Von Dr. Michael Borchmann, Wiesbaden
„‘Protektionismus‘ und ‘Abschottung‘ behinderten die Innovation und brächten auf Dauer Nachteile für alle – auch und gerade für diejenigen, die auf Abschottung setzten, auch wenn sie es in andere Worte kleiden mögen. Sie werbe für offene Märkte.“ Dies erklärte die deutsche Bundeskanzlerin am 21.6. in Berlin. Anlass war eine Jubiläums-Veranstaltung des German Marshall Funds, u.a. in Anwesenheit des früheren US-Außenministers Henry Kissinger. Aber man kann getrost davon ausgehen, dass diese Botschaft auch mit Blick auf den G20-Gipfel der Staats- und Regierungschefs erfolgte, der am 7. und 8. Juli 2017 in Hamburg stattfindet, nachdem Deutschland in der Nachfolge der VR China zur Zeit den G20-Vorsitz führt.
Der Hamburger Hafen
Die Gruppe der 20 (G20) ist – dies zur Unterstreichung der Bedeutung des Treffens - das Forum der führenden Industrie- und Schwellenländer. Diese Länder vertreten rund zwei Drittel der Weltbevölkerung, vier Fünftel der Weltwirtschaftsleistung und drei Viertel des Welthandels. Die G20 gilt als ein zentrales Forum für die internationale Zusammenarbeit in Finanz- und Wirtschaftsfragen, seit 2008 treffen sich die Staats- und Regierungschefs in diesem Format. In Hamburg nunmehr zum 12. Mal.
Traditionell stehen Finanz- und Wirtschaftsfragen im Mittelpunkt der G20-Treffen. Die Gruppe wendet sich jedoch immer stärker weiteren globalen Herausforderungen zu, zum Beispiel dem Klimaschutz, der Energieversorgung oder dem Thema Flucht und Migration. Thematisiert werden sollen auch Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung. Das alles sind Fragen, die von globaler Dimension sind, die die Zukunft der Weltgemeinschaft bewegen.
Aber: Dieser Gipfel findet, was nicht zu leugnen ist, in stürmischer Zeit statt.
Dies beginnt bereits bei den äußeren Rahmenbedingungen. Recherchiert man in Deutschland bei den gängigen Internet-Suchmaschinen zu diesem Gipfel, so stößt man überwiegend auf Meldungen, die die Sicherheit in Hamburg während des Gipfels und die Ankündigung zum Gegenstand haben, dass aus ganz Europa Gruppen von gewalttätigen Demonstranten anreisen werden, um den Gipfel als Bühne für ihre nur als destruktiv zu bezeichnenden Aktionen und Ziele zu benutzen. Am Rande: Als Deutscher ist man beschämt über die zu erwartende „Randale“ im eigenen Land vor den Augen der Weltöffentlichkeit.
Aber auch die inhaltlichen Beratungen der Staats- und Regierungschefs werden unter schwierigen Rahmenbedingungen stattfinden. Frisch in Erinnerung sind noch die betrüblichen Ergebnisse des G7-Gipfels im vergangenen Mai auf Sizilien, die die angesehene deutsche Wochenzeitung „Die Zeit“ in den Worten zusammenfasste: „Nach dem Gipfel der sieben führenden Industrienationen in Italien steht fest: Die G7 gibt es nicht mehr. Es gibt die Amerikaner und den Rest. Ob Handel, Klima, oder Flüchtlinge – in fast allen wichtigen Punkten war man sich uneinig.“ Und wenige Tage später - auf einer eigens einberufenen Pressekonferenz - verkündete der US-Präsident das, was viele Beobachter erwartet hatten: Die Vereinigten Staaten würden das Pariser Klimaabkommen kündigen.
Der Klimaschutz wird daher eines der Themen des jetzigen G20-Gipfels sein, die kontroverse Diskussionen erwarten lassen. Bauen wird die Bundeskanzlerin dabei mit guten Gründen auf eine gemeinsame Linie mit dem chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping. Denn bereits beim Klimagipfel in Marrakesch im November vergangenen Jahres bekannte sich China zu den Zielen des Pariser Klimaschutzabkommens.
Das zweite herausragende Thema ist der freie Welthandel: In der Abschlusserklärung des G20-Gipfels in Hamburg sollen Prinzipien für offene Märkte und Freihandel verankert werden. Beides seien Voraussetzungen für Wohlstand, Wachstum und Beschäftigung weltweit, sagte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel vor einigen Wochen bei einer Rede vor der Industrie- und Handelskammer in Greifswald. Und weiter: „Für uns Deutsche als große Exportnation ist der freie, faire Handel von allergrößter Bedeutung“. Und auch hier wird sie vor allem auf enge Gemeinsamkeiten mit Chinas Staatspräsident Xi Jinping bauen. Denn spätestens seit Präsident Xis weltweit Aufsehen erregender Rede im vergangenen Januar in Davos mit der Aufforderung, „Licht in die Dunkelkammer“ zu bringen, ist der Weltöffentlichkeit klar: Die VR China steht in vorderster Reihe beim Einsatz für Globalisierung und gegen Protektionismus.
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