Inselstreitigkeiten im Südchinesischen Meer haben in jüngster Vergangenheit immer wieder Unruhe zwischen China und seinen südlichen Nachbarn verursacht. Ein historischer Vertrag soll nun für Entspannung sorgen.
Chinas Premier Li Keqiang ist am Mittwoch in Naypyidaw eingetroffen. In Myanmars Hauptstadt findet in diesem Jahr der Gipfel der Südostasiatischen Staatengemeinschaft (ASEAN) statt. Unter den anwesenden Regierungschefs befindet sich auch US-Präsident Barack Obama.
Chinesische Experten gehen davon aus, dass die zunehmend engere wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen China und der ASEAN zur Entspannung im Südchinesischen Meer beitragen wird.
Ruan Zongze vom China Institute of International Studies (CIIS) rechnet damit, dass in Naypyidaw am Donnerstag ein Kooperationsvertrag zwischen China und der ASEAN unterzeichnet wird. Der Vertrag werde das freundschaftliche Verhältnis zwischen China und der ASEAN formell besiegeln und zur Enstpannung der maritimen Streitigkeiten beitragen. „Der Vertrag wäre definitiv ein großer Schritt nach vorne in den bilateralen Beziehungen“, sagt Ruan. „Für die regionale Stabilität würde er sehr viel bedeuten.“
Der wirtschaftliche Aspekt spielt eine wichtige Rolle in den Beziehungen zwischen China und der ASEAN. Die beiden Parteien sind denn auch um eine Erweiterung ihres Freihandelsabkommens bemüht. Die erste Gesprächsrunde um eine Nachbesserung des sogenannten ASEAN-China-Freihandelsabkommens fand im September in Hanoi statt. Die nächste Gesprächsrunde ist im kommenden Jahr in China geplant.
Die Volksrepublik war in den vergangenen fünf Jahren der wichtigste Handelspartner der ASEAN. Der Handel mit den ASEAN-Ländern war für über ein Zehntel von Chinas gesamtem Im- und Exportvolumen verantwortlich. Das bilaterale Handelsvolumen stieg von Januar bis September dieses Jahres um 7,5 Prozent auf 346,4 Milliarden US-Dollar.
Assistenzprofessor Kaewkamol Pitakdumrongkit von der Nanyang Technological University in Singapur ist überzeugt, dass China und die ASEAN in Zukunft noch enger miteinander zusammenarbeiten werden. Als Grund nennt er den Entscheid zur Errichtung der Asiatischen Infrastruktur-Investmentbank (AIIB) von Ende Oktober sowie das Versprechen von Präsident Xi Jinping, 40 Milliarden US-Dollar in den Fonds zur Entwicklung der neuen Seidenstraße einzuzahlen. Viele ASEAN-Länder würden direkt von diesem Fonds profitieren, weil sie entlang der Seidenstraße des 21. Jahrhunderts beziehungsweise entlang der maritimen Seidenstraße liegen, erklärt Pitakdumrongkit. Zudem würde die Hälfte der 50 Milliarden US-Dollar Startguthaben der AIIB in Infrastrukturprojekte wie Häfen, Straßen oder Kraftwerke fließen.
China sei an strategischen Partnerschaften interessiert, welche die regionale Entwicklung fördern, sagt Yang Yi, der Generalsekretär des China Institute of International Studies. Die allgemeine Situation im Südchinesischen Meer sei im Moment stabil. Die Schifffahrt sei nicht eingeschränkt.
Die Regierung in Beijing habe den Beziehungen mit der ASEAN stets höchste Priorität eingeräumt und werde das auch weiterhin tun, ist Yang überzeugt: „In einer Zeit, in der die Welt vor vielen Herausforderungen steht, werden Friede und Stabilität in der Region zunehmend wichtiger.”