Steigende Lohnnebenkosten durch die Möglichkeit eines zweiten Kindes machen die Anstellung weiblicher Bewerber für Unternehmen unattraktiv. Daher wird selbst weniger qualifizierten Männern der Vorzug gegeben.
Frau Zhao, eine Abgängerin der Chinesischen Universität für Medienkommunikation, zeigt sich bei der Schilderung ihrer jüngsten Erfahrungen als Stellensuchende sichtlich frustriert. Obwohl sie einen Doktortitel besitzt und Erfahrungen als Praktikantin bei zentralen Medienanstalten vorweisen kann, bevorzugen Arbeitgeber männliche Bewerber und entscheiden sich teils sogar lieber für solche, die lediglich einen Bachelor-Abschluss ihr Eigen nennen. Bei Bewerbungsgesprächen kommen stets die Fragen auf, wann sie plane zu heiraten und ein Kind zu bekommen sowie ob sie ein zweiten Kind haben wolle.
Dieses Jahr schlossen landesweit insgesamt 7,65 Millionen Studenten ihre Ausbildung an Universitäten und Hochschulen ab. Dieser Sommer stellt zudem die erste Einstellungssaison nach der Einführung einer allgemeinen Zwei-Kind-Politik dar. Als Ergebnis dessen sehen sich Hochschulabsolventinnen mit einem härteren Wettbewerb und größerem Druck bei der Stellenjagd konfrontiert.
Die Stellenanzeigen sind voll von offener und verdeckter Geschlechterdiskriminierung. Darunter befindet sich unverhohlene Diskriminierung wie „nur männliche Bewerber“, „Männer bevorzugt“, „verheiratete Frauen bevorzugt“, „höherer Bildungsstand für weibliche Bewerber verlangt“, „Aussehen und Größe maßgeblich“ oder „Verpflichtung zur Ehe- und Kinderlosigkeit für einen bestimmtes Zeitraum“. Doch selbst verdeckte Diskriminierung kann recht offensichtlich sein, wie beispielsweise Arbeitgeber, die weibliche Bewerber nach ihrem Personenstand und ihrer Familienplanung fragen oder betonen, dass die Position es erfordert, häufig Überstunden zu machen und daher eher für Männer geeignet ist.
Nach einer Umfrage aus dem Jahr 2014, die vom Chinesischen Institut für Frauenstudien durchgeführt wurde, berichten 86,18 Prozent der Hochschulabsolventinnen aus Beijing, Hebei und Shandong davon, dass die bereits aufgrund ihres Geschlechts bei der Stellensuche diskriminiert wurden.
Heirat, Kinderkriegen und Arbeit seien allesamt Frauenrechte und durch das Gesetzt geschützt, erklärt Ma Yan, Forscherin am Chinesischen Institut für Frauenstudien. Jedoch erhöht das Kinderkriegen laut Ma auch die Kosten für die Arbeitgeber. Beispielsweise werden im Zuge der Einführung der allgemeinen Zwei-Kind-Politik viele Lokalverwaltungen den vorgeschriebenen Mutterschaftsurlaub von einem auf drei Monate ausweiten.
Guo Ruilin, Angestellte in der Personalabteilung eines privaten Pharmaunternehmens, beschwert sich: „Normalerweise beeinträchtigt eine Mutterschaft die Arbeit einer Frau für ein oder zwei Jahre, aber die Firma zahlt weiterhin Gehalt und Sozialversicherung. Ein zweites Kind wird die Kosten noch verdoppeln.“ Zusätzlich spielen Frauen traditionellerweise eine zentrale Rolle in den Privathaushalten. Viele Arbeitgeber befürchten daher, dass das Führen eines Haushalts mit zwei Kindern der Aufmerksamkeit und Energie für die Arbeit abträglich wäre.
Eine Reihe von Experten glaubt, dass die Regierung der durch die Zwei-Kind-Politik verursachte Stigmatisierung und Diskriminierung begegnen sollte. Yin Xiaojun, assoziierte wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Akademie der Sozialwissenschaften in Shanxi, empfiehlt, dass die Regierung finanzielle Zuschüsse oder Mutterschaftsgeld anbieten sollte, um die Kosten für die Unternehmen zu senken. Auch Peng Xizhe, Leiter des Zentrums für Bevölkerungs- und Entwicklungspolitik an der Fudan-Universität, stimmt zu, dass die Regierung für einige Kosten der Mutterschaften aufkommen sollte: „Kinderkriegen ist ein systematisches Projekt, welches die Unterstützung der ganzen Gesellschaft benötigt, um ihm Aufmerksamkeit und Anteilnahme zuteilwerden zu lassen.“