Eine Gruppe von Sinologen hat die vielversprechendsten chinesischen Kandidaten für den Literatur-Nobelpreis 2014 "nominiert". Die Veröffentlichung des Preisträgers wird für Oktober erwartet. Die meisten sagten, dass Liu Zhenyun der wahrscheinlichste Kandidat für den Preis wäre.
Der Schriftsteller Liu Zhenyun
Die Sinologen gaben ihre Tipps während eines Symposiums über chinesische Literatur und Übersetzung im letzten Monat in Beijing ab. Der chinesische Schriftsteller Mo Yan gewann den Nobelpreis für Literatur im Jahr 2012.
"Ich denke, Liu Zhenyun könnte den Preis gewinnen", sagte Liljana Arsovska, Wissenschaftlerin am mexikanischen Zentrum für asiatische und afrikanische Studien, die viele von Lius Arbeiten ins Spanische übersetzt hat. "Seine Werke sind brillant. Seine Beobachtung und Darstellung der Menschen und der Gesellschaft in China ist tiefgehend und gründlich." Der 56-jährige Liu hat einen der wichtigsten chinesischen Literaturpreise gewonnen, den Mao Dun Literaturpreis, und er gilt als der renommierteste Autor des Landes. Viele seine Arbeiten sind mittlerweile verfilmt worden.
Für An Boshun, den Lektor vieler Arbeiten von Liu, kommt die hohe Anerkennung unter Sinologen nicht überraschend. "Lius Arbeiten konzentrieren sich auf die Beziehungen zwischen den Menschen, mit Empathie für die Einsamkeit und Traurigkeit der Menschen am Grund der chinesischen Gesellschaft. Das hat ihm auch eine große internationale Leserschaft eingebracht." Seine letzte Erzählung "Ich bin nicht Pan Jinlian" wurde bereits in elf verschiedene Sprachen übersetzt, sieben weitere Übersetzungen werden gerade verhandelt. Für die italienische Version wurde ein Vorschuss von 80.000 Euro bezahlt, ein Rekord bei chinesischen Literaturübersetzungen.
Der Schriftsteller Yan Lianke
Neben Liu wurden vor allem die chinesischen Autoren Yan Lianke, Jia Pingwa und Yu Hua von den Experten empfohlen. "Lius arbeiten sind voller Humor mit chinesischer Logik. Doch Yan Liankes Art, sich auszudrücken ist dramatischer, was seine Arbeiten herausragen lässt", sagte Kim Tae-sung, ein Wissenschaftler am Institut für Sino-Koreanische Kultur. Yan hat mehr als 20 Erzählungen und Kurzgeschichten veröffentlicht und wurde international ausgezeichnet, zuletzt gewann er beispielsweise den Franz Kafka Preis. Er war auch Finalist beim Man Booker Preis 2013. Yan hat als junger Mann die Schule der Volksbefreiungsarmee besucht, und seine frühen Arbeiten konzentrieren sich auf das militärische Leben. Später wandte er sich ländlichen Themen zu, und er gewann mit seinem fantasievollen Stil die Aufmerksamkeit der Leser. Seine letzte Erzählung "Die Chroniken von Zhalie" handelt vom Verlust der Moral im fiktionalen Dorf Zhalie, das von einer Kleinstadt mit 100 Haushalten zu einer Supermetropole mit 30 Millionen Einwohnern heranwächst.
"Meiner Meinung nach ist Liu der Top-Kandidat für den Preis, aber ich schätze Jia Pingwa ebenfalls sehr", sagte Sabina Knight, Chinesisch-Professorin und Expertin für vergleichende Literatur am Smith College. Der Autor aus der Provinz Shaanxi schreibt vordergründig über die lokale Kultur. Seine berühmteste Erzählung "Shaanxi-Oper" beschreibt die schmerzhafte und tragische soziale Transformation eines ländlichen Dorfes über eine Periode von 20 Jahren und reflektiert die Veränderungen im gegenwärtigen Landgebiet des chinesischen Nordwestens. "Jias Wörter sind schön", sagt Knight und fügt hinzu, dass einige seiner bestgeschriebenen Passagen schwer zu übersetzen sind.
Gao Xin ist ein prominenter Literaturkritiker in China. Er sagt, dass sowohl die chinesischen Menschen als auch Schriftsteller durch die große Bedeutung des Nobelpreises angezogen werden. "Es liegt daran, dass dieser Preis so ein hohes Prestige genießt. Noch wichtiger ist jedoch, dass die Chinesen darauf drängen, chinesische Literatur mehr ins Rampenlicht zu stellen und dem Rest der Welt zu zeigen, wozu Chinesen in der Lage sind."