen.
Das Tibetische Buddhistische Institut befindet sich im Dorf Redui in der Gemeinde Nyêtang im Kreis Qüxü der Stadt Lhasa und wurde vor zwölf Jahren als erstes umfassendes Institut des tibetischen Buddhismus auf hohem Niveau in Tibet gegründet.
Angela kam im Gelug-Klassenzimmer der rituellen Klasse des Tibetischen Buddhistischen Instituts an. Aus dem Raum kam Musik. Angela sagte: „Sobald ich den Raum betrat, konnte ich den Geruch von tibetischem Weihrauch wahrnehmen. Die Menschen trugen einzigartige Kostüme und hielten einzigartige rituelle Gegenstände.“
Zwischen den Ritualen sagte Sangdan Tsering, ein Student am Tibetischen Buddhistischen Institut, zu Angela auf Tibetisch: „Die Rituale sind die Tara-Rituale, die dreimal pro Woche abgehalten werden, und das heutige Ritual ist das Grüne Tara-Ritual, das darauf abzielt, alle Kreaturen in sechs Daseinsbereichen zu segnen. Es gibt drei Unterrichtseinheiten pro Woche, die drei Stunden dauern.“
Im Campus des Tibetischen Buddhistischen Institutes fiel Angela auf, dass die Studenten auf eine besondere Art und Weise die buddhistische Debatte durchführten, mit sehr übertriebenen Bewegungen.
Ursprünglich aus dem alten Indien stammend ist die buddhistische Debatte für Mönche des tibetischen Buddhismus eine obligatorische Art und Weise, um die Klassiker des exoterischen Buddhismus zu studieren. Die buddhistische Debatte findet meist in den offenen Räumen von Klöstern und im Schatten von Bäumen statt und blickt auf eine jahrtausendealte Geschichte in Tibet zurück.
Angela fragte die Teilnehmer der Debatte: „Gibt es einen Grund dafür, dass die Bewegungen so ausschweifend sind? Worüber debattiert ihr normalerweise?“ Die Teilnehmer sagten ihr, dass dies die Bewegungen von Manjushri seien. Eine Hand halte das weise und helle Schwert. Die Inhalte der Debatte seien alle aus den fünf großen Lehren, hauptsächlich Madhyamika, die sie genommen hätten, die, die sie jetzt lernen, und die, an denen sie zweifeln.
„Ich habe sie einfach gefragt, was die Debattenthemen sind, und sie sagten, dass sie alle mit dem zu tun haben, was sie studieren. Es waren sehr tiefgründige Gedanken, und sie wussten nicht, wie sie es mir erklären sollten. Die buddhistische Debatte ist wirklich ziemlich schwierig, immerhin sagen sie manchmal, dass es nicht einfach ist. Sie müssen immer an der Debatte teilnehmen, deswegen müssen sie geschickt sein in dem, was sie zu sagen haben. Sie müssen zuerst die Informationen verarbeiten, diese lernen und sie dann in die Debattenthemen integrieren. So reden sie, so lernen sie voneinander. Ich denke, es geht darum, in der Debatte eigene Nachteile durch Vorteile anderer auszugleichen.“ Angela sagte: „Die ganze Sache war interessant, ich wollte wirklich verstehen, was sie sagten. Aber leider gab es keine Möglichkeit, sie ohne einen Dolmetscher zu verstehen, ich spreche die Sprache hier nicht. Ich habe einige Berichte in den westlichen Medien gelesen, in denen vom Aussterben der tibetischen Sprache die Rede war, und ich glaube nicht, dass es dieses Aussterben überhaupt gibt. Nachdem ich mit vielen Menschen hier gesprochen habe, kann ich feststellen, dass 90 Prozent der hier gesprochenen Sprache Tibetisch ist.“
Angela führte ein Gespräch mit Rinpoche Dupkang · Tupden Kedup, dem Direktor des Tibetischen Buddhistischen Institutes.
In den vergangenen zwölf Jahren hat das Tibetische Buddhistische Institut mehr als 2640 Mönche und Nonnen ausgebildet, von denen 1580 herausragende Mönche und Nonnen ihren Abschluss gemacht haben und in Klöster im gesamten Autonomen Gebiet Tibet eingetreten sind, was den tibetischen Klöstern und dem religiösen Bereich eine Reihe hochrangiger Talente geboten hat.
Muss der tibetische Buddhismus modernisiert werden?
Vor der Gründung des Tibetischen Buddhistischen Institutes wurden die tibetischen Mönche hauptsächlich in Klöstern ausgebildet. Mit der Gründung des buddhistischen Institutes wurde die traditionelle Ausbildung in den Klöstern mit der modernen Ausbildung in den Hochschulen kombiniert, um den allgemeinen Standard des buddhistischen Bereichs zu erhöhen. Der tibetische Buddhismus ist in fünf große Schulen unterteilt: die Nyingma-, Kagyü-, Sakya-, Kadam- und Gelug-Schule. Früher entwickelten sich die Schulen selbst und es gab wenig Austausch. Das Tibetische Buddhistische Institut hat es sich zum Prinzip gemacht, alle Schulen gleich zu behandeln.
