Die chinesische Regierung hat genug von Hacker-Angriffen aus dem Ausland. In Zukunft dürfen IT-Firmen ihre Produkte erst verkaufen, nachdem sie eine staatliche Sicherheitsüberprüfung bestanden haben.
Die neue Verordnung soll sowohl für chinesische als auch für ausländische Unternehmen gelten. Ihre genauen Einzelheiten müssen allerdings erst noch ausgearbeitet werden. Laut Angaben des staatlichen Büros für Internetinformation vom Donnerstag dürften von dieser Maßnahme in erster Linie Anbieter von IT-Produkten und Informationssystemen betroffen sein, die einen Zusammenhang mit der nationalen Sicherheit aufweisen und von öffentlichem Interesse sind.
Hintergrund dieser Maßnahme ist die zunehmende Cyberkriminalität. China ist nicht nur der weltweit größte Markt für Computer, Internet und Telekommunikation, sondern inzwischen auch eines der häufigsten Opfer von Angriffen aus dem Cyberspace.
Eine chinesische Agentur zur Überwachung der Internetsicherheit hat allein in den vergangenen zwei Monaten etwa 50.000 Backdoor-Angriffe auf Computer in China registriert. Der Großteil dieser Angriffe erfolgte der Agentur zufolge von rund 2.000 IP-Adressen in den USA.
Wie die New York Times in ihrer Mittwochausgabe berichtete, hackte die Nationale Sicherheitsbehörde (NSA) auch die Computersysteme von China Telecom und Huawei Technologies. Die beiden Firmen aus Shenzhen gehören zu den größten Telekommunikationsunternehmen der Welt.
John Chambers, der Vorstandsvorsitzende und CEO des kalifornischen Telekommunikationsunternehmens Cisco Systems, hatte sich bereits am 15. Mai in einem Brief an Präsident Barack Obama über unerlaubte Eingriffe der NSA beklagt. In seinem Schreiben wirft Chambers der NSA vor, in den USA hergestellte Netzwerkgeräte von Cisco auf ihrem Weg zu Kunden im Ausland abgefangen und modifiziert zu haben, um so später Informationen sammeln zu können.
Cisco Systems stellt unter anderem Router, Switches und andere Netzwerkgeräte her. Das Unternehmen mit Sitz im kalifornischen San José gehört in seinem Geschäftsbereich auch in China zu den führenden Anbietern.
Der ehemalige NSA-Mitarbeiter Edward Snowden hatte im Oktober 2013 Daten veröffentlicht, die beweisen, dass die US-Regierung ihre Botschaften in über 80 Städten - darunter auch Beijing - eingesetzt hat, um illegal Daten aus dem Telefon- und Internetverkehr zu sammeln.
Experten begrüßen die von der chinesischen Regierung angekündigte Überprüfung von IT-Produkten. “Die Überprüfung ist notwendig - besonders wenn es sich um Informationssysteme von Schlüsselindustrien wie der Finanzwirtschaft oder der Telekommunikationsindustrie handelt”, meint etwa Chen Xingshu, Professor für Informationstechnologie an der Sichuan-Universität.
Wang Jun, Chefingenieur beim Chinesischen Zentrum für die Sicherheitsbewertung von Informationstechnologie, geht davon aus, dass sich die Maßnahme auch positiv auf die Qualität von IT-Produkten auswirken wird. Die chinesischen Anbieter seien jetzt gezwungen, ihre Produkte zu überarbeiten und deren Sicherheitsstandards zu verbessern. Wang weist zudem darauf hin, dass solche Sicherheitschecks in anderen Ländern schon lange gang und gäbe sind. So habe der Geheimdienstausschuss des US-Repräsentantenhauses im Jahr 2012 veranlasst, chinesische IT-Firmen einer Sicherheitsprüfung zu unterziehen. Infolge der Überprüfung habe sich Huawei schließlich aus dem US-Markt für Netzwerkausrüstung zurückziehen müssen.
Am Montag hatten die USA Anklage gegen fünf chinesische Offiziere wegen Cyberdiebstahl erhoben. Nach Meinung von Wang handelt es sich bei der neuesten Ankündigung der chinesischen Regierung jedoch nicht um eine Reaktion auf Washingtons Vorwurf. Das Timing sei reiner Zufall, so der Experte für die Sicherheitsbewertung von Informationstechnologie. Präsident Xi Jinping habe bereits im Februar angekündigt, Chinas Internetsicherheit zu verbessern.