Beijing rückt in den Fokus einer neuartigen städtebaulichen Planungsstrategie, die erstmals Pläne zur Erhaltung eines grünen Luftkorridors enthalten.
Mit dem Ruf nach neuen Lösungen zur Bekämpfung der Luftverschmutzung beschäftigen sich derzeit verschiedenste nationale Forschungsgruppen mit dem Thema. Laut Liu Chunlan des Beijing Research Institute of Environmental Protection sollen die Korridore ausgedehnte Parzellen in den Regionen umfassen, wo normalerweise Beijings Winde, herkommen. So sollen Schmutzpartikel und heisse Luft verteilt oder bestenfalls vertrieben werden können. Die Luftkorridore sollen eine signifikante Rolle spielen in der Vorbeugung und Kontrolle der Aerosole, insbesondere der PM2.5 – Schwebestoffe mit einem Durchmesser kleiner als 2.5 Mikrometer, welche die Lunge erreichen können und als stark gesundheitsschädigend gelten.
Die mögliche Nutzung von Luftkorridoren werde ein Kernpunkt in Beijings neuer Städtebauplanung sein, so Liu.
Die aktuelle Forschung beschäftigt sich hauptsächlich mit der Platzierung der Korridore. „Die Korridore, die helfen sollen Verschmutzung und Hitze zu zerstreuen, müssen lang und breit genug sein sowie viel Blattwerk aufweisen können, um eine messbare Wirkung zu haben“, so Liu. „Auch möchten wir die Dichte und Höhe der Gebäude am Rande dieser Korridore kontrollieren können.“ Keine einfache Aufgabe, da das Stadtbild in Beijing von sechs Ringstrassen geprägt ist und im Stadtzentrum kaum mehr freie Fläche zu finden ist.
Andere Experten wiederum sehen den Lösungsansatz des Problemes in Beijings Vorstädten. Ende Juli war in einem Bericht des Wirtschaftforschungsinstitutes der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften von einer stark verschmutzen Strasse entlang der Beijing-Tibet-Fernverkehrsstrasse zu lesen. Ungünstigerweise befindet sich die Strasse im Nordwesten von Peking mitten in einem Luftstrom, der Richtung Stadtzentrum bläst. Unter schlechten Wetterkonditionen werden so Feinstaub und Schmutz direkt ins Zentrum gefördert, wo sie sich ansammeln. Grund für die starke Verschmutzung in einem Umkreis von 10 Quadratkilometernentlang der Strasse sind viele umweltverschmutzende Industrien. Der Bericht geht sogar so weit, dass er von der Regierung eine Verbannung aller Industrien aus diesem Gebiet sehen will.
Peng Yingdeng vom Beijing Research Institute of Environmental Protection relativiert die Hoffungen, welche die Bewohner der Innenstadt angesichts der neuen Pläne hegen mögen. Eine stärkere Kontrolle der Verschmutzung im Nordwesten der Stadt würde wohl nur helfen, die Verschmuztung in den Distrikten Changping und Haidan zu senken. „Die meisten anderen Regionen des Stadtzentrums können wohl realistischerweise nicht auf Luftkorridors in den Aussenbezirken zählen, um eine Reduktion der Luftverschmutzung zu erreichen.“ Ausserdem wäre ein Abbrechen von Gebäuden in der Innenstadt zur Erstellung eines Luftkorridors kaum durchsetzbar. Die beste Massnahme innerhalb des dicht besiedelten Stadtzentrums sei noch immer eine Emissionsreduktion, so Zhang Zengjie, Forscher am Beijing Research Institute of Environmental Protection.