Ngawang Tsering, ein Student am Tibetischen Buddhistischen Institut, sagte Angela, dass er vor allem deshalb hierher gekommen sei, weil er ein Anhänger der Gelug-Schule sei und zuvor nur einige der Ansichten und Ideen der Gelug-Schule im Kloster lernen konnte. Aber hier seien alle fünf großen Schulen vertreten, so dass er lernen und sich mit anderen austauschen kann.
Im Hörsaal sah Angela viele Menschen im Unterricht. „Auf der einen Seite waren die Mönche, auf der anderen Seite die Nonnen, die alle zusammen zuhörten.“ Der Lehrer unterrichtete auf Tibetisch. Auf dem Tisch vor einigen Mönchen lagen neben den Papierbüchern auf Tibetisch auch Tablet-Computer. Sie lasen auch das Palmblattmanuskript darauf.
Es ist besonders bemerkenswert, dass die tibetischen Nonnen in der Vergangenheit nur sehr wenige Möglichkeiten hatten, sich weiterzubilden, da Männer gegenüber Frauen bevorzugt wurden. Als Reaktion darauf hat das Tibetische Buddhistische Institut das Konzept des „gemeinsamen Lernens von Mönchen und Nonnen“ vorgeschlagen und eine Abteilung für Nonnen eröffnet, um den Bedürfnissen der Nonnen beim Erlernen der Sutren gerecht zu werden, was eine bahnbrechende Initiative darstellt.
Die Nonnenabteilung des Tibetischen Buddhistischen Institutes befindet sich in einem separaten Hof, in dem 158 Nonnen studieren und leben. 2015 eröffnete das Tibetische Buddhistische Institut die Nonnenabteilung, wodurch das gemeinsame Lernen von Mönchen und Nonnen zu einem wichtigen Prinzip des Instituts gemacht wurde und den Nonnen Bildungsmöglichkeiten geboten wurden. Die Basisklasse für Nonnen dauert zwei Jahre, an deren Ende eine Prüfung stattfindet. Diejenigen Nonnen, die die Auswahl bestehen, setzen ihr Studium am buddhistischen Institut fort und schließen es in vier Jahren mit dem Niveau des mittelstufigen akademischen Titels ab. Wenn sie ins Kloster zurückkehren, können sie wie ein Mönch als Abt des Klosters tätig sein. In Tibet gilt ein Abt als eine Person von großer Tugendhaftigkeit, die die buddhistischen Lehren gut kennt, in den Geboten rein ist und entschlossen ist, zum Wohle anderer zu arbeiten.
Angela folgte Tenzin Tsomo, einer Studentin am Tibetischen Buddhistischen Institut, in ihren Schlafsaal, der aus zwei Zimmern bestand. Auf dem Schreibtisch von Tenzin Tsomo standen viele Bücher. Angela fragte: „Werden alle Bücher vom Institut zur Verfügung gestellt?“ Tenzin Tsomo antwortete: „Ungefähr 80 Prozent wurden vom Institut zur Verfügung gestellt und den Rest habe ich gekauft. Die Bedingungen hier sind so gut, dass man nichts mitbringen muss. Die Menschen sagten, dass sie am glücklichsten im Leben waren, als sie am buddhistischen Institut waren. Deswegen wollte ich auch hier hingehen.“
„Ich habe gehört, dass es immer noch schwierig ist, hierher zu kommen. Wie haben Sie sich auf die Prüfungen vorbereitet?“
„Um die Prüfungen zu bestehen, musste ich intensiv lernen. Nach Beendigung der Tempelarbeit war es manchmal 22 Uhr. Ich habe manchmal bis 1 oder 2 Uhr nachts gelernt.“
Mehr als 90 Menschen in Tenzin Tsomos Kloster haben an der Prüfung teilgenommen. Nur sie hat die Prüfung bestanden. Tenzin Tsomo schätze diese hart erkämpfte Chance sehr: „Ich bin noch nie in Lhasa gewesen, gehe nie aus und bleibe immer drinnen. Manchmal hat mich mein Kloster informiert, dass ich zu einem Treffen gehen sollte, dann habe ich Urlaub genommen. Sonst habe ich keinen Urlaub genommen, bin immer hier geblieben und nicht nach Hause gegangen.“
Es gibt auch viele Details, die zeigen, dass der Alltag im Tibetischen Buddhistischen Institut nicht ganz so ist, wie die Außenwelt vielleicht denkt.
