Eine Studie zeigt, dass chinesische Schulkinder kaum Gelegenheit haben, soziale Fähigkeiten zu entwickeln. Für Aktivitäten, bei denen ihre sozialen Kompetenzen trainiert werden können, stehe meistens keine Zeit zur Verfügung. Stattdessen müssten sie zu viele Stunden am Tag mit Hausaufgaben verbringen. Dies könnte sich auch im Erwachsenenleben negativ auf die Fähigkeit auswirken, persönliche und professionelle Kontakte zu knüpfen, wie es in der Studie hieß, die am Donnerstag vorgestellt wurde.

Die Befragung von Chinas Nationalem Kinderzentrum kommt zu dem Ergebnis, dass 48 Prozent der Schüler nach dem regulären Unterricht noch weiter für die Schule büffeln müssen. Mehr als die Hälfte gab an, nicht genügend Zeit für Freunde zu haben. Fast ein Drittel der Grundschulkinder verbringt an Schultagen mehr als zwei Stunden mit Hausaufgaben und damit doppelt so viel Zeit, wie das Bildungsministerium für diese Altersgruppe empfiehlt.

Für die Untersuchung wurden seit September 2016 8847 Kinder der fünften Klasse und höher befragt. Die Teilnehmer stammen aus sieben Städten in ländlichen und urbanen Gegenden, darunter Beijing, Harbin und Guiyang.

Die vielen Stunden, die Kinder mit Lernen verbringen müssten, mache eine Teilnahme an außerschulischen Aktivitäten unmöglich, so das Fazit. 68 Prozent der Kinder hätten noch nie an einer Maßnahme teilgenommen, die keinen Bezug zu Schule und Lernen gehabt habe. 14 Prozent gaben an, noch nie ein Wort mit ihrem Nachbarn gewechselt zu haben.

Gespräche mit den Eltern drehen sich fast nur um die Leistung in der Schule

Die Studie betrachtete auch die Kommunikation zwischen Eltern und Kindern. Mehr als 90 Prozent gaben an, ihre Gespräche mit den Eltern konzentrierten sich vor allem auf die Leistungen in der Schule. Ein Drittel der Schüler sagte, dass ihre Eltern nie über ihre Arbeit sprächen und mehr als ein Viertel rede mit den Kindern nicht darüber, wie man mit Geld umgeht.

Rana Flowers, die China-Repräsentantin von UNICEF, betont die Bedeutung der Teilhabe von Kindern an Aktivitäten außerhalb der Schule. Dadurch könnten soziale Fähigkeiten wie Teamwork, Kommunikation sowie die Analyse und Lösung von Problemen gestärkt werden. „Kinder werden mit dem 18. oder 21. Lebensjahr nicht automatisch zu verantwortungsbewussten Erwachsenen“, sagte sie. „Doch so werden die Kinder von heute nicht in den Berufen von morgen bestehen können.“

Andere Untersuchungen werfen ein Licht auf den Leistungsdruck, dem Schulkinder ausgesetzt sind. Nach einer Erhebung aus dem Jahr 2015, die von der Online-Lernapp Afanti in Auftrag gegeben wurde, verbringen fast die Hälfte der Schulkinder im Durchschnitt drei Stunden pro Tag mit Hausaufgaben. Dies ist viermal so viel wie Kinder in Japan und sechsmal so viel wie Kinder in Südkorea aufwenden müssen.