Jedes Jahr im Mai veranstaltet das Tibetische Buddhistische Institut ein Sportfest mit verschiedenen Disziplinen wie Laufen, Weitsprung und Yoga. Die Studenten bringen Buttertee und Essen mit, wetteifern und tauschen sich aus. Das Sportfest ist für sie eher eine Party.
Der Rinpoche Phaglo Tenzin Dorje, ein Sutra-Erklärer am Tibetischen Buddhistischen Institut, sagte: „Einer der ersten Studenten an unserem Buddhistischen Institut war Gyelwang Drugpa, der selbst gewöhnlich mit vielen Meistern oder Studienkollegen zum Basketballspielen ging. Das Konzept stellt tatsächlich dar, dass es von Rinpoche angeführt wird, so dass jüngere Mönche davon überzeugt sind, dass es in Ordnung sei, Basketball zu spielen und dass sie beim Basketballspielen Kasara tragen können.“
Phaglo Tenzin Dorje wurde im Alter von acht Jahren als der Rinpoche des Klosters Yangrigang anerkannt, woraufhin sein Vater ihm nicht erlaubte, direkt in das Kloster einzutreten, sondern ihn zu Hause unterrichtete. Neben den buddhistischen Theorien lernte Rinpoche Phaglo verschiedene Dinge wie Chinesisch, Englisch, Malerei und Musik.
Als das Tibetische Buddhistische Institut 2011 gegründet wurde, war Rinpoche Phaglo einer der ersten eingestellten 13 Sutra-Erklärer. Er hat Englisch und Chinesisch am Institut unterrichtet.
Angela führte ein Gespräch mit Rinpoche Phaglo.
Nach einer Chinesisch-Unterrichtstunde von Rinpoche Phaglo fragte Angela die Studenten: „War der heutige Inhalt schwierig?“ Die Studenten antworteten: „Es war ein bisschen schwierig.“ Angela fiel auf, dass die Lehrbücher der Studenten viele Markierungen aufwiesen, und sie sagten zu Angela: „Einiges können wir nicht standardmäßig aussprechen, wie die Pinyin-Schriftzeichen.“ „Es ist ein bisschen schwierig, hier anzufangen, (Chinesisch) zu lernen, weil wir vorher nicht viel in der Schule waren.“
Zur Mittagszeit ging Angela in die Mensa und fragte Losang Paten, einen Studenten des Tibetischen Buddhistischen Instituts, ob es in der Mensa Lebensmittel gäbe, die er wegen seines Glaubens nicht essen könne. Losang Paten sagte ihr: „Fleisch wird gegessen, manche Leute essen es nicht. Wenn Einzelne es nicht essen, macht es nichts, es gibt einen vegetarischen Bereich.“ Angela fand heraus, dass die Mensa des buddhistischen Institutes immer noch eine große Auswahl an Gerichten hat. Es gibt viele zur Auswahl, einige sind scharf, wie Currys, und es gibt einen speziellen vegetarischen Bereich. Deswegen haben sie eine große Auswahl an Mahlzeiten. Dreimal am Tag essen sie hier.
Bevor sie ihre Reise zum Tibetischen Buddhistischen Institut beendete, kam Angela am Sportplatz des Institutes vorbei. Dort bereitete sich eine Gruppe von Studenten auf das jährliche Sportfest vor und übte, wie man sich versammelt und aufstellt. Die Studenten erzählten Angela, dass einige von ihnen an Laufwettbewerben teilnahmen, andere am Weitsprung. „Manchmal spielen wir Basketball, manchmal auch Fußball. Manchmal spiele ich mit dem Basketballteam zusammen, manchmal allein.“ Bevor sie ging, verabschiedeten sich einige der Studenten von Angela auf Englisch.
„Eigentlich dachte ich, dass es im buddhistischen Institut nur Religion gibt, aber es gibt tatsächlich sportliche Aktivitäten und sie können Englisch sprechen. Sie sagten ‚see you‘ zu mir!“ Angela sagte: „Ich hatte tolle Erlebnisse während meiner drei Tage hier. Ich besuchte das Tibetische Buddhistische Institut, hatte die Gelegenheit, mit den Rinpoche zu sprechen, beobachtete religiöse Rituale und sah, wie im buddhistischen Institut neue Fächer eingeführt wurden, um Mönche und Nonnen des tibetischen Buddhismus auf einem höheren Bildungsniveau auszubilden. Wenn ich darüber nachdenke, was ich in den Nachrichten gesehen hatte, in denen es hieß, dass religiöse Aktivitäten hier verboten seien, ist das ganz anders als das, was ich hier mit meinen eigenen Augen gesehen habe. Ich würde sagen, dass die religiösen Aktivitäten hier nicht nur lebendig, sondern auch vielfältig sind.“
Quelle: China Tibet Online